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Industrialisierung und industrielle Revolution - Referat



Definition:
Industrialisierung
- Als Industrialisierung bezeichnet man die tiefgreifende und dauerhafte Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse


England als Mutterland der industriellen Revolution

- Im 18. Jahrhundert begann in England eine Entwicklung, die zu tiefgreifenden Veränderungen der Arbeits- und Lebensweisen der Menschen führte – man bezeichnet sie als Industrialisierung
Entstehungsbedingungen in Großbritannien:
- Vorausgegangene, lang andauernde Friedensperiode
- Einheitliches Wirtschaftsgebiet ohne innere Zollschranken
- Verhältnismäßig produktive Landwirtschaft
- Überschuss an Arbeitskräften
- Ergiebige Kohlevorkommen
- Flaches Gebiet, welches Binnentransport begünstigt
- Fortgeschrittener Überseehandel (insbesondere nach Nordamerika)
- Koloniebesitz, welcher Handel begünstigt
- Gut entwickelte Werkzeugmacherei
- Offene Gesellschaftsstruktur durch konstitutionelle Monarchie


Verlauf der Industrialisierung in Großbritannien

- Durch die genannten Faktoren erlebte der Handel in England im 19. Jahrhundert einen großen Aufschwung:
- So etablierte sich der Unternehmertyp der Händler und Kaufleute durch die oben genannten Gründe in England immer weiter, während dies auf dem Kontinent noch nicht so stark ausgeprägt war
- Vorläufer der Industrialisierung stellte eine Umstellung der Landwirtschaft dar, die gerne auch als „Landwirtschaftliche Revolution“ bezeichnet werden
- Bei der traditionellen Dreifelderwirtschaft lag immer ein Drittel der Felder brach, brachte also keinen Ertrag, da man jedes Jahr nur auf einem Teil des Feldes Sommer- und auf einem anderen Wintergetreide anbaute
- Ab 1760 wandte man vermehrt die Fruchtwechselwirtschaft an: bei dieser baute man auf dem selben Feld sowohl Getreide, als auch Früchte wie Kartoffeln, Rüben und Mais an
- Ebenso wurden Grundstücke der Gemeinde privatisiert, um sie effektiver nutzen zu können
- Hintergrund hierfür war eine steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln infolge des Bevölkerungswachstums
- Schließlich begann die industrielle Revolution dann als regionale Erscheinung rund um die Grafschaft Lancashire im Nordwesten Englands
- Dort entwickelte sich seit dem 16. Jahrhundert eine baumwollverarbeitende Textilindustrie, welche am Ende des 18. Jahrhunderts zur industriellen Produktionsweise überging
- Die Baumwollindustrie gilt als Vorreiter der gesamten industriellen Revolution und erreichte in den Jahren 1780 bis 1790 eine jährliche Wachstumsrate von mehr als 12%
- Techniken wie der mechanische Webstuhl, der 1764 entwickelt wurde, zur maschinellen Textilverarbeitung legten die Grundlage für eine deutliche Beschleunigung der Webarbeiten
- Als wichtigste Maschine der industriellen Revolution gilt jedoch die Dampfmaschine, welche die zu der Zeit bekannten Antriebskräfte ersetzten:
- statt Menschen und Tieren konnte man nun deutlich kostengünstiger und effizienter arbeiten
- Mit der Weiterentwicklung dieser durch James Watt kam die Industrialisierung erst richtig in Gang, konnte eine einzige Dampfmaschine schließlich mehrere hundert Arbeiter ersetzen
- Zuvor besaßen Dampfmaschinen nur einen Wirkungsgrad von bis zu 0,5 Prozent (der Rest der Energie ging also verloren), Watt’s Weiterentwicklung erreichte schließlich immerhin 3 Prozent
- eine weitere wichtige Erfindung der industriellen Revolution stellt die Dampflokomotive dar, die den Transport von Waren ungemein beschleunigte
- Die erste Dampflokomotive wurde 1814 gebaut, 1825 nahm die erste Eisenbahnlinie ihren Betrieb auf: Mit 39 km/h fuhren die Passagiere von Stockton nach Darlington
- Auch die Dampfschifffahrt wurde mit der Dampfmaschine ermöglicht: seit 1815 fuhren diese Dampfschiffe auf der Themse
- Um 1850 wurden bereits 70% des Transportaufkommens in britischen Häfen von Dampfschiffen übernommen
- Die zunehmende Verbreitung der Dampfmaschine führte schließlich in ganz Großbritannien zu einer intensiven Weiterentwicklung der Industrie
- So gab es Ende des 18. Jahrhunderts in England bereits mehr als 2000 Dampfmaschinen
- Neben anfänglicher Benutzung in der Textilindustrie wurde die Dampfmaschine dann auch im Bergbau, der Eisenproduktion und als Antrieb für Transportmittel wie eben die Dampflok genutzt
- Die zunehmende Verbreitung führte zu einem stark ansteigenden Verbrauch an Kohle und Eisen: Kohle für den Betrieb der Maschinen, Eisen zum Bau dieser
-
- Jahr - Kohle - Eisen
- 1780 - 6t - 0,15t
- 1816 - 16t - 0,4t
- 1840 - 42t - 1,5t
- 1850 - 50t - 2,0t
- 1870 - 112t - 5,9t


