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Die Parteien im Kaiserreich - Referat



Die Parteien im Kaiserreich


I. Entstehung der Parteien und des Parteienbegriffes



Ende 18. Jh. Entstehung der ersten unorganisierten Gesinnungsgemeinschaften (Konservativismus, Liberalismus) im Zusammenhang mit der frz. Rev. und der Aufklärung


1830er Aus den Ideen werden Bewegungen die sich auf bestehende Landtage (Baden) begrenzen


Ende der 1830er Entstehung des polt. Katholizismus (Konsequenz aus Auseinandersetzungen zwischen dem preuß. Staat und der Kölner Erzdiozöse


1840er Abspaltung der Radikalliberalen (Demokraten)


Aufkommen von soz. Bewegungen




II. Revolution von 1848 / Entstehung des 5-Parteiensystems



Festigung des 5-Parteiensystems mit Fraktionen innerh. und polt. Vereinen außerhalb der Parlamente:



Radikal-Demokraten (linksliberale):


Anhänger: Schriftsteller, Rechtsanwälte, Lehrer, Handwerker, Händler, untere Beamte


Ziele: Volkssouveränität, Mehrheitsherrschaft, allg. Gleichheit, konst. Monarchie od. Republik



Liberale (Nationalliberale):


Anhänger: Akademiker, wirtschaftliches Großbürgertum


Ziele: Verfassungsstaat, Grundrechte



Konservative:


Ziele: Adel, Großgrundbes., Offz., hohe Beamte, gr. Teile der Bauernschaft, prot. Geistliche


Anhänger: Gegner der Nationalbewegung/Erhaltung des Status quo, Verfassungsstaat mit


uneingeschränkter monarchischer Autorität und eingeschränkten Rechten des Parlaments


gegen gleiches Wahlrecht



Katholizismus (Zentrum):


Ziele: Gegen Bevormundung des Staates, gegen Liberalismus mit Vernunftglauben



Soz. Bewegung:


Ziele: Gegen Privateigentum, speziell an Produktionsmitteln, Gemeineigentum


Besaß im Paulskirchenparlament noch keine Vertretung !!!




III. Festigung und Herausbildung bis 1875


Zunächst Rückentwicklung nach der Rev. (z. B. Fehlen der Linksliberalen und der Sozialisten im preußischem Reichstag bis Ende der 50 Jahre)



Ab 1858 Lockerung der polt. Aufsicht und Zensur (Ausweitung der polt. Öffentl.)


1860er Polarisierung anläßlich des Verfassungskonfliktes (Konserv.: regierungstreu,


Linke (Deutsche Fortschrittspartei): Opposition, Zentrum: zwischen den Fronten))


1863 Gründung des Allg. Dt. Arbeitervereins (Friedr. Lasalle),


Abspaltung v. Fortschrittspartei


Beschränkung auf Preußen und Norddeutschen Bund


1867 Gründung der Nationalliberalen (Spaltung der Liberalen) und der Freikonservativen Partei


1869 Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Eisenach)


Abspaltung trotz Versuche die Arbeiterschaft an den Linksliberalismus zu binden


( Verband dt. Arbeitervereine, Volkspartei)


1871 Kulturkampf etabliert Zentrum als Partei der dt. Katholiken (Ab 1874 ein ¼ der Sitze)


1876 Gründung der Deutschkonservativen Partei aus Altkonservativen und Neuen Konservativen Fraktion



Trennung zwischen proletarischer und bürgerlicher Demokratie setzte bereits 1848/49 ein
und war erst in den frühen 1870ern beendet



Gründe für die Trennung zw. Linksliberalen und Sozialisten:

Arbeiterschaft sah in Staat Adressat für Forderungen nach soz. Verbesserungen (Nachwirkung von aufgeklärten Abs.)
Bürgertum war gegen soz. Reformen und fürchtete die politische Emanzipation der Arbeiterschaft und verweigerte deshalb die Reform des preuß. 3-Klassen-Wahlrechtes
Niederlage des Liberalismus 1866/67 (Indemnitätsvorlage)
Unfähigkeit des Liberalismus, die nat. Frage zu lösen und den Obrigkeitsstaat zu reformieren
Allg. / Gleiches Männerwahlrecht bot die Möglichkeit für polt. Emanzipation



