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Bildanalyse - Brie von Henri Cartier-Bresson - Referat



Das vorliegende Bild „Brie“ von Henri Cartier-Bresson, der von 1908-2004 lebte, ist aus 1968 und stellt die Brie, einen Ort in Frankreich und gleichzeitig den Geburtsort des Fotografen dar und stammt aus der von ihm gegründeten Fotoagentur „Magnum“.

Die Original Schwarz-Weiß-Aufnahme beträgt 29,8 x 44,5cm ist im Querformat und ist am unteren rechten Rand mit Tinte signiert. Um das Bild herum ist ein bewusster schwarzer Rand des Negativs zu sehen, was bedeutet, dass der passende Bildausschnitt schon beim Auslösen gefunden wurde.
Zu sehen ist eine Landschaftsaufnahme aus der Brie in Frankreich, dessen Merkmal eine weitreichende Baumreihe im Mittelteil des Bildes ist, die nach hinten verläuft. Etwa 1/3 vom unteren Teil der Aufnahme bildet ein Weg von Gräsern umgeben, der Rest ist ein gedeckter Himmel im Hintergrund.

Vermutlich wurde das Bild nicht inszeniert, da die dort abgebildete Natur nicht so leicht nachzustellen ist und das untypisch für den Künstler wäre. Der Grund seiner Fotografien sind gerade diese einzigartigen Schnappschüsse, wofür er auch bekannt wurde. Die Einstellungsgröße in diesem Fall ist eine Totale, da das Hauptmotiv, die Baumreihe sowie der Hintergrund vollständig abgebildet sind. Bäume sind ein rhetorisches Mittel und stehen für etwas Neues, etwas das heranwächst. Ein Laubbaum erneuert seine Blätter von Jahr zu Jahr, was Tod, Wiedergeburt und Neuanfang zeigt. Ein Neuanfang ist das Ziel der Gesellschaft, doch sie ist noch zu weit entfernt, da der Fotograf auf dem dort hinführenden Weg noch ganz am Anfang steht.
Auf diesem Bild sind die Bäume in Reih und Glied angeordnet, was an eine Armeeaufstellung erinnert. Dies liegt nahe, denn es wurde aufgenommen, als Henri Cartier-Bresson schon recht alt war und den Krieg schon aus den verschiedensten Blickwinkeln miterlebt hat.
Das Foto, mit der eigentlich schönen französischen Landschaft, steht also im Gegensatz zu seiner Bedeutung.
Wenn man es anschaut, sehen einige auf den ersten Blick einfache normale Bäume, wobei zu erahnen ist, dass es hier einen tiefgründigeren Hintergrund gibt. Genau wie bei einem Krieg übersieht man also oft die Hintergründe und Auswirkungen. Die Bäume sind nur ein kleiner Teil im Verhältnis zu dem ganzen Bild. Die einzelnen Familien und ihre Geschichten haben oft keinen großen Wert, weil dieser auf das Ganze Geschehen zusammen gelegt wird, wo kein Blick für jedes Individuum an sich bleibt. Genauso ist es auch beim Militär, wo besonders darauf geachtet wird, dass alle gleich laufen, gleich reden etc. Manchmal werden Kriege von Außenstehenden beschönigt, so wie auch die Landschaft ein solches Thema „schön“ überdecken kann.
So kann man interpretieren, dass die abgestorbenen Blätter eines Baumes, für die vielen gefallenen Menschen stehen und die frischen neuen für einen Neuanfang und die vielen Veränderungen die sich daraus ergeben. Bäume sind außerdem eine machtvolle Repräsentation der Natur, von der der Mensch abhängig ist. Also könnte man denken, dass viele Menschen nicht zusammenleben können, ohne Armeen zu bilden und sich gegenseitig zu bekriegen. Man kann wiederum aber auch sagen, dass Menschen von natur aus gegen Krieg und Armeen sind, sie jedoch von anderen so hingebogen werden. So ist auch die Anordnung der Bäume genau so zu erklären, da die Menschen in den Lauf der Natur eingegriffen haben.
Ein Nadelbaum steht für etwas Robustes und standhaftes, so wie sich auch eine Armee repräsentieren soll. Das kann auch auf die Verhaltenserwartung jeder einzelner Personen in einer solchen Zeit zutreffen.
Bäume machen selbst nichts, nur wenn Außenwirkungen wie z.B: Wind das Blätterrascheln beeinflussen, ein Sturm das Umkippen oder ein Feuer die Existenz. Genauso wie das Militär nichts tut, erst wenn es angegriffen wird, wird es aktiv. Ein Baum lebt nicht ewig. Je nach Größe, kann er z.B. mit seinen Wurzeln einen unterschiedlich großen Schaden anrichten, so wie ein Krieg auch nicht ewig geht. Einige richten mehr Schaden an und reißen einige Teile der Umgebung mit sich, im Gegensatz zu anderen, die weniger schlimm sind, aber trotzdem nicht spurlos an einem vorbei gehen.
Solange Menschen jung sind, sind sie sehr zerbrechlich, doch nach dem heranwachsen nimmt man sie erst richtig war. In einer Gruppe wirken sie noch mal doppelt so mächtig, was einige reizt, sich auf den Weg in die Baumreihe zu begeben. Besonders in der Bibel werden Bäume in doppelter Version, so wie hier in den zwei Reihen, als Seiten von gut und böse gedeutet.
Rundherum ist viel Platz, welcher das Größenverhältnis der Baumreihe zum Rest des Bildes verdeutlichen soll. Die Erde ist auch groß und wenn es einen Krieg gibt, ist dieser nur in einem kleinen Gebiet.
Die vielen verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten zeigen auch, wie Facettenreich so ein Krieg sein kann, je nach dem, aus welcher Sicht man ihn erlebt.
Das vorliegende Bild hat eine mittlere Tiefenschärfe zwischen 4 und 11, weil dir Übergänge im Vordergrund recht scharf zu sehen ist, die Bäume im Hintergrund und alles über die Horizontlinie hinaus jedoch unscharf, was allerdings auch an einer Art Nebel liegen könnte, da die Farbe der Baumreihe nach hinten zu verblassen scheint. Durch die Kurve wirkt es so, als ob sie bis ins unendliche gehen und wirken mehr, als sie sind. Ein einzelner Baum tut nichts mit einem, wenn es jedoch mehrere sind, beispielsweise ein Wald, können sie einem Angst einflößen und als Außenstehender fühlt man sich alleine. Besonders wenn die Bäume so hoch sind wie auf diesem Bild, fühlt man sich schnell ausgeliefert und von ihrer Größe eingeschüchtert. Das Ganze trifft auch wieder auf eine Armee zu, da sie eine solche nur zusammen darstellen können, umgekehrt würden sie alleine kaum auffallen.
Die Belichtungszeit festzustellen ist in diesem Fall sehr schwierig, da es kaum Bewegung in dem Bild gibt, höchstens die Blätter des vorderen Baumes im Wind sind ausschlaggebend dafür. Man kann ihre Bewegungslinie, den sogenannten Schweif, nicht sehen, demnach muss die Belichtungszeit kurz gewesen sein, weil eine lange auch wenig Sinn für dieses Motiv machen würde. Zusätzlich ist
eindeutiges Tageslicht von oben festzustellen, wenn auch sehr bedeckt, weil es ein Außenraum ist.
Der Fotograf steht in Relation der fotografierten Objekte gegenüber, auf einer Art Feldweg, der schließlich zum Hauptmotiv führt. Cartier fotografierte ansonsten auch nie so richtig gerne aus spektakulären Ansichten, da es immer so wirken sollte, als wäre es direkt aus dem Leben geholt, was meistens auch der Fall in seinen Werken ist.
Durch den Feldweg gibt es eine eindeutige Distanz, die symbolisiert, dass ein Neuanfang noch weit entfernt liegt, man jedoch auf dem richtigen Weg dorthin ist. Der relativ große Abstand zwischen Ersteller des Bildes zu der Baumreihe ist ein Zeichen von Sicherheit und zeigt, dass der Fotograf möglichst wenig mit dem Thema zu tun haben will und nicht gerne ein Teil davon sein möchte. Besonders er weiß wie es ist, in seiner Umgebung gefangen zu sein, da er zuvor unfreiwilligerweise für 3 Jahre in Gefangenschaft gelebt hat. Genauso wie die verwurzelten Bäume, konnte er sich auch nicht aus dieser Position befreien.
Das Bild ist frontal aus der Normalperspektive fotografiert, da die abgebildete Landschaft so zu sehen ist, als wenn man selbst dort steht und sie betrachten würde. Trotzdem gibt es den trennenden Weg, so dass man nicht direkt im Geschehen ist. Durch die minimale Erhöhung, auf der der Fotograf steht, könnte die Kamera ganz leicht nach unten gekippt sein, damit z.B. genug Weg abgebildet ist.
Alle kompositierten fortlaufenden Querlinien sind sehr markant und parallel zueinander. Dabei sticht besonders die niedrige Horizontallinie heraus, da sie einen schlagartigen Übergang von dem dunklen Boden zum hellen Himmel bietet. Diese ist allerdings nicht mittig, sondern beginnt eher am unteren Drittel des Fotos. Des Weiteren gibt es die senkrechten Kompositionslinien der parallelen Baumstämme von den vorderen beiden Bäumen, die fast orthogonal zur den eben genannten waagerechten Linien stehen. Auch diese stehen wieder nicht mittig, sondern etwas weiter links. Doch alle laufen sie, auf das Hauptmerkmal, die Baumreihe zu, womit diese noch weiter in das Blickfeld des Betrachters gelangt. Zudem gibt es die Wegrandlinien, die auch wieder parallele Anfangspunkte haben, dann jedoch aufeinander zulaufen und sich letztendlich in der Kurve des Wegen überschneiden und gleichzeitig beim weiterführen die Baumkrone einbinden. Zusammen bilden sie also zwei Dreiecke, deren Spitzen sich zwischen den Bäumen treffen. Es gibt keine weiteren Linien, die vom Hauptthema ablenken könnten, so dass der Betrachter sich im Prinzip nur auf eine Sache konzentrieren muss und es ihm dadurch sehr angenehm erscheint. Die verhältnismäßig vielen gleichförmigen parallelen Linien lassen das Ganze zusätzlich harmonisch und strukturiert wirken. Vor allem vermitteln sie eine ausgewogene und ruhige Stimmung.
Auf dem Bild kann man fast ausschließlich von größeren und kleineren Linien sprechen. Zu den Kompositionslinien kommen noch die einzelnen Gräser im Vordergrund zum Vorschein und die Spuren im Weg. Die unscharfen Baumreihen im Hintergrund wirken auch eher als dicke Querbalken, als einzelne Objekte nebeneinander. Somit fallen die rundlichen bis herzförmigen Baumkronen aus dem Schema heraus und rücken in das Auge des Beobachters. Eckige oder spitze Formen gibt es so gut wie keine, womit das Bild von abstoßenden Dingen befreit ist und somit sehr einheitlich wirkt.
Der Graduation7 beim vorliegenden Werk ist enorm. Es ist kein richtiges Tiefenschwarz oder Hellweiß. Trotzdem sind die Übergänge so ausgerichtet, dass der Hell-Dunkel-Kontrast groß wirkt. Besonders deutlich ist das am Übergang zwischen Baumkrone und Himmel und auch zwischen Feld und Himmel ist er zu bemerken. Das Grau der Bäume wirkt auf dem weißen Himmel im Hintergrund dunkler, als es eigentlich ist.

Der Fotograf wird dieses Foto wohl als eines seiner liebsten schätzen. Dort ist die „Brie“ seine Heimat zu sehen und die Umgebung auf diesem Bild gibt eine Situation sicherlich besser wieder, als andere.
Die Baumkronen bilden zusammen ein Herz, was erst einmal freundlich wirkt, aber vor allem gut in Verbindung mit Bressons Heimatort gebracht werden kann. Die Bäume sind fest dort verwurzelt. Auch wenn er viel herumgereist ist, bleiben seine Wurzeln und sein Herz immer in diesem Ort verankert. Die Heimat, nennt man den Ort, bei dem das Herz das erste Mal zu schlagen beginnt, was bei ihm, in dieser Umgebung der Fall ist.
Der Schatten, den die Bäume bilden ist eine Art Schutz, da sich die meisten Menschen zu Hause am sichersten fühlen. Auch wenn er jahrelang woanders gelebt hat, im späteren Teil seines Lebens ist er schließlich an seinen Geburtsort zurückgekehrt.
Wenn jemand einen oder mehrer Kriege miterlebt, so wie er, ist das sicherlich ein sehr einschneidendes Ereignis, das man verarbeiten muss. Nach längerem Befassen mit diesem Foto, wirkt es so, als ob der Künstler das hiermit getan hat. Da es eines seiner letzten Werke ist, kann er womöglich dazu verwendet haben, um mit dem Thema abzuschließen, was für die Stimmung des Bildes auf den Betrachter eine gute Erklärung wäre.




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