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Gryphius - Menschliches Elende - Referat



Gedichtinterpretation: „Menschliches Elende“

Der Tod und die Endlichkeit des Lebens, war während der Barockzeit, wie auch heute noch, vor allem durch den Dreißig Jährigen Krieg ein Thema, welches die Menschen in ihrem täglichen Alltag mehr als beschäftigt hat, wenn nicht sogar geprägt. So hielt es sich auch bei Andreas Gryphius, einem Dichter dieser Zeit, dessen Leben von Tod und Verlust geprägt war und seine Gedanken in vielen Gedichten, zum Beispiel in das „Menschliches Elende“ auf seine Art und Weiße zum Ausdruck brachte.
In diesem Sonett richtet sich ein lyrisches Ich mit seinen Ansichten gegenüber der Vergänglichkeit des Lebens und sieht diese als geltende Wahrheit an. Geprägt wird das Sonett durch viel Bildlichkeit, welche durch passende Adjektive erzeugt wird und einer Mischung aus Gedankengängen und Momenten äußerer Handlung.

Zuerst wird beschrieben wie Menschen beschaffen sind und wie leidvoll deren Leben ist. Die Flüchtigkeit des Lebens wird durch das Vergessen der bereits Toten deutlich gemacht mit der Schlussfolgerung, dass auch die eigene Existenz und alles was man sich geschaffen hat im Leben verschwindet. Es endet mit der Feststellung, dass alles vergänglich ist, selbst das eigene Sein.

Die Innere Handlung dominiert das Sonett, da durch die innere Handlung (Gedanken,
Überlegungen) das menschliche Wesen charakterisiert wird. Momente äußerer Handlung beschreiben einen Veränderungsprozess in der Natur, der aber wiederum verwendet wird, um analog innere Vorgänge zu veranschaulichen. Insgesamt ist das Gedicht sehr Gedankenlastig.

Schon im ersten Vers fragt sich das lyrische Ich: „Was sind wir Menschen doch?“ (Z.1) und beantwortet diese Frage selbst mit diversen Vergleichen mit verschiedenen Bildbereichen. Das Leben sei ein „Spielball falschen Glücks“ (Z.2), welcher für Verblendung steht, ein „Schauplatz herber Angst“ (Z.3), welcher sich wahrscheinlich auf den Krieg bezieht und ein „bald verschmerzter Schnee“ (Z.4), welcher die Vergänglichkeit des Menschen ausdrücken
sollen.

Die Aussage des zweiten Verses ist, dass das „Leben davon fleucht wie ein Geschwätz und Scherzen“ (Z.5) und der Mensch schon längst „in das Totenbuch der Großen Sterblichkeit“ (Z.7) eingetragen ist. Damit möchte das lyrische Ich die Flüchtigkeit des Daseins auf diesem Planeten bildlich darstellen.

„So muss auch unser Nam, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden“ (Z.11), dies ist die hauptaussage des vorletzten Verses, der die kurze Dauer der Errungenschaften des Individuums wiederspiegeln soll und ebenfalls die Hilflosigkeit, dass selbst die mächtigsten, einflussreichsten irgendwann in Vergessenheit geraten.

Daraus zieht sich auch der letzte Vers, welcher noch einmal klar macht, dass jedes Ding, dass „itzund Atem holt“ (Z.12) und alle welche „nach uns kommen“ (Z.13) vergehen werden, wie „Rauch von Starken Winden“ (Z.14). So sind nach Gryphius alle Lebewesen die vor uns, jetzt und nach uns leben werden dem gleichem unausweichlichem Schicksal geweiht zu sterben.

Gryphius übermittelt dem Leser seine, sehr düstere Sicht der Dinge, zwar sehr allgemein, aber doch deutlich durch eine gute Kombination von bildlichen Beispielen, äußerer und innerer Handlung.

Diese Angesprochene anfangs düster-melancholische, bedeutungsschwere Stimmung wird durch zahlreiche ausdrucksstarke Adjektive erzeugt. Da im Laufe des Gedichts aber die Zahl der Adjektive abnimmt, resigniert das zuerst anklagende lyrische Ich mehr und mehr, jedoch ist die Stimmung des Gedichts typisch für die barocke Weltsicht und entspricht der damaligen Realität.

Wie schon angesprochen wird das Gedicht vor allem am Anfang durch die negativen Adjektive geprägt, die eigentlich warme und mit positiven Aspekten verbundene Substantive wie der „Ball“ (Z.2), welcher mit Spaß und Lebenslust verbunden ist, zu einem „Ball des falschen Glücks“ (Z.2), welcher die vermeidliche Illusion des Lebens deutlich macht und eine melancholische, fast schon depressive Stimmung erzeugt, welche sicherlich Gryphius Ansichten wiederspielt, die für die Weltansicht der Barockzeit normal gewesen sind, jedoch für den heutigen Leser sehr gewöhnungsbedürftig sind.
Hingegen unterscheiden sich die nächsten beiden Strophen deutlich von der ersten, da sie durch immer seltener auftretende Adjektive weniger emotional geschrieben sind, dafür werden nun verhäuft aussagekräftige Substantive verwendet, wie „Totenbuch der großen Sterblichkeit“ (Z.7), „Sinn und Herzen“ (Z.8), „Nam, Lob, Ehr und Ruhm“ (Z.11), welche eine bedeutungsschwere Stimmung erzeugen.
Diese ebbt jedoch wieder gegen Ende ab, daher wird auch die letzte Erkenntnis der lyrischen Ichs sehr allgemein, nüchtern, eigentlich schon resignierend vorgetragen: „
Wir vergehen wie Rauch von starken Winden“.

Das anfangs starke emotionale Engagement des lyrischen Ichs ebbt ab, zum Ende resigniert das lyrische Ich scheinbar vor seinem Schicksal; Wodurch noch einmal die Hilflosigkeit und Verzweiflung des lyrischen Ichs klar gemacht wird.

Dem Aufbau des Sonetts entsprechend, beginnt das Gedicht mit einer These, eine Klage über die Verblendung und Elendigkeit des Menschen, hierbei wird im zweiten Terzett die Flüchtigkeit des Lebens hinzugesetzt, worauf in Strophe 3 auch die eigene Existenz als Folgerung verschwindet und in der letzten Strophe wird dies auf die Allgemeinheit ausgeweitet.

In der ersten Strophe des Sonetts klag das lyrische Ich über das Leben des Menschen und die mit ihm verbundenen negativen Erfahrungen in dem „Wohnhaus grimmer Schmerzen“, wohingegen in der zweiten These des zweiten Quartetts, das Leben als flüchtig und schnell vergehendes Momentum angesehen wird: „Dies Leben fleucht dahin wie ein Geschwätz und Scherzen“ , welches die erste Aussage mit dem Zusatz ausweitet, dass es nicht nur unerträglich ist, sondern auch nur einen Wimpernschlag andauert. „Auch unser Nam, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden“ (V.11), so endet die dritte Strophe, welche ergänzt, dass alles erreichte im Leben sinnlos war und nach dem Tod keinerlei Bedeutung mehr haben wird.
Das letzte Terzett greift ebenfalls die Vergänglichkeit des Körpers auf, welcher in Strophe 1 beschrieben wurde: „Was itzund Atem holt muss mit der Luft entfliehen“ (V.12), und die Sinnlosigkeit des Leben aus Strophe zwei; „Was nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehen“ (V.13) auf.
Im letzten Vers kommt die Synthese beider Ansichten, „Wir vergehn wie Rauch von Starken Winden“ (V. 14), welche eine mit beiden Ansichten übereinkommende Antwort auf die zentrale Frage des Gedichts liefert.

Gryphius erschafft durch den Aufbau des Sonettes eine Art Wiederspruch, welcher die Frage aufwirft wieso ein von solchem Elend geprägtes Leben nur so sinnlos sein kann.
Jedoch muss dies kein Widerspruch sein, sondern würde sich sehr gut ergänzen und mit der Ansicht zusammenpassen, dass das Leben vor dem Tod nur eine harte Prüfung vor dem Paradies ist.

Abschließend kann man sagen, dass Gryphius auf starke Leserlenkung setzt, welche dazu führt, dass der Leser die „Wahrheiten“ über das Leben, die in dem Gedicht aufgetischt werden, besser aufgenommen werden. Diese werden außerdem durch düstere, gut eingesetzte Adjektive verdeutlicht, welche eine starke Bildlichkeit erzeugen und die innere und äußere Handlung gut zum Ausdruck bringen.
Auch der durch die Sonettform erzeugte Scheinwiederspruch wandelt sich in eine verstärkte Bestätigung dieser Botschaft, das irdische Leben wird doppelt abgewertet, da es mühselig und leidvoll ist, aber letztendlich spurlos vorbeigeht und bedeutungslos bleibt.
Durch diese Mischung schafft es Gryphius Jahrhunderte später noch, den Menschen zum denken anzuregen, ob sein Leben, das Leben aller Menschen nicht nur ein sinnloses, monotones Dasein ist, welches durch Krisen, schlecht bezahlte Jobs und Krankheit geprägt ist. Sollten wir vielleicht uns nicht alle einmal überdenken und den Blick weg von Karriere und Stress richten und uns auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren: Unsere Innere Zufriedenheit und Erfüllung, ohne die wir zu Maschinen eines Systems werden, welches uns Tag für Tag aussaugt und doch nicht glücklich macht.



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