Polarisierung und Mobilisierung der Wählerschaft

Mobilisierung der kath. Wähler

70,7 % gegenüber 50,3 % (Wahlkreise mit üb 75 % Katholiken. bzw. Protestanten)


bis zu 78,8 % (Wahlkreise mit kath. Anteil zw. 50 % und 75 %)


Mobilisierung der Arbeiterschaft

parallel mit der Steigerung des Wahlergebnisses der Arbeiterparteien stieg die Wahlbeteiligung in den Großstädten (Berlin: 1871: 26,1 % (Ø 51 %), 1878: 79,7 % (Ø 63,4%))



Charakteristika nach 1875

Mit der Etablierung des Zentrums und der Arbeiterparteien war das 5-Parteien-System endgültig gefestigt
6-10 % der Reichstagssitze entfielen außerdem auf Parteien nationaler Minderheiten (Polen, Elsaß-Lothringer)
Trotz Etablierung der 5 Parteien war keine über das ganze Reich verteilt, außer den Sozialdemokraten konzentrierten sich die Parteien auf traditionelle, regionale Schwerpunkte ( noch 1912 hatte keine Partei außer der SPD in mehr als 60% der Wahlkreise einen Kandidaten)
Konservative waren in Reichspartei (Freikonservative) und Deutschkonservative gespalten



IV. Regierung und Parteien 1867-1890



Die Politik zw. 1867 und 1877 wurde gemeinsam von Bismarck und der Nationalliberalen Parlamentsmehrheit getragen (Abstimmung der Politik zw. dem Kanzleramt und dem Fraktionsführer).



Ergebnisse der Politik:

Staatliche Schranken freier wirtschaftlicher Betätigung wurden beseitigt
Herstellung einer dt. Rechtseinheit / Festigung rechtsstaatlicher Grundsätze
im begrenztem Maße Selbstverwaltungsrechte in regionalem Bereich
Kulturkampf (1872-79)
Sozialistengesetze (1878)
Sozialgesetzgebung 1883-89



Ende der 1870er Jahre änderte Bismarck im Angesicht der 1873 beginnenden schweren Wirtschaftskrise (Gründerkrise bis 1896 / Infolge des Gründerbooms (frz. Reparationen) Überkapazitäten und Überschuldung) seine bis dahin liberale Politik zu einer konservativen Wirtschafts- und Innenpolitik (Schutz der nationalen Arbeit/Soldidarprotektionismuss: Schutzzölle für Getreide und Industriewaren)



Gründe:

Durch Zolleinahmen wollte Bismarck vom Parlament und den Beiträgen der Einzelstaaten unabhängiger werden
Bismarck wollte sich von der "unerträglichen" Abhängigkeit der Nationalliberalen befreien
Partien sollten von verfassungsrechtlichen Fragen auf wirtschaftliche-soziale Interessenvertretungen gelenkt werden



Folgen:

Nationalliberale wurden geschwächt, da sich ihr linker Flügel abspaltete, die Mehrheitsbildung wurde aber entgegen Bismarcks Absichten erschwert
Stärkung der Konservativen war nicht dauerhaft
Zentrum verhinderte 1879 Bismarcks Pläne zur Reform der Reichsfinanzen (Frankensteinsche Klausel: alle Einnahmen aus Zöllen und Tabaksteuer, die über einen bestimmtem Betrag hinausgingen, mußten an die Einzelstaaten verteilt werden).
Zentrum bekam eine Schlüsselrolle bei
der Bildung parlamentarischer Mehrheiten
Bismarck gelang es trotz des Kulturkampfes und später der Zusammenarbeit mit Rom (beim Abbau des Kulturkampfes) nicht, das Zentrum zu schwächen, bzw. auf Regierungslinie zu zwingen.
Trotz Sozialistengesetze und Sozialgesetzgebung konnte der Aufschwung der Sozialdemokratie zur stärksten dt. Partei nicht verhindert werden ( 1890 ein Fünftel der Stimmen)
Interessenvertretungen gewannen mit der neuen Wirtschaftspolitik an Bedeutung
Parteien rückten von verfassungsrechtlichen und weltanschaulichen Gesamtprogrammen ab und wurden Interessenvertretungen einzelner sozialer Schichten



V. Die Mobilisierung der Massen nach 1890



Mobilisierung/Politisierung der Bevölkerung

1889/90 Streikwelle ermöglicht den Gewerkschaften den Durchbruch zur Massenbewegung
Die bürgerlichen Parteien bauen unter dem Konkurrenzdruck der Sozialdemokratie und z.T. nach ihrem Vorbild ihre Parteien zu Massenorganisationen aus ( früher Honoratiorenparteien, die nur im Wahlkampf und im Parlament aktiv waren)



