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Interpretation „Threnen des Vaterlandes“ - Referat



„Threnen des Vaterlandes“
- Andreas Gryphius -
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Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr dann ganz verheeret!
Der frecher Völker Schar, die rasende Posaun,
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun
Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrat aufgezehret.

Die Türme stehn in Glut, die Kirch ist umgekehret,
Das Rathaus liegt um Graus, die Starken sind zerhaun,
Die Jungfraun sind geschänd't, und wo wir hin nur schaun,
Ist Feuer, Pest und Tod, der Herz und Geist durchfähret.

Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut;
Dreimal sind's schon sechs Jahr, als unsrer Ströme Flut,
Von Leichen fast verstopft, sich langsam fortgedrungen;

Doch schweig' ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest und Glut und Hungersnot:
Daß auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.

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Interpretieren Sie das Gedicht, indem Sie:

- vom Titel und dem ersten Gesamtverständnis ausgehen
- in einer textnahen Beschreibung und Deutung zeigen, wie das Thema inhaltlich
entfaltet und formal gestaltet wird
- berücksichtigen Sie in der anschließenden Wertung auch, in wie weit diese Gedicht
charakteristisch für die Epoche ist

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Die Menschen haben keine Kraft mehr, sind ausgelaugt und schwach. Das Land liegt in Trümmern und alles scheint verloren. Ähnlich muss es in der Zeit des 30- jährigen Krieges, der von 1618 bis 1648 in Deutschland wütete, ausgesehen haben.
Mit dem Gedicht „Threnen des Vaterlandes“ von Andreas Gryphius wird genau diese Situation beschrieben. Schon mit der Überschrift wird das Thema des Gedichtes verraten. Es handelt von dem Leid der Menschen und stellt metaphorisch das weinende Land und die Folgen der Zerstörung dar.
Das Gedicht, welches 1643 erschienen ist, ist in einer für den Barock typischen Form geschrieben – das Sonett. Es besteht aus insgesamt 14 Versen und 4 Strophen (zwei Quartette und 2 Terzetten).
In der ersten Strophe wird die Situation des Volkes beschrieben. Denn durch den Krieg ist das Volk kraftlos und hoffnungslos. Zerstörung und Gewalt werden in der nächsten Strophe beschrieben. In dem folgenden Terzett wird deutlich, dass der Krieg noch lange nicht vorbei ist und gipfelt in der letzten Strophe mit der Tatsache, dass die Menschen nicht mehr wissen wem und woran sie glauben sollen.
Prunk, Übertreibungen und Überladungen waren typische Eigenschaften für den Barock und das lässt sich auch an den Werken dieser Zeit feststellen. Viele Sprachliche Mittel zieren die Gedichte aus dieser Zeit. Auch in diesem Sonett sind sehr viele Bilder und andere sprachliche Mittel versteckt.
Schon im ersten Quartett ist die Rede von einem „Blut fetten Schwert“ und von der „donnernden Karthaun“. Damit beschreibt er die blutverschmierten Schwerter und die Geräusche, die entstehen, wenn Kanonen abgefeuert werden. Dieser Vers ist im Präsens geschrieben, also in der Gegenwartsform und weist darauf hin, dass der Krieg immer noch im vollen Gange ist. In dem darauf folgenden Vierzeiler wird durch Metaphern wie „die Kirch ist umgekehret“, „das Rathaus liegt um Graus“ und „die Starken sind zerhaun“ deutlich gemacht, welche Ausmaße dieser Krieg hat. Mit einer Klimax („Ist Feuer, Pest und Tod…“) wird das alles noch gesteigert und verdeutlicht. In der dritten Strophe, welche drei Verse besitzt, erkennt man durch den
zweiten Vers „dreimal sind's schon sechs Jahr“, dass der Krieg schon sehr lange dauert und noch kein Ende in Sicht ist. Dies verstärkt auch noch einmal das Elend und die Zerstörung, welche die Menschen durchlitten haben. Das schlimmste jedoch ist, dass die Menschen nicht mehr wissen, an wen und woran sie glaube sollen (Vers 2und 3).
Das lyrische Ich spricht einmal im Plural („Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr dann ganz verheeret!“, „als unsrer Ströme Flut“) und auf der anderen Seite im Singular („Doch schweig' ich noch von dem, was ärger als der Tod“).
Andreas Gryphius, der von 1616 bis 1664 lebte, verfasste das Sonett in der Zeit des 30- jährigen Krieges und kann deshalb alles sehr genau beschreiben, wie er das auch in den Versen 2 bis10 macht. Den ersten Vers kann man als Einleitung und die Verse 11 bis14 als Kommentar betrachten. Das lyrische ich tritt in den ersten Versen in den Hintergrund und beschreibt nur seine Situation. Erst ab Vers 12 ist eine Änderung zu erkennen. Plötzlich spricht es mit einem anklgenden Ton in der Ich- Form.
Mit diesem Gedicht lassen sich die Hauptmerkmale des Barockes sehr gut darstellen.
Das Lebensgefühl des Baroks ist zweigeteilt. Auf der einen Seite gilt der Spruch „Carpe diem“ (Nutze den Tag) und auf der anderen Seite der Spruch „Memento mori“ (Gedenke des Todes). Das bedeutet auf der einen Seite sind die Menschen sehr jenseits orientiert und glauben an ein besseres Leben nach dem Tod und dennoch haben sie Hoffenung und glauben an eine Besserung. Ein weiteres typisches Merkmal des Barockes sind die Übertreibungen und Überladungen. Auch in diesem Gedicht lassen sich viele Stilmittel finden. Viele ausdrucksstarke Adjektive („donnernde“, „Blut fette Schwert“), die Hyperbel „Von Leichen fast verstopft“ beschreibt die sehr vielen Todesopfer, die der Krieg forderte. Die These der ersten Zeile „Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr dann ganz verheeret!“ wird durch den letzten Vers „Daß auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen“ erklärt. Denn in den ersten Versen wird hauptsächlich auf den materiellen Schaden eingegangen, jedoch ist die Abwendung des Glaubens an die Kirche viel „verheerender“.
Dieses Sonett ist ein Antikriegsgedicht und hat heute noch viel Bedeutung und wird es auch in Zukunft haben, denn es wird immer irgendwo auf unsere Erde Krieg, Hunger, Zerstörung und Tod geben.









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Dieses Referat wurde eingesandt vom User: honeysun



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