Soziale Frage

- Der Begriff „soziale Frage“ bezeichnet die sozialen Missstände, die durch die industrielle Revolution hervorgerufen wurden und also mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft entstanden sind
- In England traten diese Probleme bereits ab etwa 1760 ein, Deutschland folgte z.B. mehr als 50 Jahre später
- Die zwei größten Probleme der sozialen Frage sind:
o lang anhaltende Armut von großen Teilen der Bevölkerung (Pauperismus)
o Existenzunsicherheit von Bauern, Handwerkern und Co durch Verbreitung der Industrie
o Notlage wirtschaftlich schwacher Gruppierungen
- Verwendet wird der Begriff „soziale Frage“ seit etwa 1830, und beschrieb die durch zunehmenden Bevölkerungswachstum „Verelendung“ der Bevölkerung
- Zu den Gründen für die „soziale Frage“ zählt man heute das sich beschleunigende Bevölkerungswachstum, sowie auch die Folgen der Gewerbe- und Bauernfreiheit
- Durch die Klimaerwärmung im 18. Jahrhundert konnte man ab den 1780er Jahre sichere Ernten ermöglichen, die landwirtschaftliche Revolution ermöglichte noch größere Erträge
- Fortschritte in der Medizin erhöhten dazu die Lebenserwartung und verringerten die Kindersterblichkeit
- Beispiel: Pockenimpfung, verbesserte Chirgurgie (Operationen)
- Die Abschaffung der Grundherrschaft (Bauernbefreiung) klingt zwar gut, hatte für die Bauern jedoch auch eine Menge an negativen Folgen:
- Für diese mussten die Bauern nämlich noch alte Frondienste leisten und taten dies meist durch Abgabe von Teilen des eigenen Lands
- So lebten die Bauern nun auf kleinen Bauernhöfen, die durch diesen geringen Platz unwirtschaftlich waren
- Bauern verfielen dadurch in hohe Verschuldung und mussten so auch ihr letztes Land abgeben, sie standen nun also ohne Besitz und Sicherung der Grundbedürfnisse dar
- Durch die Auflösung der Zünfte kam es zu einer Gewerbefreiheit
- Immer mehr Handwerker eröffneten ihre eigenen Betriebe, durch das steigende Angebot sanken die Löhne
- Da sich die feudale Agrargesellschaft immer mehr in eine Industriegesellschaft verwandelte, konnten sich kleinere Wirtschaftsbetriebe nicht mehr gegen die Fabriken halten und gingen Pleite
- Die bestehenden sozialen Verknüpfungen gingen durch die Auflösung der sozialen Gemeinschaften wie der Großfamilie und die Bindung an einen Grundherrn verloren
-  Die Leute waren also mehr oder weniger auf sich alleine gestellt
- Die Landflucht (wie eben beschrieben) führte zu einem Überfluss an Arbeitskräften und damit (Angebot – Nachfrage) zu sinkenden Löhnen, dazu kam das Ersetzen vieler Arbeitskräfte durch die Maschinen
- Arbeitszeiten von 12 Stunden und mehr pro Tag sowie Sonntagsarbeit wurden von den Arbeitgebern erzwungen
- Dies war dadurch möglich, dass durch immer neu ankommende Landflüchtlinge ein sich weigernder Arbeitnehmer einfach gekündigt werden konnte, wenn er sich weigerte  Nachschub war ja genug gegeben
- So betrug das Durchschnittsalter (Nicht Mindest-!) bei Fabriken in Manchester zu diesen Zeiten bei gerade einmal 18 Jahren
- Es herrschte strenge Disziplin, Zuspätkommen halbierte den
Lohn für den Tag, Nicht-Erreichen des Arbeitsziels führte ebenfalls zu Lohnkürzungen
- Es gab keinerlei Kündigungsschutz, Unfallversicherung (die Dampfmaschinen führten zu vielen Verletzungen), keine freien Tage …
- Da ein Mann nicht mehr alleine die Familie versorgen konnte, kam es zunehmend auch zu Kinder- und Frauenarbeit, die Löhne sanken weiter
- Frauen wurden von Arbeitgebern dabei besonders bevorzugt, wenn es um feinmechanische Industrie ging und waren belastbarer als Männer, ebenso war ihr Lohn um einiges niedriger
- (auch heute beträgt dieser Unterschied ja immer noch um die 20%, das Problem ist also nicht neu)
- Kinderarbeit war zwar auf privaten Betrieben im landwirtschaftlichen Bereich schon bekannt, in Zuge der sich vervielfachenden Kohlenachfrage wurden sie aber auch besonders gerne eingesetzt:
- Sie konnte Kohle effizienter gewinnen, da sie kleiner waren und ermöglichten günstigere, da engere Kohleschächte
- Kinder arbeiteten ebenfalls bis zu 60, oder sogar 4 Tage pro Woche
- Dem Problem nahm man sich sogar teilweise an und verbot so 1833 z.B. in England Arbeit von Kindern unter 9 Jahren und mehr als 12 Stunden Arbeit pro Tag
- Obwohl die Arbeit von Kindern also genau so anstrengend wie die von Erwachsenen war, erhielten diese gerade mal durchschnittlich einen Zehntel des Lohnes
- Ähnliche Gesetze folgten dann weltweit, man führte immer häufiger eine Gewerbeaufsicht ein, die dies überwachte, was jedoch nicht wirklich half
- Dies alles führte zu der Verelendung, die ich eben schon kurz angesprochen hatte:
- Die Wohnbedingungen waren katastrophal: Oft gab es pro Familie nur ein Zimmer, die Betten waren fast dauernd besetzt, Wasser- und Abwasserversorgung gab es oftmals nicht
- Familienleben war so nicht mehr möglich, immer mehr Familien lösten sich auf
- Dies wiederum verschlimmerte die Lage nur weiter, Schulbildung war oft nicht mehr gegeben, Prostitution wurde immer häufiger, Leute hatten keine festen Wohnungen mehr, Mangel an Vitaminen und Medizin führte zu noch mehr Krankheiten
-  die Lebenserwartung sank wieder
- Demonstrationen wurden brutal niedergeschlagen, anstatt sich der Probleme anzunehmen