Gründe:

Gründerkrise ( bis 1896) in der Industrie und Krise in der Landwirtschaft
nach der Absetzung Bismarcks kommt es unter dem neuen Reichskanzler Leo von Caprivi zu einer Neuorientierung der Innen- und der Zollpolitik
Übergang von Agrar- zum Industriestaat
Zunehmende Verstädterung



Einlußnahme der Agrarverbände


Gründe:

Zusammenbruch des Getreidepreises
Verringerung des Zollprotektionismuses im Zusammenhang mit Handelsverträgen (z. B.: Rußland, Rumänien)



Folgen:


Neugründung von oppositionellen, mit demagogischen Mitteln arbeitenden Massenorganisationen (z.B. Bund der Landwirte)



Methoden der Einflußnahme:

Einflußnahme und Festlegung der Kandidaten der Parteien
Mitarbeit von Funktionären der Verbände in den Spitzen der Parteien
Hilfe bei den Aufgaben der Parlamentarier durch die zentralen Büros der Verbände
Finanzbeihilfen
Bereitstellung der lokalen/regionalen Organisationen der Verbände für der Wahlkampf (Ersatz für den fehlenden Parteiapperat der Honoratiorenparteien)



Folgen:

Eroberung der Deutschkonservativen Partei durch den Bund der Landwirte von innen
Nationalliberale und Zentrum mußten im verstärkten Maße agrarische Forderungen unterstützen



Charakteristika für die Zeit ab 1890

Aufschwung von antisemitischen Parteien (begonnen in der Gründerkrise) wurde von der Wirtschaftskrise in den 90er gefördert
Aufschwung der Massenpresse
Zunehmende Resonanz der Frauenbewegung
Ausweitung des Konsums durch Standardisierung der Produkte
Intensivierung der Werbung verbunden mit dem Aufkommen von Warenhäusern und Ladenketten
Anstieg der Wahlbeteiligung (1871: 51%, 1912: 84,9%) als Konsequenz der Mobilisierung
Machtverschiebungen innerhalb der Parteien als Konsequenz der Mobilisierung der Massen
Zentrum: Ablösung der aristrok. Führungsschicht / Zurückdrängen des Einflusses des Klerus
Deutschkonservative: Agrarverbände übernehmen die Führung
rapides Anwachsen der Gewerkschaftsbewegung (1895: 300 000, 1907: 2¼ Mio., Versiebenfachung !!!)
Formation der Angestelltenbewegung für bessere Renten u. Hinterbliebenversorgung ( Sonderbewußtsein)
Formierung der Mittelstandsbewegung ( Kleinbetriebe in Handwerk und Handel )
Versuch der Reichsregierung (zunächst unter Caprivi) die vormals "reichsfeindlichen" Parteien (Zentrum, Sozialdemokratie, Linksliberale) in die Regierung einzubinden

Rückschläge:


- Zentrum sperrte sich gegen die Heeresvermehrung 1893


- Spaltung der Linksliberalen wegen der Heeresvermehrung 1910


- Sozialdemokratie blieb weiterhin auf Oppositionskurs


Erfolge:


- Zentrum u. Linksliberale verzichten auf Opposition bei der Flottenpolitik 1902




VI. Fazit



Parteien und Föderalismus/Konstitutionalismus

Bürokratie war von den Parteien unabhängig und bildete ein Hindernis für die effektive Machtausübung
die fehlende Beteilungsmöglichkeit an der Regierung machte die Parteien wenig attraktiv für politisch Begabte und ließ keine direkte polt. Erfahrung (polt. Verantwortung) zu ( mangelnde Qualifikation der Führungseliten in der Weimarer Republik)
Der starke Föderalismus ( die Reichstagsabgeordneten waren meist auch Landesabgeordnete) verhinderte z. T. effektive parlamentarische Politik im Reichstag, da bei jedem politischen Schachzug stets beachtet werden mußte, ob dieser nicht für die jeweilige Lnadespolitik hinderlich war (Zentrum: Zentrum durfte es sich im Reichstag nicht mit den Konservativen verderben, da es im preußischen Länderparlament auf die konservative Mehrheit ( 3-Klassenwahlrecht) angewiesen war)



Parteien und Wahlrecht/Organisationen

das relativ fortschrittliche Wahlrecht ermöglichte den Aufstieg des Zentrums und der Sozialdemokratie und stärkte (gegenüber dem 3-Klassenwahlrecht) die Konservativen (agrarische Landbevölkerung)
Vereine und Organisationen waren meisten die Basis der Parteien

Zentrum: Pfarrämter, kath. Vereine, kath. Lokalpresse


Sozialdemokratie: Gewerkschaften, Arbeitervereine, sozialdemokratische Stadt- und Subkultur ( Immunisierung für die nationalsozialistische Propaganda)


Liberale: bürgerliche Vereine


Konservative: Großgrundbesitzer (Einfluß auf regionale Verwaltung und Landbevölkerung),


protestantische Kirche, Bund der Landwirte

preuß. 3-Klassenwahlrecht (1.Kl. 16-26fache, 2.Kl. 5-8fache der Stimmgewichtigkeit d. 3. Kl.)

bevorzugt Konservative, z.T. auch Liberale und Zentrum, benachteiligt die Sozialdemokratie


verhindert die Parlamentarisierung und Demokratisierung des Reiches


niedrige Wahlbeteiligung

Wahlrechtsänderungen in einzelnen Bundesstaaten (z.B. Sachsen) schwächten den Einfluß der Sozialdemokratie ab

Zensuswahlrecht (z.B. Grundstücksbesitz / Mindeststeueraufkommen (Sachsen 1895))


3-Klassenwahlrecht, Pluralwahlrecht


kein Wahlrecht beim Bezug von staatlicher Armenunterstützung


Beeinflussung der Wahlen durch die Regierung

Z. T. Keine Gewährleistung des Wahlgeheimnisses

z.T. keine einheitlichen Stimmzettel


bis 1903 keine Wahlkabinen


Repression durch Gutsherren und Fabrikbesitzer

Festschreibung der Wahlkreiseinteilung

Stärkung des Zentrums und der Konservativen


Benachteiligung der Städte und damit der Sozialdemokraten

Beeinflussung der Presse durch Androhung, den Abdruck amtlicher Veröff. zu verbieten
Einflußnahme auf Beamte durch Wahlprogramm der Regierung
Parlamentsauflösungen übten Druck auf Opposition aus
Parlamentsauflösungen schufen Vorteil für Regierungstreue Parteien

Wahl eines günstigen Zeitpunktes (nationale Fragen wie Militär- und Kolonialpolitik)


Nur gegen links angewandt, da gegen eine rechte Opposition angewandt evtl. die Loyalität der Verwaltungsbeamten (konservativ) überfordert und die Sozialdemokratie gestärkt hätte


rechte Parlamentsmehrheit erhielt durch Androhung der Reichstagsblokade ein Druckmittel gegen die Regierung

fehlende Diäten führten zur verstärkten Bindung der Abgeordneten an die Parteien ( Abgeordnete wurde aus Parteimitteln bezahlt)
Gewissenskonflikte und die Angst vor Versetzung in den Ruhestand ließen den Anteil der Verwaltungsbeamten an den Parlamentariern zurückgehen
Ausbau des Anteiles der unabhängigeren Justizbeamten
Einflußnahme der Regierung bei der Aufstellung der Kandidaten (der regierungstreuen Parteien)
Einflußnahme der Regierung auf den Ausgang der Stichwahlen ("reichsfreundliche" Parteien sollen geschlossen abstimmen)





VII. Übersicht über die Parteien



Zentrum

schichten - und klassenübergreifend
Antwort auf Kulturkampf und liberale Politik
Trotz Versuche bis zum Ende fast nur aus Katholiken bestehend
starke regionale Unterschiede im Wählerklientel wurden durch weitgehende Freiheiten für die Regional- und Landespolitik und durch die Betonung der religiösen Gemeinsamkeiten kompensiert
Nach der Abspaltung des proletarischen Flügels 1877 Aufnahme von soz. Forderungen und dardurch Revision der Abspaltung
Das Zentrum besaß 70,2% der "sicheren" Wahlkreise
Möglichkeit der Koalition mit linken und rechten Parteien, da Unabhängigkeit von Stichwahlhilfe
Festschreibung der Wahlkreise bevorzugte das Zentrum
Nach dem Nachlassen des Druckes durch den Kulturkampf in den 80ern und die zun

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