Lerntippsammlung Headergrafik
Linie
Abstandshalter

Suchbegriff:

Neue Sachlichkeit - Referat



Handout: Neue Sachlichkeit - Berlin Alexanderplatz
Definition Neue Sachlichkeit

Die Neue Sachlichkeit ist eine Stilrichtung in der bildenden Kunst und der Literatur, die als Reaktion auf den Expressionismus verstanden werden kann.
Das Kernthema für alle Autoren war das Verhältnis des Menschen zur Ratio, der Versuch, sachliche und wirtschaftliche Zustände zu erfassen.
Die Phase der Neuen Sachlichkeit reichte etwa von 1920 bis 1933, also nach dem Ende des 1. Weltkrieges bis zum Beginn der Nazidiktatur.
Literarisch lässt sich die Epoche in die Zeit der Moderne (etwa 1880 – 1930) einordnen.
Der Begriff geht auf den Namen einer Ausstellung von zeitgenössischer Malerei 1925 in Mannheim zurück „Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“.

Alfred Döblin – Biographie

1878 geboren in Stettin als Sohn eines jüdischen Schneiders
1888 Umzug nach Berlin
1902 Studium der Neurologie und Psychatrie in Berlin und Freiburg
1905 Promotion
1911-1931 betreibt er eine Praxis in Berlin
1912 Heirat mit Erna Reiss
1914-1918 Militärarzt
1910 Mitbegründer der expressionistischen Zeitschrift „Der Sturm“
1915 Roman „ Die drei Sprünge des Wang-lun“ – Kleist- und Fontane-Preis
1920 Roman „Wallenstein“
1921 Eintritt in die SPD
1925 Mitglied der linken Schriftstellervereinigung „Gruppe 1925“
1929 Roman „Berlin Alexanderplatz“
1933 Flucht vor den Nationalsozialisten nach Paris
1940 Emigration in die USA
1941 Übertritt zum Katholizismus
1945 Rückkehr nach Deutschland
1957 stirbt er in Freiburg

Berlin Alexanderplatz
Die Geschichte von Franz Bieberkopf

Inhalt

Erstes Buch
Der ehemalige Zement- und Transportarbeiter Franz Biberkopf wird aus dem Gefängnis entlassen. Dort hat er vier Jahre gesessen, weil er aus Eifersucht seine Braut Ida erschlagen hatte. Nun schwört er, anständig zu bleiben. Doch die Strafe beginnt eigentlich erst mit seiner Entlassung aus dem Gefängnis Tegel. Franz findet sich im Leben nicht mehr zurecht, er weiß nichts mit sich anzufangen und die Stadt wirkt laut und bedrohlich auf ihn.
Er läuft ziellos durch die Dunkelheit, macht die Bekanntschaft einiger merkwürdiger Gestalten, geht schließlich ins Kino und sucht sich eine Frau. Einige Tage später läuft er zu Idas altem Haus, trifft dort auf ihre verheiratete Schwester Minna und vergnügt sich mit dieser. Nach diesen ersten Tagen besinnt er sich und schwört sich, nun anständig zu bleiben.

Zweites Buch
Wieder treibt Franz sich auf dem Rosenthaler Platz herum, dabei verdient er sich seinen Lebensunterhalt als ambulanter Gewerbetreibender mit Textilwaren, später steigt er um auf den Zeitungshandel.
In einer Kneipe gerät er in Kontakt mit Nazis und beginnt sich für ihre politische Gesinnung zu erwärmen.

Drittes Buch
Kurz vor Weihnachten verlegt sich Biberkopf auf den Handel mit Schnürsenkeln. Dabei gewinnt er das Herz einer Witwe und erzählt dies seinem Freund Otto Lüders. Dieser verschafft sich daraufhin auch Zutritt bei der Witwe und beraubt diese. Als Franz am nächsten Tag die Frau besuchen will, schlägt diese ihm die Tür vor der Nase zu. Er ist erschüttert über seinen Freund Lüders.

Viertes Buch
Franz ist nachdenklich geworden und sucht einen Pastor auf, was ihm jedoch nicht weiterhilft. Doch er sieht keinen Ausweg aus seiner schwierigen Lebenssituation. Er besucht einen Schlachthof und ist angewidert von den Zuständen dort.
Als er Zeuge eines Diebstahls wird, zeigt er ihn nicht an.

