Lerntippsammlung Headergrafik
Linie
Abstandshalter

Suchbegriff:

Werkbetrachtung Jan van Eyck, Arnolfini Hochzeit - Referat



Jan van Eyck, 1395 – 1441
Arnolfini-Hochzeit, 1434
Öl auf Holz, 82 x 60 cm
The National Gallery

Auf den ersten Blick wirkt das Bild sehr gestellt. Alles scheint bis ins kleinste Detail geplant und es strahlt eine eher betrübte Stimmung aus.
Das Bild von van Eyck stellt eine Alltagssituation in einem Raum dar, kann also der Bildgattung „Interieur“ zugeordnet werden.

Bestandsaufnahme:
Bildbeschreibung:
Das Bild zeigt einen Raum in dem sich zwei Personen befinden. Links ein Mann und rechts eine Frau, beide stehen zentral im Bild und im Vordergrund. Zu ihren Füßen steht ein kleiner, brauner Hund mit zotteligem Fell und in der linken Bildecke befindet sich ein Paar Holzschuhe. Im Hintergrund, rechts neben der Frau, erkennt man einen Teil eines komplett in rot bezogenen Bettes. Links neben diesem befindet sich auf dem Boden ein bunt gemusterter Teppich und ein ebenfalls komplett mit rotem Stoff überzogener Stuhl, vor welchem ein Paar rote Damenschuhe steht. Über diesem hängt ein runder Spiegel, der mit biblischen Szenen ringsum verziert ist, in welchem sich die ganze Situation, mitsamt dem Maler, spiegelt. Zudem findet man über dem besagten Spiegel die Inschrift van Eycks. Links neben dem Spiegel hängt eine gelbe, mit Perlen bezogene Schnur an der Wand und vor dem Spiegel, aber hinter dem Paar, hängt an der Decke ein goldener, aber dennoch schlicht verzierter Kronleuchter, in dem lediglich eine Kerze brennt. In der linken Hälfte des Raumes befindet sich ein geöffnetes Fenster mit Butzenscheiben, was aber nur einen kleinen Spalt auf die vom Tag erhellte Außenwelt freigibt. Unter dem Fenster erkennt man den Teil einer braunen Truhe auf welcher drei orangene Früchte liegen. Zusätzlich findet man eine dieser Früchte auf der Fensterbank. Der Raum selbst ist in schlichtem beige bis braun gehalten. Der Mann links ist recht dunkel gekleidet mit einer armfreien, dunkelvioletten, mit braunem Fell besetzen Robe, die ihm fast bis zu den Knöcheln reicht. Schuhe trägt er nicht, nur dunkelblaue Strümpfe von denen das Ende nicht sichtbar ist. Zudem trägt er einen großen, schwarzen zylinderartigen Hut und ein dunkles, langärmliges Unterhemd, von dem man nur die Ärmel aus der Robe hervorschauen sieht. Die Frau zu seiner Rechten trägt ein moosgrünes, bodenlanges Kleid, mit großen, ebenfalls fellbesetzten, hellbrauen Armausschnitten. Dazu ein hellblaues Unterkleid, einen weißen Schleier, der ihre Haare verdeckt, und einen Gürtel unter ihrer Brust. Ihre rechte Hand wird von der linken des Mannes gehalten und ihre linke Hand umfasst Stoff ihres grünen Kleides, welchen sie bis kurz unter ihre Brust nach oben rafft. Die rechte Hand des Mannes ist zum Schwur in die Richtung der Frau erhoben und sein Blick richtet sich auf die Frau, wobei sein Gesicht zum Maler gerichtet ist. Das Gesicht der Frau ist im dreiviertel Profil gemalt und ihr Blick richtet sich auf die erhobene Hand ihres Gegenübers.

Analyse:
Farbauftrag:
Der Farbauftrag ist durchgehend deckend und detailgetreu. An keiner Stelle findet man pastosen oder lasierenden Farbauftrag. Licht- und Schattenwirkungen und die Stofflichkeit der Materialien sind sehr gut herausgearbeitet. Ein Pinselduktus ist fast nirgends zu erkennen. Nur an den Fellen oder der Maßerung des Holzes lässt sich erkennen, dass die Farbe mit kurzen, dünnen Strichen aufgetragen wurde.

Farbgebung:
Die Gesamtwirkung der Farbe ist recht dunkel, obwohl es einige farbliche Akzente gibt. Vorherrschende Farben sind das moosgrün des Kleides der Frau und ihr hellblaues Unterkleid. Zudem die violette Robe des Mannes und das hellrote Bett sowie der rot bezogene Stuhl. Verschiedene Brauntöne finden sich im gesamten Bild wieder. In van Eycks Bild findet man einen Kalt-Warm Kontrast zwischen der violettblauen Robe und dem roten Sessel im Hintergrund, einen Komplementärkontrast zwischen dem grünen Kleid der Frau und dem roten Bett und einen Farbe-an-sich-Kontrast zwischen dem grünen Kleid der Frau und ihrem blauen Unterkleid. Zudem befinden sich überall im Bild vertreilt Hell-Dunkel-Kontraste, allein schon durch die Einwirkung eines Schattens.

Funktion der Farbe:
Die Funktion der Farbe ist hier eindeutig als Erscheinungsfarbe zuzuordnen da der Eindruck der Situation festgehalten
werden sollte. Zudem hat das Gemälde Eigenschaften einer Gegenstandsfarbe, was man vor allem an den Schuhen links unten im Bild, dem Obst auf der Truhe, dem Kronleuchter und dem Spiegel feststellen lässt. Zudem kann man von Valeurmalerei, welche tonwertige Malerei umfasst, sprechen.

Raum, Perspektive:
Das Bild erzeugt einen Tiefenraum mithilfe der Fluchtpunktperspektive. Bei genauerem Hinsehen scheinen beinahe alle Linien, die im Raum verlaufen, in der Mitte des Spiegels enden zu wollen. Zusätzlich erzeugen Überschneidungen, Schatten und das Größenverhältnis der Personen im Vergleich zum Rest vom Raum einen illusionistischen Tiefenraum.

Komposition:
Der Bildaufbau ist recht einfach. Der Spiegel bildet das Zentrum des Bildes, wobei das Paar im Vordergrund zuerst die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der Kronleuchter bildet eine senkrechte, mittige Linie die sich durch das Bild und durch die Hände des Paares und den Hund zieht. Ebenso das Bett und das Fenster. Horizontale Linien finden sich vermehrt wieder, so bilden zum Beispiel die Liegefläche des Bettes und die Fensterbank eine. Zudem entsteht eine Horizontale bei den Ellenbogen und den Gesichtern. Der Bildausschnitt wirkt so gewollt und nicht willkürlich gewählt.

Interpretation:
Bei dem Bild von van Eyck handelt es sich um ein Beispiel aus der altniederländischen, spätmittelalterlichen Malerei und lässt sich somit der Frührenaissance zuordnen. Der flämische Maler „begann“ die Epoche der naturalistischen Malerei (sehr ähnlich zum Realismus). In dem Bild selbst erkennt man bei genauerem Hinsehen einen sogenannten „verhüllten Symbolismus“, welcher sich in einigen Gegenständen/Gesten des Raumes zu erkennen gibt. Zum Beispiel wird durch das Halten der Hand der Frau eine Eheschließung dargestellt. Zu der Zeit war es üblich die Hochzeiten eher in kleinem Kreise zu feiern, mit nur wenigen bis gar keinen Zeugen. Die einzelne Kerze, die bei hellichtem Tag im Kronleuchter brennt, steht für die Anwesenheit Christus (der somit ein Zeuge ist), der Hund steht für die eheliche Treue, die mehr von seiten der Frau erwartet wurde, und die Holzschuhe lassen vermuten, dass sich vor allem der Mann um außerhäusliche Geschäfte kümmerte, wohingegen die Frau zu Hause blieb. Diese scheint zudem einen stattlichen Bauch zu haben, was für Wohlstand aber auch für eine Schwangerschaft sprechen kann (wobei das eher untypisch war vor der Hochzeit schwanger zu sein). Außerdem steht in der Inschrift van Eycks „de eyck fuit hic“ was bedeutet dass er „hier war“ wobei er sonst immer „de eyck fecit“ (hat gemacht) schrieb. Ein interessanter Aspekt ist zusätzlich, dass der Hund im Spiegel nicht zu sehen ist, obwohl er eigentlich zu sehen sein müsste.

Vergleich:
Anfangs fielen die ganzen bedeutungsvollen Details nicht auf. Außerdem hat man die religiösen Bestandteile des Bildes nicht gleich wahrgenommen, obwohl sie in dem Bild eine große Bedeutung spielen. Van Eyck war bekannt für seine Detailgenauigkeit, was er auch in diesem Bild definitiv zum Ausdruck bringt. Man könnte über dieses Gemälde noch sehr viel mehr schreiben als zwei DinA4 Seiten, bei jedem mal Hinsehen entdeckt man wieder neue Auffälligkeiten, die man vorher nicht bemerkt hatte.



Kommentare zum Referat Werkbetrachtung Jan van Eyck, Arnolfini Hochzeit: