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Mukoviszidose - 2.Version - Referat



Mukoviszidose



1. Einleitung

Meine Belegarbeit befaßt sich mit dem Krankheitsbild, der Diagnose, der Therapie und mit
psychologischen Fragen der Mukoviszidose. Die Wahl eines Themas zur Belegarbeit ist mir anfangs sehr schwer gefallen, da mir oft notwendige Informationen zu den jeweiligen Krankheiten fehlten. Daraufhin beschloß ich, mich im Internet, bei Ärzten und Freunden über meine Wahlthemen zu informieren. Bei diesen Recherchen traf ich auf folgendes Gedicht:


Warum
Wir haben uns gesucht und gefunden,
was hat uns verbunden?
Wir sind hier sechs Wochen auf Amrum
Und fragen uns täglich, warum?
Wir inhalieren und atmen um die Wette,
nach dem Essen schlucken wir noch ´ne Tablette
und fragen uns täglich, warum?
Laufen, Sport und Schwimmen fallen uns schwer,
Treppen Steigen geht auch nicht mehr,
und auch deshalb fragen wir uns täglich, warum?
Auch wir lachen, tanzen und albern gerne rum,
dann müssen wir husten und spucken
und fragen uns wieder, warum?
Aber wir beide sind gerne hier
Und haben nur eine Gier,
wir lechzen nach einem langen Leben,
wer kann es uns geben?
Trotz allem hat unser Leben immer einen Sinn,
zum Beispiel, weil wir besonders gute Freunde sind,
auch wenn wir zwei uns immer fragen,
warum?

(Katharina Mrosek, 12Jahre,
Kristin Capelle, 12 Jahre,
Amrum 1995)


Die Worte dieser beiden kleinen Mädchen, die an Mukoviszidose leiden, beeindruckten mich so sehr, daß ich nicht nur zu dem Entschluß gekommen bin, meine Belegarbeit der Cystischen Fibrose zu widmen, sondern es regte mich auch zum Nachdenken über mein eigenes Leben an.


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2. Krankheitsbild der Mukoviszidose

2.1. Was ist Mukoviszidose?

Mukoviszidose ist die häufigste Stoffwechselkrankheit auf erblicher Grundlage unter der kaukasischen Rasse. Sie wird autosomal-rezessiv vererbt, das heißt beide Eltern müssen
Erbträger sein, damit statistisch bei 25% der Kinder merkmalsmäßig eine Cystische Fibrose (CF) entsteht. 50% der Kinder besitzen heterozygote Genotypen, die denen der Eltern entsprechen und somit Konduktor bzw. Konduktorin sind. Weitere 25% der F1-Generation sind homozygot, also gesund.
Die Krankheit beruht auf einem zellulären Defekt, der im Genom der betroffenen Zelle fixiert ist. 1937 wurde die Mukoviszidose von dem Schweizer Pädiater Guido Fanconi und den Züricher Pathologen Uehlinger und Knauer beschrieben und als eigenständiges Krankheitsbild erkannt. Zuvor war Mukoviszidose unter dem Sammelbegriff Zöliakie definiert.
Die Häufigkeit für diese Erkrankung wurde 1995 weltweit mit 1:3.000 beziffert. In Deutschland wurden 1994 von 840.000 Geburten 280 bis 350 Kinder mit CF gezählt. Wissenschaftler schätzen, daß es derzeit in der Bundesrepublik etwa 6000 bis 8000 CF-Patienten gibt.
Die Lebenserwartung der Betroffenen ist begrenzt, da noch keine ursächliche Behandlung möglich ist. Jedoch verzeichnet man derzeit eine wachsende Zahl älterer Patienten und damit eine steigende Lebenserwartung. Anfang der 60er Jahre verstarben 85% der Erkrankten innerhalb des ersten Lebensjahres. Von den übrigen 15% erreichten 80%, insgesamt also 12 % das 18. Lebensjahr. Heute hat sich mit 34% der in den alten Bundesländern betreuten über 18jährigen CF-Patienten diese Zahl nahezu verdreifacht.
Menschen, die an Mukoviszidose erkrankt sind, können durchaus eine Schul- und Hochschulausbildung abschließen oder Handwerksberufe erlernen und ausüben.
In Deutschland sind bisher 30 CF-Patientinnen Mutter geworden, eine davon im NOL-Kreis.

2.2. Definition der Krankheit

Der Name der Mukoviszidose ist eine Zusammensetzung aus den Wörtern ,,mucos" (=Schleim) und ,,viscous" (= zäh). Damit wird ein wichtiges Symptom beschrieben - die massive Absonderung von zähem Schleim aus Drüsen des Verdauungs- und Bronchial- systems, aus Speicheldrüsen, Anhangdrüsen des Dünndarms und die Bildung von Schleimansammlungen in den Zellen des Dickdarms und im Gallengangsystem. Desweiteren kommt es zu Veränderungen der Pankreas, da das Sekret in den Zellen verbleibt und nicht in das Gangsystem ausgeschwemmt wird. Die ableitenden Gänge werden mit diesem zähen Schleim verstopft. Das Sekret der Bauchspeicheldrüse findet nicht den Weg in den Darm und somit werden beim Patienten Verdauungsstörungen hervorgerufen. Im Laufe der Jahre vernarbt der Pankreas und die Verdauungsfunktion kommt fast völlig zum Erliegen. Mikroskopisch wird ein Wechselbild cystischer Erweiterungen mit narbig-fibrösen Umwandlungen beschrieben. Daher wird die Mukoviszidose auch als Cystische Fibrose bezeichnet.

2.3. Ursachen und Stand der Forschung

Die an der Forschung beteiligten Fachrichtungen sind die Molekularbiologie und die Membranpathologie. 1985 gelang es der molekularbiologischen Forschung einen Durchbruch zu erzielen.

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2.3.1. Genprodukt

Erst nachdem bekannt war, daß bei der Übertragung der Mukoviszidose ein autosomal-rezessiver Erbgang vorliegt, konnten kanadische Forschungsteams das Mukoviszidose-Gen lokalisieren. Es handelt sich um eine Mutation am langen Arm des 7. Chromosoms. 1989 fand man den exakten Genort mit der Größe von 250.000 Basenpaaren. Die DNA des Mukoviszidose-Gens weist ein Defizit von drei Basenpaaren auf. Dies bewirkt, daß das pathologische Protein, genannt Cystic Fibrosis Transmembran Conductance Regulator (CFTR) codiert wird. CFTR ist durch das Fehlen der Aminosäure Phenylalanin an Position 508 gekennzeichnet. Die sogenannte ,,delta-F-508"-Variante wurde bei 70% der kanadischen, 88% der dänischen, 70% der deutschen und 27% der türkischen Bevölkerung gefunden. Nach der Bedeutung von CFTR für die Krankheitssymptome wird intensiv geforscht. Das Protein ist ein in der Natur weit verbreitetes Molekül, von dem man weiß, daß es in die Zellmembran, z.B. von Schweißdrüsenepithelzellen oder Bronchialzellen, eingefügt wird.

2.3.2. Chloridkanäle

Das codierte Protein, welches aus 1.480 Aminosäuren besteht, reguliert den Ionentransport, besonders von Chlor. Die Membran der Epithelzellen besitzt ,,Chloridkanäle". Die Chloridkonzentration wird durch den Öffnungszustand dieser Strukturen unterschiedlich stark erzeugt. Bei der CF sind diese Chloridkanäle vorhanden, jedoch verschlossen. Sie lassen sich auch nicht durch normale Stimulation öffnen. So entsteht ein niedriger Chlor- und entsprechend geringer Wasserfluß: die Folge ist ein zähes Sekret. Normalerweise werden die Drüsensekrete durch den Wasserhaushalt dünnflüssig und weniger zäh gehalten.

Abb. I : Defekt eines Ionenkanals bei der CF.

2.4. Das klinische Bild

Das Erscheinungsbild der Mukoviszidose ist sehr differenziert. Der Zeitpunkt für krankheitstypische Symptome und das Ausmaß der Krankheit variieren stark. Im Folgenden werden Anzeichen auf einen CF-Verdacht, in verschiedenen Altersgruppen aufgezeigt.

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2.4.1. Bei Neugeborenen

In der Neugeborenenphase ist ein Mekoniumileus immer verdächtig. 10-15% der Patienten entwickeln nach der Geburt dieses bedrohliche Symptombild. Aufgrund des hohen Eiweiß- und Schleimgehaltes ist der Mekonium zu zäh, um entleert zu werden. Somit kommt es zu Verstopfungen von Teilen des Dick- oder Dünndarms. Meist ist ein operativer Eingriff notwendig, um einen Darmverschluß zu verhindern, der sonst schwere Folgen haben könnte.

2.4.2. Bei Säuglingen

Ein Hinweis auf eine CF im 1. Lebensjahr ist die ungenügende Leistung der Bauchspeicheldrüse. Damit verbundene mangelhafte Gewichtszunahme, häufiges Erbrechen und Nahrungsverweigerung sollten Anlaß für einen Schweißtest geben. Besonders verdächtig ist das schlechte Gedeihen des Säuglings trotz ausreichender Ernährung mit Muttermilch und Heißhunger des Säuglings. Über die Fettmalabsorption kann es zu einem Mangel von Vitamin D oder K kommen, so daß Rachitis oder andere verdächtige Symptome auftreten. Charakteristisch und fast diagnoseweisend sind die massiven Fettstühle (Steatorrhoe). Ebenso sind bei CF-Patienten gehäuft Wucherungen (Polypen) des Nasenrachenraumes anzutreffen. Verdächtige Verschattungen aufgrund Schleimstauungen in den Nasennebenhölen sind bei fast allen betroffenen Patienten zu finden. Unterschiedlich früh treten die Symptome der Lunge auf.

2.4.3. Im Kindesalter

Lunge und Atemwege
In den Atemwegen bzw. den Bronchien sammelt sich ein klumpenartiges Sekret an, welches schwer abhustbar ist. Das Sekret kann aufgrund des geringen Wasserhaushaltes die Oberfläche der Bronchien nicht mehr benetzen. Die Bronchialwand ist weniger geschützt, die mechanische Reinigungsfähigkeit eingeschränkt, und Fremdkörper wie Staub- oder Rußpartikel und entzündungserregende Bakterien oder Viren setzen sich in den Bronchien fest. Die Folge sind hartnäckige und wiederkehrende Schleimhautentzündungen. Der chronische Entzündungszustand ist mit Schleimüberproduktion, Husten und Auswurf gekennzeichnet. Der Prozeß beschränkt sich nicht nur auf die Oberfläche der Lunge, sondern dringt auch in die Tiefe ein. Das Resultat sind fortschreitende Organzerstörung und narbige Fibrosierung der Lunge. Der chronische Verlauf der Lungenzerstörung wird von zwei bakteriellen Keimen begleitet: Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa. Die Besiedlung der Lunge durch diese Bakterien bewirkt die typische gelb-grau-grünliche Verfärbung des Sputums. Die Erreger sind schwer auszurotten und bestimmen das Ausmaß der Lungenentzündung und somit die Lebenserwartung des Patienten. Anfangs ist die Lungenfunktionsfähigkeit nur bei körperlicher Belastung eingeschränkt, später erstrecken sich Atemnot und Herzschwäche auch auf den Ruhezustand des Patienten. Die Funktion des Lungengewebes läßt mit der Zeit nach und dessen Umwandlung zu narbiger Fibrosierung äußert sich in Form von:
- Verlust der Lungenelastizität,
- verminderter Vitalkapazität,
- verringertem Sekundenvolumen und
- Veränderung der Ventilationsmechanik.
Schließlich entwickelt sich ein faßartiger Brustkorb. Sekundär kommt es zu Herzschwäche. Im späten Stadium der Erkrankung bedeutet die Luftansammlung im Brustraum eine ernsthafte Komplikation.

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Magen-Darm-Symptomatik
Die Pankreas kann die Lipase, Trypsin, Chymothrypsin und Amylase nicht mehr in den Darm abgeben. Deshalb entwickelt sich als Leitsymptom einer Maldigestion chronischer Durchfall mit massiven Fettstuhlentleerungen. Die Kinder sind meist untergewichtig und es kommt häufig zum Wachstumsrückstand. Ein besonderes Problem ist der ,,gastrooesophagiale Reflux". Dabei fließt saurer Mageninhalt in die Speiseröhre zurück, z.B. durch Druckstöße bei Hustenattacken. So kann das Magensekret in das Bronchialsystem angesaugt werden und dort Entzündungen und Gewebszerstörungen verursachen. Eine häufige Komplikation beim unbehandelten Patienten stellt der Darmvorfall dar.

Leberveränderung
Aufgrund einer Gallenstauung kommt es zu Lebervernarbung, denn auch im Gallensystem spielen sich Schleimverstopfungen mit Aufstau ab. Es besteht das Risiko einer Leberzirrose und somit des Leberversagens.

Typ-II-Diabetis
Nach vielen Jahren ist die Pankreas nur noch ein bindegewebiges Restorgan, indem auch die A- und B-Zellen (Glukagon- und Insulinproduzenten) stark reduziert sind. Eine verminderte Glukoseverträglichlkeit kann bis zur manifesten Diabetis resultieren. Bei der Bestimmung hat man festgestellt, daß es sich hierbei meist um den Typ-II handelt. Fast immer ist eine solche Diabetis anfangs diätisch zu beherrschen, Insulin ist selten nötig.

2.4.4. Im Erwachsenenalter

Im folgenden werden Symtome bzw. Krankheitserscheinungen angeführt, bei denen im Erwachsenenalter differentialdiagnostisch an eine Mukoviszidose gedacht werden muß. Eine Schweißelektrolyt-Untersuchung ist in diesen Fällen indiziert. Wenn die auftretenden Anzeichen den Respirationstrakt betreffen, so handelt es sich um rezidivierende Bronchitis mit und ohne Obstruktion, rezidivierende Bronchopneumonie, atelektatische und dystelektatische Pneumonien, Bronchiektasen, Asthma bronchiale, Emphysemthorax, chronische Sinusitis, Nasenpolypen, Spontanpneumothorax und Hämoptysen. Bei voluminösen und übelriechenden Stühlen, Steatorrhoe, chronische Diarrhoe, großen Abdomen, rezidivierenden Invagination, Sterkoralileus (= Mekoniumileusäquivalent), Rektumprolaps, Gallensteinen, Leberzirrhose und Oesophagusvarizenblutungen ist an Erkrankungen des Intestinatraktes zu denken. Allgemeine Erscheinungen oder andere Organbeteiligungen, die auffallend und zu beachten sind: mangelnde Gewichtszunahme, Trommelschlegelfinger und -zehen, Hitzekollaps (Salzverlustsyndrom), Cor pulmonale, Diabetis mellitus, Sterilität (Azoospermie), verringerte Fertilität bei Frauen.

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3. Diagnose und Behandlung

3.1. Diagnose und Früherkennung der CF

3.1.1. Diagnose durch den Schweißtest

Der Schweißtest gilt als wichtigstes Verfahren bei Verdacht auf Mukoviszidose. Die Schweißprobe des Patienten wird auf den Salzgehalt untersucht. Der Nachweis erfolgt an einem erhöhten Gehalt an Natriumchlorid im Schweiß. Aufgrund einer Funktionsstörung der Schweißdrüsen ist die Konzentration der Natrium- und Chloridionen erhöht. Bei Erwach-senen sind Werte über 100 mmol/l beweisend, bei Kindern sprechen Werte über 60 mmol/l für die Erkrankung. Um sicher zu sein, wird dieser Test zweimal durchgeführt. Ist das Ergebnis zweimal poitiv, besteht an der Diagnose kein Zweifel.
Für die Untersuchung gelten folgende Bedingungen: viel Schweißfluß; Verdunstung, Verdünnung und andere Verluste des Schweißes sollen ausgeschlossen werden. Erfüllt werden diese Bedingungen durch die Pilocarpin-Iontophorese. Dies ist eine chemische Substanz, die die Schweißdrüse zu starken Schweißsekretion angeregt.

Praktische Abfolge der Untersuchung:
Es wird eine glatte, unbehaarte Hautpartie ausgesucht (Innenseiten Ober- oder Unterarm, bei Säuglingen Vorderseite der Unterschenkel). Ein kleines, mit Pilcarpinlösung getränktes Läppchen wird auf die gewaschene und getrocknete Haut aufgebracht. Auf das Läppchen wird eine Metallelektrode (Kathode) gesetzt, etwas daneben eine zweite Elektrode (Anode) angebracht. Durch den Fluß des elektrischen Stroms von der Kathode zur Anode werden die Pilocarpinmoleküle in die Haut transportiert. Die Pilocarpinkonzentration, die Stromstärke und die Zeit der Einwirkung sind standardisiert. Der Patient verspürt bei der gesamten und völlig ungefährlichen Prozedur nur ein leichtes Prickeln auf der Haut. Nach der Einwirkzeit werden die Elektroden entfernt. In dem Bereich, in dem das mit Pilocarpin getränkte Läppchen aufgelegen hat, erkennt man eine stärkere Rötung der Haut. Diese Stelle wird erneut gereinigt und getrocknet. Auf diese Stelle wird elektrolytfreie Gaze gelegt und ringsum verklebt. Besser geeignet sind für die Sammlung des Schweißes handelsübliche Kappillarkollektoren an der Stimulationsstelle. Das Sammeln des Schweißes erfolgt über einen Zeitraum von 30 Minuten. Anschließend wird im gesammelten Schweiß die Chlorid- (Titration) und Natrium- (Flammenphotometrie) Ionenkonzentration bestimmt. Auch die Osmolalitätsbestimmung (Dampfdruckosmometer) der Schweißinhaltsstoffe oder die Messung elektrischer Leitfähigkeit des naiven Schweißes liefern verläßliche Resultate.

3.1.2. BM und IRT-Test (Bestimmung des Albumins)

Zur Fahndung im Neugeborenenalter steht die Bestimmung des Albumins im Stuhlgang (BM-Test) und die des immunreaktiven Trypsins (IRT-Test) im Serum zur Verfügung. Beide haben hohe Sensibilität, jedoch ist die Selektivität unzureichend.

Der Mekoniumtest
Bei einem Mukoviszidose-Kind findet man im Mekonium ein bestimmtes Eiweiß, das Albumin, welches normalerweise nicht vorhanden ist.

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3.1.3. Nasalepithelpotentialmessung

Diese Methode beruht auf einem feinen elektrischen Meßverfahren, das die Salzteilchen in den Zellen der Atemwege mißt. Bei CF werden diese Teile nicht richtig aus den Oberflächenzellen heraustransportiert. Dies ist ein sehr neues Verfahren und noch nicht weit verbreitet.

3.1.4. Pränatale Diagnostik

Bis 1985 war diese Diagnostik nur durch ein erhöhtes Vorkommen membranspezifischer Enzyme im Fruchtwasser, ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich. Dazu wurde Cho- rionzottenmaterial entnommen. Die werdende Mutter konnte auf diesem Weg erfahren, ob ihr Ungeborenes an CF leiden wird und welche Lebenserwartung bzw. Lebensqualität ihr Kind haben wird. Nach heutigem Stand läßt diese Untersuchung keinerlei relevante Vorhersagen über den Krankheitsverlauf zu. Deshalb verzichtet man auf diese vorgeburtliche Diagnostik.
Die genomische Diagnostik, welche mittels Trophoblastenbiopsie in der 7. - 9. Schwanger-
schaftswoche durchgeführt werden kann, bietet derzeit eine wesentliche Vereinfachung und höhere Sicherheit. Aufgrund neuer Erkenntnisse ist die Heterozygoten-Diagnostik bei jedem Partner aus der Bevölkerung durchführbar geworden.
Vorstellung und Versuche zu diesem Verfahren:
Die Information eines gesunden CFTR-Gens kann auf Retroviten übertragen werden. Es erfolgt eine reverse Transkription. Danach kann die neue Information in die befallenen Zellen inkorpiert werden. Durch einen solchen retroviralen Vektor konnten Epithelzellen von CF-Patienten verändert werden. Die Zellmembran hat die Ursachen für den defekten Chloridtransport behoben. Diese Diagnosemöglichkeit wird in der Praxis voraussichtlich erst in 10 - 15 Jahren Anwendung finden.

3.2. Therapie der Mukoviszidose

Eine ursächliche Behandlung gibt es derzeit nicht. Der Krankheitsverlauf wird entscheidend durch den Beginn der Behandlung bestimmt. Je früher die Diagnose gestellt wird, um so zeitiger kann die Therapie angesetzt werden. In Deutschland werden bereits 80% der Patienten in den ersten zwei Lebensjahren diagnostiziert, jedoch bleiben immerhin noch 20% Spätdiagnosen. Einzelmaßnahmen, wie z.B. Enzymsubstitution, Mukolyse, Physiotherapie, autogene Drainage, Ernährung, Antibiotikainfusion, kardiopulmonales Leistungstraining und Rehabilitation steigern die Chance auf eine eingeschränkt positive Prognose. Nachfolgend werden einige Therapieformen genauer dargestellt und beschrieben.

3.2.1. Ernährung als Therapieform

Bei CF-Patienten ist der Verbrauch an Energie erhöht, weil diese vermehrt für Atmung, Husten und Auswurf aufgewendet werden muß. Hinzu kommt ein bis heute ungeklärter gesteigerter Ruhebedarf.
Das Ernährungssoll liegt bei 25% über der Altersnorm bei Berücksichtigung des Untergewichts der Patienten. Ein individuelles Konzept der Ernährung zu erarbeiten, ist bei jedem Patienten von großer Bedeutung, denn die Therapie der Mukoviszidose beginnt bei der Ernährung. Mit Hilfe von Milchfett wird der Fettanteil beim Essen von normal 30% auf 40% der Kalorien erhöht. Dies erfolgt durch hochprozentige Vollmilch, Sahne, fettreiche Käsesorten, mit Sahne angereichertem Quark etc. Diese werden von pflanzlichen Ölen mit
essentiellen Fettsäuren (Maiskeimöl, Distelöl) ergänzt. Wichtig ist der 40%ige Anteil an

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Kohlenhydratkalorien, den Rest der Ernährung bildet hochwertiges Protein. Obst und Gemüse dürfen natürlich nicht fehlen, denn sie liefern die nötigen Vitamine, Spurenelemte und Ballaststoffe.
Eine industrielle Lösung und Hilfe bietet die hochkalorische Flüssignahrung, die bei schweren Fällen der Appetitlosigkeit über eine nasogastrische Sonde in den Körper geleitet wird. Ebenfalls als erfolgreich erwies sich die perkutane Gastroenterostomiesonde (PEG), die durch die Bauchwand in den Magen oder den Zwölffinderdarm eingeführt wird. Dadurch kann die Flüssignahrung eingeleitet werden. Dieser Vorgang geschieht unter gastroskopischer Kontrolle.

3.2.2. Therapie von Bauchspeicheldrüse

Diese Therapie wird durch die Zufuhr von Pankreasfermenten charakterisiert. Für die Verdauung der reichlich zugeführten Energieträger und für ihre Resorptionsfähigkeit werden Enzyme benötigt. Aufgrund der gestörten Funktionsfähigkeit der Pankreas werden die enzymhaltigen Granula durch extrahierende und konzentrierte Fermentpräperate aus Schweinepankreas eingeführt. Diese sind vor einer Salzsäureeinwirkung geschützt und entfalten ihre Wirkung gezielt erst im Darm. Dieses Prinzip gestattet eine mühelose Zufuhr von Enzymen und dem Patienten eine unbeschränkte Nahrungsaufnahme.

3.2.3. Therapie der Lunge

Das Ziel dieser Therapieform ist es, das zähe Sekret , welches die Bronchien verstopft, zu entfernen und Infektionen der Lunge zu bekämpfen. Die Behandlung der bronchopulmonalen Veränderung bildet den Kernpunkt in der Mukoviszidose-Therapie. Sie bestimmt entscheidend die Lebenserwartung des Patienten. Die Lungentherapie besteht aus fünf Bereichen:
1. Atemübungen und Brustkorbmobilisation,
2. Sekretverflüssigung und Sekretentleerung,
3. konsequente Behandlung auch banaler fieberhafter Bronchialinfekte,
4. erregerspezifische hochdosierte Antibiotika-Therapie und
5. Organtransplantation.

Atemübungen und Brustkorbmobilisation
In den ersten Lebensjahren handelt es sich dabei um eine passive Bewegungstherapie mit dem Ziel die Atemtechnik das Kindes zu schulen und Einschränkungen der Thoraxbeweglichkeit vorzubeugen. Unter physiotherapeutischer Anleitung beginnt man bereits im Säuglingsalter mit einfachen Dehnungs-, Lagerungs- und Vibrationsübungen.

Verflüssigung und Entleerung des Bronchialsekrets
Das in den Bronchien gesammelte Sekret muß so weit es geht entfernt werden, um bronchialen Verstopfungen und deren Folgen vorzubeugen. Dies erfolgt mit Hilfe von Klopf- und Vibrationsmassagen, bei denen keine aktive Mitarbeit des Patienten notwendig ist. Die Therapeuten lockern durch mechanische Erschütterungen das Sekret, um es in die Haupt-
bronchien zu führen, wo es dann abgehustet werden kann. Diese Form kann schon im Kleinkindalter eingesetzt werden. Die weiteren Methoden verlangen die aktive Mitarbeit des Patienten und sind somit erst bei älteren Kindern anwendbar:
a) Forcierte Exspirationstechnik (FET) oder Ausatmung über ein Reduzierventil (positiver exspiratorischer Druck, PEP-Maske)
Dabei werden die Bronchien durch das Ausatmen gegen einen erhöhten Widerstand gebläht, der exspiratorische Bronchialkollaps verhindert, und der Weg für die Abgabe des
Sekrets geöffnet.

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b) Die Methode des sogenannten ,,Flutter" erzeugt eine diskontinuierliche
exspiratorische Drucksteigerung. Die Ausatmung erfolgt gegen ein Mundstück mit fluttierender Plastikkugel, die nach dem Prinzip ähnlich einer Trillerpfeife funktioniert. Die diskontinuierlichen Druckimpulse weiten das Bronchialsystem.
c) Um die Methode der autogenen Drainage zu beherrschen, bedarf es einer intensiven Schulung. Durch deren Anwendung wird der Patient in die Lage versetzt, das tiefsitzende Bronchialsekret in die Hauptbronchien zu transportieren. Durch einen kräftigen Hustenstoß wird es dann abgegeben.

Behandlung fieberhafter Bronchialinfekte
Infekte des Nasen-Rachen-Raumes stellen für CF-Patienten ein schwerwiegendes Problem dar. Mikroorganismen, die den Infekt auslösen, schädigen die Oberfläche des Bronchialsystems. Desweiteren nisten sich gefährliche Keime (Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa) ein. In einem solchen Fall ist eine antibiotische Behandlung unbedingt notwendig. Häufig kommt es zu Bronchialverengungen, deren Ursache im Zusammenziehen der Bronchialmuskulatur liegt. Dieses Problem kann durch bronchuserweiternde Medikamente, die man inhaliert, gelöst werden.

Erregerspezifische Antibiotika-Therapie
Pseudomonas aeruginosa ist der eigentliche Problemkeim der CF. Er findet im zähen Bronchialschleim gute Lebensbedingungen und ist dort durch Antibiotika nur schwer anzugreifen. Die Keimbesiedlung erfolgt innerhalb des Bronchialsystems. Eine Invasion der Erreger in der Blutbahn findet nicht statt. Durch das Einwirken des Bakteriums und durch indirekte Induzierung der körpereigenen Mechanismen, die zur Abwehr dienen, kommt es zu Schädigungen der Lunge. Vor allem durch Enzyme aus reichlich zerfallenen weißen Blutkörperchen und durch Reaktion des lymphozytären Systems wird die Zerstörung hervorgerufen. Dennoch ist die antibiotische Therapie wirksam, denn sie führt zu einer Verminderung der Keimzahl im Sputum, die Sputummenge geht zurück, es tritt eine Besserung der Lungenfunktion ein, der Appetit nimmt zu und der Allgemeinzustand stabilisiert sich. Die Antibiotika sind hochdosiert und 14 Tage lang zu verordnen. Meist werden sie intravenös verabreicht. Eine periodische Behandlung erzielt dabei höhere Effektivität.
Durch häusliche hygienische Maßnahmen sind Risiken einer Pseudomonasinfektion eingeschränkt.

Organtransplantation
Hauptsächlich handelt es sich dabei um die Lungentransplantation, auf die viele CF-Patienten warten. Das Problem, welches sich hierbei ergibt, ist, daß zu wenig Spenderorgane vorhanden sind. Außerdem spielt die Schwierigkeit dieses Eingriffes eine wichtige Rolle.

3.2.4. Gentherapie

Die in-vivo-Behandlung, um die es sich hierbei handelt, wird noch erprobt. Die Schleimhautzellen der Atemwege, bei denen die Ursache der Verschleimung liegt, weil sie aufgrund des Defekts am Ionenkanal nicht genügend Wasser austreten lassen, sind mit dem Luftstrom leicht zu erreichen. Die Patienten atmen über ein Inhalationsgerät gesunde Gene ein, deren Erbanlagen sich im Inneren von Liposomen befindet. Eine andere Möglichkeit der Aufnahme dieser Gene besteht durch das Einsetzen in Adenoviren, den sogenannten adenoviralen Vektoren. Diese Viren sind besonders dafür geeignet, da sie auch von Natur aus die Zellen der Lungen- und Bronchialwege infitieren. Erste Erfolge wurden bereits erzielt, da die Zellen, denen das therapeutische Gen zugeführt wurde, das gewünschte Produkt gebildet haben, welches sie von selbst nicht produzieren konnten.

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Doch ist diese Behandlung auch mit Risiken verbunden, da bei zu hoher Konzentration von Adenoviren schwere Nebenwirkungen entstehen können, z.B. Lungenentzündung. Die Therapie mit Liposomen ist hingegen nebenwirkungsfrei, jedoch als therapeutisch ineffizient bewiesen.

Abb.: II
Dieses Beispiel zeigt, daß Gentherapien über lange Zeit erprobt werden müssen, ehe man sie mit Sicherheit am Patienten anwenden kann.

3.2.5. Weitere Maßnahmen

Zur Stärkung der Lungenfunktion sollte täglich Ausdauersport betrieben werden. Dazu gehören, je nach Jahreszeit, z.B. Joggen, Radfahren, Skilanglauf. Desweiteren sollten die regelmäßigen Besuche in den Mukoviszidose-Spezialambulanzen eingehalten werden, um durch Ermittlung relevanter Daten den Gesundheitszustand des Patienten festzustellen. Dies ist notwendig, damit ein gezieltes Therapieprogramm Anwendung finden kann. Regelmäßige Besuche beim Krankengymnasten dienen der Kontrolle und dem Neuerlernen von Übungen.

3.2.6. Tagesablauf eines Mukoviszidose-Patienten

Das tägliche Therapieprogramm ist sehr umfangreich und zeitaufwendig. Jedoch ist es notwendig, um mit der Krankheit im Alltag fertig zu werden und jegliche zusätzliche Belastungen einzuschränken.

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4. Psychologische Fragen

4.1. Das Wirken der Mukoviszidose auf die Familie

Die Diagnose ist meist ein Schockerlebnis für die ganze Familie. Dabei sind zwei Eigenschaften der Mukoviszidose besonders prägend: erstens unheilbar, zweitens voranschreitend. Außerdem gibt es keine eindeutig wirksamen Mittel und Maßnahmen gegen den Verlauf der Krankheit. Die Patienten stecken all ihre Mühen
und Kräfte in eine optimale Behandlung der Cystischen Fibrose, um deren Voranschreiten zu unterbinden. Hoffnung ist eines der wichtigsten Elemente im Leben mit der CF, Hoffnung auf den Tag, an welchem man über die Krankheit siegt und Hoffnung auf möglichst wenige Komplikationen und Hindernisse im Krankheitsverlauf. Das Gegenstück der Hoffnung ist die Verzweiflung über den wahrscheinlicherweise frühzeitigen Tod. Diese Gefahr und dieses Wissen über die Unheilbarkeit der Krankheit setzt sich gravierend im Bewußtsein der gesamten Familie fest. Dies ist auch der Unterschied zu ,,normalen" Familien. Die Diagnosestellung und der Diagnoseinhalt reißen die CF-Familie aus der Normalität des

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Lebens.
,,Die Welt ist nach der Diagnose anders, als sie vorher war."
Es herrscht ein Kampf um Gesundheit und unbeschadetes Familienleben, da nie sichere Aussagen über den Verlauf der Krankheit und deren Ausmaß getroffen werden können. Innerhalb der Familie kommt es zu einer Neubewertung des Alltagslebens. Gewöhnliche Abläufe einzuhalten und zustande zu bringen, gewinnt im Leben der Patienten mit der Krankheit eine besondere Bedeutung. Das Erreichen verschiedener Abschnitte im Leben gelten als Hoffnungszeichen in der CF-Familie. Das Erleben solcher ,,normalerweise" selbstverständlichen Lebensabschnitte, wie Einschulung, Jugendweihe/ Konfirmation, Schulabschluß, Berufsausbildung, Volljährigkeit, Heirat etc. bedeutet für die CF-Familie und vor allem für den CF-Patienten jedes mal geschenkte Zeit. Welche ,,normale" Familie hat schon einen Grund, sich in so drastisch existentieller Weise in Frage zu stellen und über Selbstverständlichkeiten zu staunen?
,,Eine ,normale` Familie ist eine, die zu ihrem eigenen Glück oder Unglück noch in der Naivität des Lebens steht und noch nicht den Schreck erfahren und bewältigen mußte, daß scheinbar Selbstverständliches [...] sich plötzlich als zerbrechlich und als vergänglich herausstellt."
Mukoviszidose-Betroffene wollen, so wie andere, als ,,normal" gelten und bringen dafür große Mengen an Kraft und Selbstdisziplin auf.

3.1.1. Interview mit der Mutter eines Mukoviszidose-Kindes

Das folgende Interview wurde von Studenten aus dem Fachbereich Sozialwesen (5. Semester) mit der Mutter einer an Mukoviszidose erkrankten Tochter durchgeführt. Der nachfolgende Text wurde im Orginal von der Interviewpartnerin gegengelesen. Der vorliegende Text stimmt mit dem Orginal überein.

Frage: ,,Wie haben Sie von der Erkrankung ihres Kindes erfahren?"

Antwort: ,,Im Prinzip war es so, sie war mehrfach im Krankenhaus wegen eines Infektes oder weil sie zu wenig Wasser im Körper hatte. Das konnten die Ärzte während ihres Krankenhausaufenthaltes immer ins Lot bekommen. Allerdings, sobald sie dann zu Hause war, kam der Rückfall. Mit einem ¼ Jahr bekam A. eine Lungenentzündung. Sie kam wieder in die Klinik und dort haben sie wahrscheinlich intensiver nachgeforscht, haben die Krankheit festgestellt. Sicherlich haben die Ärzte es schon gewußt, lange bevor wir es erfahren haben, aber wahrscheinlich die Möglichkeit bei Besuchen nicht wahrgenommen, uns zu informieren. Im Prinzip stand die Diagnose drei Wochen lang fest, ohne daß wir was wußten. Nachdem wir es erfahren hatten, mußten wir uns erstmal ganz intensiv damit beschäfftigen, was eigentlich passiert ist und was wir zu tun haben."

Frage: ,,Wie haben Sie auf die Erkrankung reagiert? Können Sie sich noch an ihre Gefühlslage erinnern, als Sie es erfahren haben?"

Antwort: ,,Schock. Auf alle Fälle, es wird jedem so gehen. Es gibt viele Kinder, wo schon im Mutterleib irgend etwas festgestellt wird, denen wird es ähnlich gehen. Ich hatte eine schwierige Schwangerschaft, die mit der Krankheit als solches dann nicht in Verbindung zu bringen ist. Das Wichtigste war ja, hoffentlich ist mit dem Kind nichts. Die ersten Wochen wurden immer wieder bestätigt, es ist alles tipptopp, alles gesund. Das war eine große Erleichterung. Diese Diagnose war dann schon ganz schön schwierig, zumal auch die Verwandschaft zum ausdruck brachte, wie das passieren kann, wie das geht und daß es niemand in der Familie hat. Die Älteren haben sich ja mit der ganzen Genproblematik nicht beschäftigt und kennen die Zusammenhänge auch nicht."

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Frage: ,,Sind Schuldzuweisungen aufgetreten?"

Antwort: ,,Ich kenne da einen Ausspruch einer Verwandten, die sagte: ,Wir mußten uns im Krieg alle untersuchen lassen. Wir waren in Ordnung. Wir sind gesund. Von uns kann das nicht kommen.` So ungefähr - das kommt von der anderen Seite. Es ist aber eindeutig erwiesen, daß beide Eltern Überträger sind."

Frage: ,,Wie haben Sie das in der Partnerschaft erlebt?"

Antwort: ,,Da hat es tüchtig geknirscht. Es war so - jeder hat es für sich zu verkraften und zu verarbeiten versucht. Ich habe versucht, meine Kraft dem Kind zu geben. Und natürlich bleibt dann die Partnerschaft auf der Strecke. Da fühlt sich der eine wie der andere benachteiligt und so lebt man sich auseinander. Naja, und irgendwann knallts dann eben einmal. Man hat sich dann zusammengerauft, es muß ja weitergehen, im Interesse des Kindes natürlich. Entweder habe ich es in mich hineingefressen oder mein Mann für sich. Nach außen haben wir uns letzten Endes normal gegeben. Es ist ja auch nicht so tragisch zu sehen. Man stellt sich vor man hätte noch drei Wochen zu leben, und das Leben müßte man nutzen. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, wenn wir etwas tun, dann werden wir es intensiver tun, daß wir die Zeit, in der es A. gut geht, verlängern. Man will am liebsten sagen: ,Gib mir die Krankheit! Ich übernehme das!` Aber das geht ja schlecht. Letzten Endes versucht man dann dem Kind mit anderen Mitteln all das zu bieten, daß es eine Lebensfreude hat. Ich denke mir, sie spürt es zum größten Teil. Jedes Kind beschwert sich einmal, daß man nicht mit ihm spielt. Dann versucht man es vielleicht zu sehr zu verwöhnen und auf Händen zu tragen. Natürlich kann es dabei passieren, daß es für sie in der Gemeinschaft schwieriger wird, mit anderen Kindern klar zu kommen, besonders in der Ellenbogengesellschaft heutzutage."

Frage: ,,Wie haben Sie den Kontakt zum behandelnden Arzt erlebt?"

Antwort: ,,Im Prinzip haben wir eine Broschüre, einen Leitfaden bekommen: was ist das für eine Krankheit? Sie war sehr hilfreich, obwohl diese Erkrankung nicht wie ein Beinbruch ist. Jedes Kind ist anders. Ein Kind hat nur Verdauungsbeschwerden, das andere nur mit der Lunge. Wieder andere haben alles beides - mal mehr mal weniger. So muß jeder individuell betreut werden. Der Arzt an sich war sehr gut. Wir waren zufrieden mit ihm. Natürlich, wenn er etwas erklärt, dann geht er von seinem Wissensstand aus. Das ist für ihn sicherlich schwierig, es so zu erklären, daß es für einen Nichtmediziner plausibel wird. Dann kann man nur nachfragen. Er hat sich immer Zeit genommen, wenn irgend etwas war oder wenn wir alle Vierteljahre nach Dresden fahren müssen, das ist damals wie heute geblieben."

Frage: ,,Wie waren Ihre Erfahrungen mit sonstigen Hilfsinstitutionen?"

Antwort: ,,Wir sind in der Interessengemeinschaft ,Cystische - Fibrose - Selbsthilfe e.V.`, dadurch werden wir eigentlich mit Neuerungen auf dem laufenden gehalten. Es gibt eine jährliche Mitgliederversammlung. Dort werden Referate Ärzten, Diätassistenten und anderen Spezialisten gehalten. Da werden viele Fragen beantwortet. In Dresden gibt es von Pysiotherapeuten das Angebot für Sportnachmittage. Dort kann man sich mit anderen Eltern mal austauschen. Unter dem Vorwand ,Wir sprechen heute mal über alles mögliche`, kommt man nicht zusammen. Es sind vielleicht Kleinigkeiten, die alle betreffen, aber eigentlich hat jeder sein eigenes Schema, seinen eigenen Tagesablauf und seinen eigenen Zeitplan. Die Sonderkindertagesstätte war sehr gut. Es war das Beste, was man hätte tun können. Ich würde es allen Eltern raten, wenn ihr Kinder Schwierigkeiten haben. Da ist eine intensive Pflege gegeben. Die Mitarbeiter sind alle ausgebildet und die Physiotherapie spielte für uns auch eine wichtige Rolle. Nach der Wende hat uns der Arzt viele Hilfsmittel,

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wie ein Inhaliergerät, Flutter, Pezzi-Ball und Desinfektionsmittel verschrieben. Es gab viele Anlaufschwierigkeiten, doch letztendlich hat es die Krankenkasse doch noch übernommen. Die Leute in den Altbundesländern haben in diesen Dingen einen ganz anderen Umgang, selbstbewußter könnte man wohl sagen. Sie sagen: ,Das haben wir zu kriegen!` Und fertig. Sagt zu uns einer nein, dann gehen wir erstmal mit gesenktem Kopf, anstatt mal auf den Tisch zu hauen."

Frage: ,,Was hat ihnen bei der Krankheitsverarbeitung geholfen?"

Antwort: ,,Man geht ja nicht davon aus, daß man ständig Angst haben muß. Die Angst kommt in dem Moment, wo man feststellt, sie hat irgendeinen Infekt. Angst hat jede Mutter, wir haben sie vielleicht intensiver mit dem Vorwand, jeder Infekt kann schwerwiegende folgen haben. Jede Mutter und jeder Vater stehen da und staunen, was die Kinder so fertig bringen, wenn die Kinder versuchen, ihnen eine Freude zu machen. Da gehen sie mit einer Energie und Freude ran, egal ob es gelungen ist."

Frage: ,,Wie hat sich ihr Leben durch die Krankheit verändert?"

Antwort: ,,Ich denke einmal schon, wir haben unser Leben in diese Richtung ausgerichtet. Ich kann nicht sagen, ich fahre jetzt irgendwohin, z.B. Zelten. Da würde ich hundert Pläne durchdenken, ob das überhaupt das Optimale ist. Genauso ist es mit Urlaubsplätzen. Die meisten denken, man ist überängstlich. Sie stufen das nicht so ein, selbst wenn sie es vielleicht sehen würden, kommt mit unter zum Ausdruck: ,Na, ihr übertreibt doch!` das dachten manche sicher schon oft, selbst im Familienkreis. Ich traue mir zum Beispiel nicht einmal bei großer Hitze baden zu gehen, da sie keine/kaum Widerstandskräfte hat. Es ist dadurch begründbar, daß sie ja ständig Antibiotika nehmen muß. Dies müssen wir als gegeben nehmen. Damit lebt man halt wie mit einem Handicap. Manchmal sind wir froh, wenn das Inhalieren erledigt ist. Das ist das Wichtigste. Sie muß zweilmal inhalieren. Früh und abends und das dauert seine Zeit. Diese Belastung ist für sie auch unheimlich - Schule, Inhalieren, turnen, Dehnungsübungen, Trampolinspringen, autogene Drainage. Bei anderen Kindern ist nur die Schulzeit anstrengend, danach haben sie kaum Verpflichtungen."

Frage: ,,Was würden Sie gern an andere betroffene Eltern weitergeben?"

Antwort: ,,Unsere Erfahrungen können wir bloß weitergeben. Spezielle Faustregeln gibt es kaum. Im Prinzip muß man mit allem, was einem gesagt wird skeptisch umgehen. Nicht alles was die Ärzte sagen und was in Büchern steht, darf man für bare Münze nehmen. Jeder muß seine individuellen Erfahrungen machen, zumal das Krankheitsbild sehr unterschiedlich ist."

Frage: ,,Hätten sie Interesse daran, mit anderen in Kontakt zu treten?"

Antwort: ,,Ja, so mal austauschen. Es muß ja nicht übertrieben werden, aber so auf platonischer Ebene. Warum nicht?"

Frage: ,,Wie schätzen Sie aus ihrer Sicht das Versorgungsangebot in der Region?"

Antwort: ,,Das Angebot ist gleich Null! Wichtig wäre eine Schwimmtherapie. Die Physiotherapie machen wir selbst und es gibt eine Gruppe in Dresden, dort werden wir angeleitet."

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Frage: ,,Wo sehen Sie Mängel, wo wünschen Sie sich noch mehr Unterstützung?"

Antwort: ,,Auf alle Fälle müßte die Möglichleit einer Schwimmtherapie geschaffen werden, damit ist sicherlich vielen geholfen. Man kann nicht immer bis nach Dresden fahren. Wir wissen, was unser Kind für eine Krankheit hat, aber die Mitbürger, wenn sie nicht betroffen sind, sagen ,Das ist bestimmt etwas ganz Schlimmes`. Schwierig wird es dann später für die Jugendlichen im Berufsleben, sobald sie ihre Krankheit angeben, werden sie behandelt, wie ,Aussätzige`, man macht einen großen Bogen um sie. Oder der Arbeitgeber denkt, das gibt Schwierigkeiten, also weg damit. Sie müßten schon eine gewisse Unterstützung erfahren, nicht eine Ablehnung. Schlimm ist es auch für die chronisch.kranken Erwachsenen, daß sie sehr hohe Kosten für Medikamente tragen müssen. 500DM im Monat sind da nichts. Warum immer zu Lasten derer, die eigentlich schon genug betroffen sind. Chronisch Kranke, ob nun Zuckerkranke oder andere, werden dafür noch einmal bestraft. Damit sie überhaupt eine Daseinsberechtigung haben, müssen sie sich ihr bißchen Existenz auch noch erkaufen."

3.2. Psycho-Soziale Betreuung

3.2.1. Mukoviszidose im Kindergarten und in der Schule

CF-kranke Kinder müssen genauso am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, wie andere Kinder auch. Kindergarten und Schule sind wichtige Erfahrungsräume für die Persönlich- keitsentwicklung und das soziale Lernen, deshalb dürfen diese nicht vorenthalten werden. Die betroffenen Kinder erkennen durch den Zusammenwirken in der Gruppe, daß sie einerseits das Gleiche tun können, wie ihre Kameraden auch, doch andererseits, daß sie bei Einiges nicht mitmachen können. So lernen sie auch ihr Selbstvertrauen zu stärken und die Verantwortung für ihre besonderen körperlichen krankheitsbedingten Bedürfnisse zu tragen. Jedoch bildet eine grippale und bakterielle Ansteckung im Kindergarten oder in der Schule eine größere Gefahr. Sowohl die Eltern, als auch die Kinder entwickeln Ängste vor Infektionen. Dennoch sollte den Kindern der Zugang zu solchen, für sie wichtigen, Einrichtungen nicht verbaut werden, sondern die Voraussetzungen für ein Leben in der Gruppe durch effektive Vorsorge geschaffen werden. Dazu zählen z.B. Grippeimpfungen, das Vermeiden von physischen und psychischen Streß und Unterstützung des Immunsystems. Für die positive Entfaltung des Kindergarten- und Schulbesuches ist eine Aufklärung der Erzieher und Lehrer über die vorliegende Krankheit unerläßlich. Dem Kind müssen Möglichkeiten für krankheitsspezifische Vorgänge eingeräumt werden (Inhalation, Ruhepausen, Tabletteneinnahme, Sekretlösung). Jedoch darf das Kind in der Gruppe keine Sonderstellung erhalten. Deshalb müssen auch die anderen Kinder in der Gruppe bzw. Klasse über die Krankheit aufgeklärt werden. Sie müssen wissen, das Mukoviszidose nicht ansteckend ist. Ein Problem, welches sich in der Schule bildet, sind die Fehlzeiten der CF-Kinder. Untersuchungen und intravenöse Therapien erfordern Krankenhausaufenthalte. Desweiteren sind diese Kinder häufiger krank und haben häufiger grippale Infekte als ihre Mitschüler. Das bedeutet, das sie öfter vom Unterricht fern bleiben. Diese Tatsache erfordert das Verständnis von Lehren und Schülern. Aus diesem Grunde sollte kein erhöhter Leistungsdruck von Seiten der Schule geübt werden. Mitschüler sollten ihren kranken Kameraden helfen und die Fehlzeiten der CF-Patienten sollte kein Anlaß für zu schnelle Schulabgänge und Nichtversetzten sein. Wenn der Verlauf der Krankheit jedoch massiv progrediant ist, dann kann, wegen der körperlichen Einschränkung, eine schulische Bildung durch einen Hauslehrer erfolgen. Die Kosten hierfür können dann vom Schulamt übernommen werden.