Fünftes Buch
Biberkopf bewegt sich weiterhin im kriminellen Milieu und lernt mit Reinhold, Kopf der sogenannten Pums-Bande, einen neuen und sehr gefährlichen Freund kennen. Er fordert ihn mehrmals, ihm Mädchen, derer er überdrüssig geworden ist, abzunehmen. Weil Franz sich weigert, macht ihn Reinhold durch Geschenke gefügig, und schließlich wird Franz ihm so hörig, dass ein regelrechter Handel mit Mädchen entsteht.

Eines Tages bietet Reinhold ihm eine lohnende Gelegenheitsarbeit an, angeblich soll Gemüse verladen werden. In Wirklichkeit soll Franz bei einem Raubzug Schmiere stehen. Da Franz unbedingt ehrlich bleiben will, versucht er abzulehnen. Reinhold rächt sich daraufhin an ihm und stößt ihn bei der Rückfahrt brutal aus dem Wagen vor ein nachfolgendes Auto.

Sechstes Buch
Freunde schleppen Franz in eine Klinik nach Magdeburg. Ein Arm muss amputiert werden. Obwohl er dadurch zum Krüppel wird, bewahrt er über alle Vorgänge Stillschweigen. Reinhold jedoch fordert seinen Tod.

Nach seiner Genesung kehrt Franz Biberkopf zum dritten Mal nach Berlin zurück. Wieder ist er Gast in den Kneipen um den Alexanderplatz. Er kauft sich ein eisernes Kreuz und täuscht eine Kriegsverletzung vor. Bald lernt er wieder ein Mädchen kennen: Mieze, die Tochter eines Straßenbahnschaffners aus Bernau. Sie ist von ihren Eltern wegen ihres Lebenswandels verstoßen worden, verdient sich ihr Geld durch Prostitution. Durch Mieze sinkt Franz wieder tiefer. Er wird lebt von Miezes Geld, ist Geschäftemacher, Schieber und Hehler. Obgleich ihn Reinhold damals töten wollte, übt dieser immer noch eine solche Anziehungskraft auf ihn aus, dass er sich ihm wieder nähert.

Siebtes Buch
Franz schließt sich schließlich doch der Pums-Bande an. Reinhold lernt Mieze kennen und fasst den verhängnisvollen Entschluss, sie Franz wegzunehmen. Es gelingt ihm, sie nach Freienwalde zu locken, wo er sie vergewaltigt, ermordet und im Wald verscharrt.

Achtes Buch
Franz ist über Miezes Verschwinden nicht besorgt, er glaubt, sie sei mit einem Kavalier verreist.
Schließlich kommt die Polizei Reinhold auf die Spur, Franz wird jedoch gewarnt und kann untertauchen. Von Miezes Schicksal erfährt er erst später aus der Zeitung, es trifft ich tief und er will sich an Reinhold rächen.
Franz und Reinhold werden nun steckbrieflich gesucht. Da Franz das Kneipenleben vermisst, zieht es ihn zum Alexanderplatz zurück. Dort sucht er ein Lokal auf, in dem gerade eine Razzia stattfindet. Als er von einem Polizisten angesprochen wird, schießt er auf diesen und wird festgenommen.

Neuntes Buch
Reinhold wird mit gestohlenen Papieren verhaftet und kommt ins Moabiter Gefängnis, wo er schließlich wegen Todschlags verurteilt wird.
Franz hatte in der Untersuchungshaft die Nahrung verweigert und wird halb verhungert in eine Irrenanstalt gebracht, jedoch wieder entlassen. Ihm wird der Prozess gemacht, er wird jedoch nicht verurteilt, sondern nimmt eine Stelle als Hilfsportier in einer Fabrik an.

Sprache
Montagetechnik
Döblin montiert die unterschiedlichsten Texte in seinen Roman: Anzeigen, Nachrichten, Werbetexte, Schlagertexte, Praxisschilder oder Artikel aus Sachbüchern. Damit gelingt es ihm, die Großstadt zu poetisieren

Sprache
Der Roman weist mehrere Sprachen, Stile und Dialekte auf, jede Figur spricht in ihrer typischen Sprache. Biberkopf selbst sowie die anderen Hauptpersonen „berlinern“, wodurch sie eindeutig der Unterschicht bzw. der Halbwelt und dem kriminellen Milieu zugeordnet werden sollen.

Sarkasmus und Ironie
Der Erzählstil im gesamten Roman wirkt an vielen Stellen ironisch, so wird zum Beispiel Ida mit Hilfe eines Sahneschlägers getötet und mit Hilfe physikalischer Formeln beschrieben.