Lösungsversuche der sozialen Frage

- Arbeiterbewegung:
- Da gerade die Arbeiter ja die Leidtragenden der industriellen Revolution waren, waren es auch gerade diese, die als einige der ersten versuchten, die soziale Frage zu lösen
- Die frühen Industriearbeiter (Proletariat) teilten gemeinsame soziale, wirtschaftliche und politische Erfahrungen durch die Unterdrückung und Ausbeutung
- Da England auch als erstes die Industrialisierung durchlebte, bildeten sich dort auch die ersten Arbeiterbewegungen
- Bereits Ende des 18. Jahrhunderts gab es in England Zusammenschlüsse von Handwerkern und Arbeitern, die für bessere Arbeitsbedingungen und ein gleiches Wahlrecht für alle kämpften
- Da aber bis 1825 noch ein Koalitionsverbot herrschte, konnten solche Gruppierungen aber nicht öffentlich agieren
- Die Protestaktionen wie Streiks, Boykotts und Petitionen konnten jedoch keine wirklichen Erfolge erzielen
- Karl Marx und Friedrich Engels führten den gegründeten „Bund der Kommunisten“ an, der international auf den Missstand der Arbeiter hinwies
- Bekannt ist auch das Motto „Proletarier aller Länder, vereinigt euch“ als Grundlage der später kommunistischen Arbeiterbewegung
- Im deutschen Bund gründete Ferdinand Lassalle 1863 mit dem ADAV (allgemeiner deutscher Arbeiterverein) die erste Arbeiterpartei Deutschlands


Wichtige Schritte auf dem Weg zur Industrialisierung in Deutschland

- Deutschland um 1800: großer industrieller Rückstand
- rund 75% der Bevölkerung arbeiten in Landwirtschaft
- auch Textilien werden noch mit Spinnrädern u. Webstühlen produziert
- anders als in Frankreich oder England gab es noch klare Ständeordnung
- so gab es Zunftzwang für Handwerker, das Gildenwesen für Kaufleute und die Untertanung der Bauern unter die adligen Grundherren
- Merkantilismus füllte nur Staatskasse
 zielte nicht auf den freien Wettbewerb der Gewerke ab
- Adlige distanzieren sich von gewerblicher und kaufmännischer Arbeit
- wirtschaftlicher Aufschwung wurde erst durch Agrar- und Gewerbereform (1807/1811) ermöglicht
 gab jedoch Probleme mit einheitlichem deutschem Staat
- 39 souveräne Länder
- unterschiedliche Längen- und Gewichtsmaße
- keine einheitliche Währung
- durch Gründung von Deutschen Zollverein (1833/34) wurden Zollschranken beseitigt u. einheitlicher Binnenmarkt geschaffen
- Österreich gehörte diesem nicht an
- Nach England, USA und Frankreich: Mitte 1830er: auch in Deutschland industrielle Revolution in vollem Gange

- Preußen zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch Agrarstaat (in Städten kaum Fabriken)
- Preußisches Gesetz über Bauernbefreiung (1807): keine Anhängigkeit mehr von Grundherren  Bauern konnten Ablösesumme für Äcker nicht zahlen
 etliche Menschen zogen in Städte u. arbeiteten als billige Lohnarbeiter
- Risikobereite Unternehmer wurde außerdem mit „Subventionen“ und Krediten des Staates unterstützt
- Britische Ausfuhrverbote verhinderten Ankauf modernerer Maschinen
 Preußische Industriespionage in England, englische Fachleute wurden „angelockt“, Berufsausbildung von Technikern und Ingenieuren wurde verbessert
- So folgte 1835 die erste Eisenbahnstrecke (6,1km lang), jedoch wurden englische Lokomotiven genutzt
- Erste preußische Lokomotive kam 1841 zum Einsatz

Schwerpunkte und Zentren der deutschen Industrialisierung

- Lokomotiven und Eisenbahnen auch in Deutschland „industrielle Antriebskraft“
- Nach Bau der ersten Eisenbahn (s.o.) setzte stürmischer Eisenbahnbau ein (wirtschaftlich sehr attraktives Transportmittel)
- 1870 war deutsches Eisenbahnnetz bereits größer als englisches
- Anfangs stärker ausgeprägt: Güterverkehr (Kohle und Eisenerze; konnten so schneller zur Produktionsstelle transportiert werden
- Förderte somit Industrialisierung: hohe Transportkapazität förderte industriellen Kohle und Eisenerzabbau  Ausbau neuer Standorte für Eisen und Stahlproduktion und für Maschinenbau
- Schienenlegung forderte außerdem Roheisen und Arbeitskräfte
- Diese Zweige wurden in großen Fabrikanlagen miteinander verbunden = Zentren der Schwerindustrie
- Zusammen mit Textilindustrie bis Ende des 20. Jhr. große Bedeutung für Deutschland

- Um kleinen Firmen die Expansion zu ermöglichen, bildeten sich in Deutschland seit Mitte des 19. Jhr. immer mehr Aktiengesellschaften
- Durch Verkauf von Aktien konnten große Kapitalvermögen aufgebracht werden
- In Form der Aktiengesellschaft entstanden auch große Banken wie „Deutsche Bank“ und „Dresdner Bank“
vergaben Kredite an Unternehmen

- Deutschland in erster Phase der Industrialisierung Nachzügler, mit Wende zum 20. Jhr. setzte es sich an Spitze der zweiten Industrialisierungswelle
- Bereits im 19. Jahrhundert machten englische, amerikanische und deutsche Forscher geniale Erfindungen in den Gebieten Chemie und Stromerzeugung
- Deutsche Unternehmen entwickelten daraus technologische Verfahren, die Grundlagen für zwei Industriezweige waren
chemische Industrie und Elektroindustrie
- Durch sie erreichte Deutschland erstklassigen Weltrang




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