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3.2.2. Mukoviszidose im Jugendalter

Mit dem Beginn der Pubertät spitzen sich auch die Probleme und Schwierigkeiten zu, da eine Umbruchsituation eintritt. Das Finden der männlichen bzw. weiblichen Identität ist sehr schwer für die Betroffenen, weil sie oft zu dünn sind und ihre Geschlechtsmerkmale unterentwickelt sind. Dieser Aspekt gestaltet sich auch zum Problem unter Gleichaltrigen. Deshalb müssen anstehende Fragen über Sexualität, Verhütung und Partnerschaft offen diskutiert werden, besonders in Verbindung mit der Mukoviszidose. Eltern sollten daher ihren kranken Kindern im Jugendalter Klassenfahrten, Freizeitgestaltung, etc. je nach Gesundheitszustand erlauben, denn die Entwicklung der Persönlichkeit der Jugendlichen ist maßgeblich davon abhängig. Diese Zeit ist wichtig für das Erlernen der Eigenverantwortlichkeit für die Therapie und die Mitverantwortlichkeit für den Krankheitsverlauf. Diese Verantwortung ist ein wichtiges Element im Leben eines Mukoviszidose-Kranken und bestimmt den Umgang mit der Cystischen Fibrose auch im Erwachsenenalter.

3.3. Pressemitteilung (siehe Anhang)

Ich denke derartige Pressemitteilungen sind äußerst wichtig, denn damit wird die gesamte Bevölkerung mit der Krankheit vertraut gemacht. Man erfährt Hintergründe und kann sich somit ein Bild von den Strapazen einer CF-Familie machen. Sicher versucht man mit solchen Artikeln den Umgang mit Krankheitsbetroffenen zu erleichtern. Der eine oder andere bekommt vielleicht auch Mut und geht auf Mukoviszidosepatienten zu, da er zuvor nichts von der Krankheit wußte und auch nicht damit umgehen konnte.
Ich finde, Zeitungsberichte in dieser Form sollten öfter geschrieben werden, denn sie enthalten Problemthemen, denen wir im täglichen Leben begegnen. Um den richtigen Umgang mit Kranken oder Behinderten zu erlernen, genügen natürlich die Artikel nicht. Doch ich glaube, daß einige Menschen daraus lernen, mit solchen Problemen besser umzugehen.

4. Persönliche Meinung

Das Leben nach den ,,normalen" Prinzipien zu führen und so wie andere zu sein, ist nach meiner Ansicht bei CF-Patienten immer mit Hoffnung verbunden, eines Tages vielleicht doch über die Krankheit zu triumphieren. Was aber, wenn man diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden kann? Für die Gleichberechtigung und Akzeptanz des gesellschaftlichen, insbesondere des familiären Umfeldes entwickeln CF- Patienten eine sehr hohe Sensibilität. Eine nach außen hin positiv scheinende und optimistische Lebensweise kann allerdings im Inneren bereits einen Prozeß der Vereinsamung bergen und einleiten. In Gesprächen und Mitteilungen werden alle Anzeichen auf eine Nichterfüllung des ,,Normalseins" taburisiert, da im Unterbewußtsein stets die Angst vorhanden ist, die Hoffnung und damit auch die Kraft zu verlieren, mit der der einzelne Betroffene gegen diese heimtückische Krankheit kämpft. Wenn die Mukoviszidose als ,,lebenseinschneidende Tatsache" bezeichnet wird, so glaube ich, geschieht dies von den Erkrankten zu Recht, denn die Gedanken dieser Menschen begleiten dann stets Gefühle der Angst, Sorge, Ohnmacht, Trauer und die Ungewißheit über das, was kommen mag.
Mukoviszidose ist also ein Thema, welches die gesamte Familie beschäftigt. Doch es sollte darauf geachtet werden, daß es nicht versteckt oder überspielt wird, denn damit wäre niemandem geholfen. Dennoch ist es für alle sehr schwer die Diagnose zu verkraften. In meinen Recherchen habe ich festgestellt, daß sich viele Elternpaare für das Vererben der Krankheit auf ihr Kind schuldig fühlen. Manchmal macht sich auch die Verwandtschaft für

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das Auftreten der Vererbung verantwortlich. Doch kommt es auch vor, daß die Herkunftsfamilien von Mutter oder Vater die Erkrankung weit von sich weisen. Durch solche Vorkommnisse kann es passieren, daß sich die Betroffenen um so mehr durch Unverständnis allein gelassen fühlen. Ich denke, daß die Verwandschaft der Betroffenen gerade in schlimmen Zeiten Hilfe, Anerkennung, Verständnis und Unterstützung von medizinischer und psychologischer Seite erhalten müssen, um den Umgang mit der Krankheit zu ermöglichen. Um die Belastung der Mukoviszidose im Alltag zu bewältigen, bedarf es Geduld, Kommunikation, Aufmerksamkeit und vor allem Akzeptanz. Dies sollte sich jeder zu Herzen nehmen, denn niemand kann mit Gewißheit sagen:
,,Meinem Kind passiert das nicht!"

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Anhang

1. Bildmaterial

Abb. 1: Inhalationstherapie bei Mukoviszidose

Abb. 2: Atemübungen und Thorax-Mobilisation

2. Pressemitteilung

29. Mai 1996

,,Manchmal bin ich schon verzweifelt"

Thorben (Name geändert) spielt am liebsten Fußball, wie jeder andere 13jährige Junge auch. Dreimal in der Woche trifft er sich mit seinen Freunden. Doch wenn er nach Hause kommt, ,,fällt er um wie eine Fliege", sagt seine Mutter. Denn: Thorben hat Mukoviszidose. Die macht ihm das Atmen schwer, zehrt an den Kräften. Daß er im letzten Jahr schwer an Windpocken erkrankte, hat seine Lage noch verschärft. Er hat 15 Kg untergewicht, ist viel zu dünn.

Das letzte Jahr war für Barbara Solbach (Name geändert) äußerst anstrengend: ,,Alles, was der Junge gegessen hat, hat er auch ausgebrrochen." Sein Zustand war kritisch. Erst seit wenigen Wochen ist Thorben wieder so fit, daß er mitkicken kann. Aber auch jetzt hat die Mutter kaum zZeit zum Entspannen. Sie muß mit Thorben mehrmals am Tag inhalieren, ihn massieren.

Mukoviszidose ist die häufigste angeborene Stoffwechselkrankheit und ist bis heute unheilbar. Durch einen Gendefekt verstopft ein zäher Schleim eine reihe lebenswichtiger organe: vor allem die lunge, die Bauchspeicheldrüse, die Leber und den Darm. Der zähe Schleim in der lunge ist ein idealer Nährboden für Bakterien. Seit er fünf jahre alt ist, hat Thorben einen besonders aggressiven Keim in der lunge. ,,Pseudomonas aeruginosa" heißt er; für gesunde Menschen ist er ungefährlich. Bei Mukoviszidose-Kranke fördert er jedoch die fortschreitende zerstörung der lunge. Mit täglichen speziellen Atemtherapien, krankengymnastischen übungen und Klopftherapien hilft die Mutter, daß sich der Schleim lockert und thorben ihn besser abhusten kann. Nur so läßt sich das Fortschreiten der Mukoviszidose eindämmen.

Inhalationen und Massagen nehmen täglich mehrere Stunden in Anspruch. ,,Seit er ein halbes Jahr alt ist, geht das mit den täglichen Übungen so. manchmal ist das ein richtiger Kampf." Ganz schlimm war es, als er in den kindergarten kam, dann bei der Einschulung. Immer, wenn er sah, daß andere kider nicht wie er 30 und mehr Tabletten am Tag schluckten. Jetzt in der pubertät ist das wieder so. ,,Dann sagt er: ,ich will das nicht, laß mich bloß in Ruhe!` Geht in sein Zimmer und spielt mit dem Gameboy," gibt die Mutter seufzend zu. Natürlich versteht sie, daß im das tägliche getue auf die Nerven geht. Doch wenn Thorben die Therapie nicht einhält, rächt sich das. Die Lunge schafft zusehends weniger Sauerstoff in den Körper. Umso schlimmer, als der Junge auch noch allergisch gegen Gräser und Pollen ist. Die Allergie verengt die Atemwege noch zusätzlich.

Da Mukoviszidose nicht ansteckend ist, geht Thorben normal zur Schule. Und das sogar richtig gern. Doch wegen der aggressiven Lungenkeime muß er häufig ins Krankenhaus. Regelmäßig zur untersuchung, außerdem zwei - bis dreimal im Jahr für zwei Wochen zur Antibiotikabehandlung. Glücklicherweise trifft thorben immer die gleichen kleinen Mukoviszidose-Patienten im Krankenhaus wieder. Auch das Pflegepersonal und die Ärzte kennt er schon gut. Daher ist dann dort nicht alles so fremd.

Jetzt soll thorben zur Langzeittherapie nach Berchtesgarden. Er will aber nicht, weil er zwei Jahre lang 850 Kilometer weit weg von zuhause nicht allein aushält. Für die Mutter ist klar: ,,Wenn wir dort Arbeit fänden, wären wir schon längst dort. Aber mein Mann ist 52, wie soll er da eine Stelle finden?" Thorben soll erst einmal noch ein Jahr älter werden.

Nach der Geburt war Thorben noch ein unauffälliges Neugeborenes. Doch schon in den ersten Wochen übergab sich der Säugling laufend, bekam eine Bronchitis nach der anderen. Mit dreieinhalb Monaten Einweisung in die Kinderklinik. Dann die Diagnose. Barbara Solbach erinnert sich noch deutlich: ,,Ich habe dagesessen, wie der Ochse vorm Berg. Mein Mann war kreidebleich. Er war mitgekommen, denn wir ahnten ja, daß irgendwas nicht stimmt. Vier Ärzte waren da. Als sie sagten ,Nehmen Sie mal bitte Platz` wußte ich: Jetzt kommt´s!" Vorerst konnte sie aber gar nichts anfangen mit dem, was die Ärzte ihr so knapp mitteilten. ,,ich habe mich dauernd gefragt: Was ist das bloß, Mukoviszidose?"

Heute bewältigt Barbara Solbach die Krankheit von Thorben mit großer Selbstverständlichkeit. Wenn ihr alles zu viel wird, versucht sie wenigstens das zu erledigen, was sie bewältigt. Doch: ,,Manchmal bin ich schon am Verzweifeln." Zum Beispiel, wenn sie über das Unverständnis der Verwandten nachdenkt. Seit heraus ist, daß Thorben chronisch krank ist, lassen sich die meisten nicht mehr blicken. ,,Sie verstehen nicht, warum ich nachmittags auf den Knien sitze und den Jungen abklopfe!" Dabei kann fast jeder ein Kind mit der erbkrankheit bekommen. Immerhin trägt einer von rund 20 Deutschen das Gen, das für den Stoffwechselfehler verantwortlich ist. Er erkrankt selbst nicht und weiß nichts von dem Defekt. Doch wenn er und ein anderer Genträger ein Kind bekommen, das vom Vater und von der Mutter die Erbinformation erhält, bricht die Krankheit aus.

3. Fremdwörterverzeichnis

Amylase: Enzym für die Aufspaltung der Kohlenhydrate
Chymothrypsin: Enzym der Eiweißverdauung
Cystische Fibrose (CF) = Mukoviszidose
,,delta-F-508"-Variante: Variante der Genmutation
differenzialdiagnostisch: Unterscheidung zwischen mehreren Diagnosen
Fettmalabsorption: Verminderte Fettaufnahme im Darm
Fettstühle: sehr fetthaltiger Stuhlgang
Flutter: Atemgymnastikgerät
Heterozygot: mischerbig
Homozygot: reinerbig
Intestinaltrakt: Magen-Darm-Trakt
Kaukasische Rasse = weiße Rasse
Konduktor/-in: haben heterozygote Genotypen, enthalten das Merkmal, sind aber nicht
Merkmalsträger
Leberzirrose: Leberzersetzung
Lipasen: Enzymne der Fettverdauung
Maldigestion:
Mekonium: erste Stuhlgang des Neugeborenen
Mekoniumileus: Darmverschluß durch das Mekonium
Membranpathologie: Krankheitslehre der Membran
Pädiater: Kinderarzt
Pathologisches Protein: krankhaftes Eiweiß
Progredient: Zunehmend
Respirationstrakt: Atmungstrakt
Sekundenvolumen: Lungenvolumen, in einer Sekunde der Ausatmung
Sputum: Schleim in der Lunge
Thorax: Brustkorb
Trypsin: Enzym der Eiweißverdauung
Ventilationsmechanik: Atembewegung
Vitalkapazität: Lungenvolumen, welches nach maximaler Einatmung maximal ausgeatmet
werden kann
Zöliakie: Verminderte Aufnahme von Eiweißen

Quellen



Quelle(n) für dieses Referat: Bilderverzeichnis Seite 3: Genetik, S. 146, Abb. 146.2, Materialien für den Sekundarbereich II, Schroedel Schulbuchverlag, 1995 Seite 10: Gentherapie, Aktuelles aus den Biowissenschaften, Ein Arbeitspapier der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), ,,Biomax", Ausgabe 1, Herbst 1995 Bildmaterial: Abbildung 1 und 2: D. Kaiser, G. Ulrich / H.-J. Bartig / E. Wellendorf, G. G. Docker, H. Dittrich-Webber, Mukoviszidose, ,,Kommunikation zwischen Partnern", Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft - Hilfe für Behinderte, Band 208, 7. Auflage, 1995 Quellenverzeichnis Seite 1: Gedicht: Katharina Mrosek, Kristin Cappelle, 1995, ,,Mit Taten helfen", Christiane Herzog Stiftung Seite 11: Tagesablauf eines Mukoviszidose-Kindes, Arbeitskreis, leben mit Mukoviszidose (AKL), Mukoviszidose e.V. Bonn, 1997 Seite 12: Zitate: Mukoviszidose, ,,Kommunikation zwischen Partnern", Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft - Hilfe für Behinderte, Band 208, 7. Auflage, 1995 Seite 12 - 15: Interview: HTWS-Orojektbericht, Fachbereich Sozialwesen, Sozialarbeit mit Chronisch Kranken, Grundständiger Studiengang, WS 1994/95, 5. Semester, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Sozialwesen, Zittau/Görlitz (FH) Literaturverzeichnis - Bertelsmann Lexikothek Verlag GmbH, Gütersloh, 1990 - Biomax, Arbeitspapier der Max-Planck-Gesellschaft, München, Ausgabe 1, Herbst 1995 - Unterricht Biologie, Friedrich Verlag, Seelze, UB 167, 15. Jahrgang, September 1991 - Genetik, Materialien für den Sekundarbereich II, Schroedel, Schulbuchverlag 1995 - ,,Kommunikation zwischen Partnern", Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft - Hilfe für Behinderte, Band 208, 7. Auflage, Düsseldorf, 1995 - Leitfaden zur psychologischen Betreuung, Mukoviszidose e.V. Bonn - Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Mukoviszidose e.V. Bonn - ,,Mit Taten helfen", Christiane Herzog Stiftung für Mukoviszidose Kranke, Stuttgart 1997 Internet Verbände und Vereine: http://www.christianeherzogstiftung.de http://www.cf-bv.de http://www.cf-aktiv.de http://www.muko.net Medizinische Seiten: http://www.aerztezeitung.de/medizin/atemwege/mukoviszidose/ http://www.ruhr-uni-bochum.de/zilienlabor Private Seiten: http://www.mukoland.de http://www.wtal.de http://www.pil.ch http://www.andreas-huber.onlinehome.de http://mypage.bluewin.ch.schne_ma/ http://www.cysticus.de



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