Expressiver Naturalismus
Der Roman kann sowohl als naturalistisch als auch als expressionistisch betrachtet werden.

Naturalistisch ist z.B.:
· Dass die Großstadt als Thema in die Literatur eingeführt wird,
· Die untenstehenden
Gesellschaftsschichten und ihre Verhältnisse beobachtet werden,
· Die wahrnehmbare Realität genau wiedergegeben wird (realistische Darstellung Berlins)

Expressionistische Elemente sind z.B.:
· Dass die Großstadt als grauenerregender und zugleich faszinierender Ort geschildert wird,
· Die Sprache: Sie ist ungebändigt und verdichtet, zugleich aber einfach; der Autor spielt mit Rhythmus und Klang.
· Auf das hinter der Oberflächenrealität vermutete Irrationale zurückgegriffen wird (Es ist oft vom Schicksal die Rede)

Die Figuren
Franz Biberkopf
Biberkopf, die Hauptfigur des Romans, ist Anfang 30, blond und groß, mit abstehenden Ohren. Er ist kräftig gebaut und Mitglied in einem Athletenklub. Er wird als gutmütig, treuherzig, naiv und friedlich beschrieben. Frauen gegenüber verhält er sich jedoch oft grob, benutzt sie auf vielfältige Weise.
Er wirkt unpolitisch, lässt sich jedoch aufgrund seines arischen Aussehens für nationalsozialistische Propaganda einspannen.
Seine Naivität wird gegenüber Reinhold jedoch zu blinder Ergebenheit. Seinen Freunden gegenüber ist er treu, er denunziert sie nie.
Döblin gelingt es trotz aller Charakterschwächen und kriminellen Handlungen, Franz für den Leser sympathisch bleiben zu lassen.

Reinhold
Neben Biberkopf nimmt Reinhold im Buch den meisten Raum ein. Sein Auftauchen im fünften Buch ist entscheidend für die Entwicklung der Hauptperson. Er ist Mitglied der Pums-Bande und übt eine große Anziehungskraft auf Biberkopf aus. Sein Aussehen wird als kränklich beschrieben. Trotz seines unscheinbaren Äußeren hat er großen Erfolg bei den Frauen. Beinah wöchentlich legt er sich eine neue Geliebte zu. Seine Einstellung ist jedoch frauenfeindlich, wie man auch an der Ermordung Miezes erkennt. Im Laufe des Romans zeigt er sich als gnadenlos und gewalttätig. So zögert er nicht Biberkopf aus den fahrenden Auto zu stoßen, ihm seine Mieze auszuspannen und diese umzubringen. An seiner Sprache wird deutlich, dass Reinhold ungebildet ist und einer niedrigen sozialen Schicht angehört. Durch sein Stottern wird er anfangs unterschätzt. Er beschleunigt Biberkopfs Wandel vom anständigen Menschen zum Verbrecher, d.h. er ist die Verkörperung des Bösen.

Mieze
Mieze ist für Biberkopf die wichtigste Frauenfigur. Sie stammt vom Lande und wird als hübsch, klein und zart beschrieben, obwohl sie offensichtlich als Prostituierte ihr Geld verdient. Sie lernen sich kennen als Franz seinen Arm verloren hat und Mieze kümmert sich beinah mütterlich um ihn. Sie sorgt für seinen Lebensunterhalt, indem sie sich prostituiert. Mit ihrer Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ist sie das Gegenstück zu Reinhold.

Die Stadt als Erzählgegenstand
Der Roman wird als erster, wichtiger deutscher Roman bezeichnet, in dem die Stadt selbst zum Thema wird. Statt wie früher bloß Kulisse für eine Handlung zu sein, wirkt die Stadt Berlin übermächtig. Biberkopf sieht sich nach dem Gefängnisalltag mit der modernen Großstadt konfrontiert, die ihn herausfordert. Dieser Eindruck wird durch Montage von Großstadtgeräuschen, wie z.B. Werbeausrufe („Die Neuste Illustrierte“) verstärkt. Stadt, das heißt Beschleunigung des Lebens, Massenmedien, Konsum und Vergnügung.
Schon im Titel wird deutlich, dass der Stadt Berlin eine größere Bedeutung zukommt als der Hauptperson Franz Biberkopf.

