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visualisierung des wissens - Referat



VISUALISIERUNG DES WISSENS
1493 wurde in Nürnberg die illustrierte Weltchronik Hartmann Schedels herausgegeben. Das Buch sollte man nicht nur lesen, sondern auch die Welt in Bildern zeigen. Die Mehrzahl der 1804 Illustrationen zeigen Städte, durchwegs Holzschnitte, schwarz-weiß gedruckt & teils nachträglich mit Aquarellfarben koloriert; meistens auf einer halben Seite, Wien/Salzburg auf zwei Halbseiten, Nürnberg über 2 ganze Seiten.

Wien ist durch den Stephansdom & die Kirche Maria am Gestade eindeutig zu erkennen, durch den Fluss im Vordergrund & die Stadtmauer dahinter entspräche die Lage der Wiener Altstadt am Donaukanal, die restliche Umgebung zeigt aber wenig Übereinstimmung mit der Realität. (s. Bild)
Das gilt für die Mehrzahl der Bilder: es gibt bauliche Hinweise auf eine bestimmte Stadt & das symbolische Bild einer mittelalterlichen Stadt (viele Gebäude, herausragende Kirchbauten/Türme, umschließende Mauer), der Rest ist nicht wirklichkeitsgetreu. Die symbolischen Bilder können mehrfach verwendet werden: Mainz, Neapel, Bologna werden in der gleichen Ansicht repräsentiert.
Neu sind Bilder (32 Drucke), die durch real beobachtete Einzelheiten Unverwechselbarkeit & Individualität beweisen. Wenige Städtebilder wurden vor Ort angefertigt, meistens nach älteren Vorlagen (von Nürnberg gibt es eine realistische Zeichnung, weil die Illustratoren dort lebten: von Rom & Konstantinopel gab es viele Bildvorlagen). Wären die 32 wirklichkeitsgetreuen Bilder Originalzeichnungen, müssten 1500km zurückgelegt worden sein (wegen Verkehrsverhältnissen im 15.Jhdt zu teuer/zeitaufwendig).
Salzburg wurde genauer gezeichnet (Festung Hohensalzburg, Dom, Franziskanerkirche, Rathausturm, Lauf der Salzach…).

Für das Bild Magdeburgs wurden 2 Druckstöcke geschnitten – die linke Hälfte stellt woanders im Buch Paris da. (s. Bild)
1491 schlossen sich mehrere Nürnberger für das Projekt zu einem Konsortium zusammen & legten Verpflichtungen fest, Hartmann Schedel (1440-1514) war der Initiator. Nürnberg hatte keine eigene Universität also musste man im Ausland studieren. Seine Zeitgenossen waren der Astronom Johannes Müller („Regiomontanus“), Geograph Martin Behaim, Humanist Konrad Celtis.
Ein Jahr vor der Erscheinung landete Christoph Kolumbus auf Guanahani, erst die Briefe Amerigo Vespuccis machten den neuen Kontinent in Europa bekannt & wurde nach im „Amerika“ genannt. Martin Waldseemüller verzeichnete ihn 1507 in einer Weltkarte. Die Weltchronik kennt nur 3 Kontinente: Europa, Afrika, Asien. Die Investoren Sebald Schreyer & Sebastian Kammermeister übernahmen die Finanzierung, Michael Wohlgemut & Wilhem Pleydenwurff lieferten die Bilder, der Drucker hieß Hans Koberger.
652 Druckstöcke wurden geschnitten, durch verschiedene Kombinationen entstanden 1804 Bilder.
Das Buch ist ein Frühwerk der Buchdruckerkunst; Druckwerke die in den 1. Jahrzehnten nach Johannes Gutenbergs Bibeldruck entstanden, heißen Inkunabeln.
Mit Gutenberg begann die Zeit der Massenmedien, viele konnten das günstige Buch kaufen, früher hatten Werke den Wert eines Hauses.
Die Weltchronik wurde 700x auf deutsch & 1400x in latein gedruckt (wegen der Zielgruppe der potenziellen Käufer: Latein war die internationale Verkehrssprache, auch an Unis). Es gilt als wichtiges Dokument der Kulturgeschichte und verschafft uns Einblicke in das Weltbild von Menschen, die an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit das zusammenfassten, was in ihren Augen als wissenswert galt.
Es treffen mehrere Traditionen der Welterklärung zusammen: Geschichten aus der Bibel, sagenhafte Erzählungen (Menschen mit Hundeaugen oder Augen auf
Mund/Brust) & der Blick auf die wirkliche Welt. Die aktuellen Repräsentanten der politischen Ordnung (Papst & Kaiser) werden namentlich vorgestellt & politische Rituale (zB Zeremonien zum Amtsantritt eines neuen Herzog) werden detailgetreu geschildert.
In der Werkstatt Michael Wohlgemuts hatte 1486 Albrecht Dürer die Lehrzeit begonnen, in Straßburg beendete er sie & reiste öfters nach Italien. Er gilt als einer der ersten & wichtigsten Vermittler der neuen italienischen Kunstauffassung im Norden. Seins ist das 1. Gemalte Selbstporträt der europäischen Kunstgeschichte. (s. Bild)
Man wollte das Wissen visualisieren und das dann einem möglichst großen Kreis von Interessenten zugänglich machen. Neue Sachgebiete wurden erschlossen & das Spektrum erweitert. Technische Erneuerungen verbesserten den Buchdruck und ermöglichten höhere Auflagen.
1544 veröffentlichte der Kosmograph Sebastian Münster seine „Cosmographia“ in 6 Bänden. Die 74 Stadtansichten wurden im Holzschnitt gemacht.
Ab 1572 erschienen in mehreren aufeinander folgenden Bänden das große Städtebuch von Georg Braun und Franz Hogenberg. Die Illustrationen wurden in Kupfer gestochen, wodurch sie detailgetreuer sind. Unter den 564 Bildern finden sich schon viele Stadtansichten aus Asien, Afrika und Amerika. Viele Orte werden von einem erhöhten Blickpunkt aus gezeigt, in Einzelfällen auch in extremer Vogelperspektive, die einem Kartenbild von heute nahe kommt.
1569 wurde die Weltkarte entwickelt, der Atlas (postum 1595) von Gerhard Mercator, 1543/1555 das von Andreas Vesalius verfasste Werk über die Anatomie des Menschen, 1751 die „Enzyklopädie der Wissenschaften, der Künste und der Gewerbe“ von Dennis Diderot in Paris (wurde zu einem Bestseller, nachdem es vorübergehend wegen „unchristlicher Tendenzen“ auf die Verbotsliste gesetzt worden war).
Die Digitalisierung & das Internet haben in wenigen Jahren nicht nur die Techniken der Produktion & Verbreitung von Bildern verändert, sondern auch Themen & Inhalte in unbegrenzte Dimensionen erweitert. Alles wird in Bildern festgehalten & über soziale Netzwerke wie facebook & youtube auf der ganzen Welt verbreitet. Dank Google Maps / Earth können wir uns Satellitenperspektiven auf fast jeden beliebigen Punkt unserer Welt verschaffen.




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