Parallelerzählungen
Das Paradies
Die biblische Stelle des Paradies taucht an mehren Stellen des Romans auf. Franz sucht die ganze Zeit über nach einem paradiesischen Leben, wird jedoch immer wieder von der Schlange, z.B. in Figur Reinholds verführt.

Der Tod
Der Tod hat seinen großen Auftritt im 9. Buch als Biberkopf durch die Ermordung Miezes völlig am Boden ist. In der Irrenanstalt führt er innerlich ein Gespräch mit dem Tod. Biberkopf hat Angst und schreit die ganze Nacht und der Tod spricht von seiner Überheblichkeit und seinem Egoismus und endet: „Mein Sohn, mit dir is aus. Kannst einpacken. Lass dir einmotten. Bei mir biste abgemeldet. Da kannste heulen und piepen wat du willst.“ An dieser Stelle beginnt endgültig die Einsicht und Besserung Biberkopfs.

Der Schlachthof
Im vierten Buch wird die Haupthandlung durch die sogenannte „Schlachthof-Sequenz“ unterbrochen. Diese wird eingeleitet durch ein Bibelzitat: „Denn es geht dem Menschen wie dem Vieh; wie dies stirbt, so stirbt er auch.“ Es folgt eine Beschreibung des Berliner Schlachthofs, an deren Ende grausam beschrieben wird, auf welche Weise die Schweine getötet werden.
Der Schlachthof ist ein Symbol für die Gewalttätigkeit und Gefühllosigkeit der Menschen und verdeutlich, dass der einzelne in der Großstadt nicht zählt.

Hiob
Die Hiobgeschichte wird in die „Schlachthof-Sequenz“ eingeschoben. In diesem Ausschnitt aus dem Alten Testament wetten Satan und Gott darum, ob Hiob durch Leid dazu gebracht werden könne, Gott zu verfluchen. Dies gelingt nicht. Im Roman fallen Gemeinsamkeiten zwischen den Figuren und des Biberkopf auf. Beide sind Schicksalsschlägen und Bewährungen ausgesetzt und hadern mit Gott und der Welt und bei beiden steht ein gutes Ende.

Interpretationsansätze
Berlin Alexanderplatz kann als revolutionär bezeichnet werden, da er wohl der erste deutsche Großstadtroman ist, der die Stadt Berlin zum Thema macht. Berlin wird zum exemplarischen Ort der modernen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Im Wesentlichen kann der Roman nach vier verschiedenen Ansätzen gedeutet werden:

Als gesellschaftskritischer Roman:
Es gibt eine Reihe von Stellen, die man mit Gesellschaftskritik in Verbindung bringen kann, z.B. den folgenden Einschub: "Alex und Vera wollten heiraten, aber die wirtschaftlichen Verhältnisse ließen die eheliche Vereinigung nicht zu."
Franz allerdings, der Held des Romans, macht ja im Prinzip eine Entwicklung zum Positiven durch. Darauf kann der gesellschaftskritische Aspekt also nicht interpretiert werden.

Als christlicher Roman:
Bibel und christliche Kultur sind von Anfang an durch Anspielungen und Zitate präsent. Der Roman beschränkt sich aber nicht darauf, die Geschichte Biberkopfs mit biblischen Motiven zu untermalen. Franz wird solange in vielfältiger Weise auf Gott aufmerksam gemacht, bis es zu einer Art Bekehrung kommt. Er bekommt zum Beispiel christliche Gedichte zu lesen oder es fallen ihm religiöse Prospekte in die Hände.

Als aufklärerischer Roman:
Franz wird aber nicht nur bekehrt, sondern überwindet auch seine Unmündigkeit.
Wenn man die biblischen Elemente nur als Metaphern versteht, kann man auch zu dem Schluss kommen, dass sich Franz nicht auf Gottes-Suche, sondern auf Ich-Suche befindet.
Die aufklärerische Absicht des Romans zeigt sich auch darin, dass der Weg, den Franz zu gehen hat, von der Schuldunfähigkeit zur Schuldfähigkeit führt.

Als Roman des Irrationalen
Das Irrationale zieht sich unter immer neuen Bezeichnungen ( wie Schicksal, Ding, dunkle Macht, ...) durch den Roman.
Es hindert Franz daran, seine Schuld schon früher einzusehen und für seine Handlungen die Verantwortung zu übernehmen.
Am Ende des Romans entpuppt sich die dunkle Macht als Tod, der Franz auf den richtigen Weg zurückbringt.



Kommentare zum Referat Neue Sachlichkeit: