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Goethe - 5.Version - Referat



Thema
1796 wurden in Schillers Musenalmanach zwei Gedichte Goethes gedruckt, die motivgleich das Meer und die Schifffahrt zum Thema haben, in der Stimmung jedoch absolut konträr sind. Ihre Titel sind Programm: Meeres Stille und Glückliche Fahrt.

Meeres Stille

Tiefe Stille herrscht im Wasser,
Ohne Regung ruht das Meer,
Und bekümmert sieht der Schiffer
Glatte Fläche ringsumher.
Keine Luft von keiner Seite!
Todesstille fürchterlich!
In der ungeheuern Weite
Reget keine Welle sich.


Glückliche Fahrt

Die Nebel zerreißen,
Der Himmel ist helle,
Und Äolus löset
Das ängstliche Band.
Es säuseln die Winde,
Es rührt sich der Schiffer.
Geschwinde! Geschwinde!
Es teilt sich die Welle,
Es naht sich die Ferne;
Schon seh ich das Land!

In allen Goethe-Ausgaben sind beide Gedichte auf einer Seite zusammengestellt, da sie im Inhalt, im Rhythmus und in der Klangsymbolik eng verbunden sind. Das erste Gedicht beschreibt in acht Versen eindringlich eine Flaute auf dem Meer, die Luft bewegt sich überhaupt nicht und derSchiffer sieht sich mit Todesstille konfrontiert. Diese bedrückende Stimmung wird mit gleichmäßigen Hebungen und Senkungen im Vermaß des Trochäus (betont/unbetont im Wechsel) dargestellt, der Reim ist erst in der zweiten Hälfte regelmäßig. Obwohl sich die Lektüre beider Gedichte als Paar u.a. wegen des Effektes beim Vortragen anbietet, sollte der Leser genügend Zeit haben, um die ungeheure Weite des Meeres und die beklemmende glatte Fläche ringsumher adäquat nachzuempfinden. Auch Eckard Heftricht i verweist darauf, dass in der Gegenüberstellung beider Gedichte die Gefahr liegt, die kunstvolle Gestaltung des „Nichts“ in Meeresstille zu überlesen.
Im zweiten Gedicht begegnen wir Äolus, dem Gott der Winde. Er löst die Beklemmung, schickt säuselnde Winde und verhilft dem Schiffer zu Bewegung und glücklicher Fahrt. Diesmal sind es zehn Zeilen, in denen das Befreiungserlebnis geschildert wird, wiederum ist kein durchgängiges Reimschema vorhanden. Das Versmaß des Daktylus ist das Gegenstück zum Trochäus der Meeresstille. Mit einer Silbe Auftakt bestimmt der Schwung des Dreiviertel-Taktes die rhythmische Gestalt. Er macht das Gedicht „sogar sprachlich zu einem ganz bewegten Geschehen, in dem der eine Zustand, fast drängend und sich überstürzend, dem
nächsten weicht.“ ii
Die den Gedichten immanente Musikalität haben Komponisten wie Beethoven, Reichardt und Schubert zu Vertonungen angeregt. Zum besseren Verständnis der Inhalte und zur Vorbereitung auf einen Gedichtvortrag eignet sich besonders gut die Konzertouvertüre „Meeresstille und glückliche Fahrt“ D-Dur op.27 von Mendelssohn-Bartholdy. Im Adagio erlebt der Hörer in gedämpften, gestaut wirkenden Klängen eine elementare Ruhe, die allerdings bald auf irgendetwas hinzudeuten scheint. Man erwartet ein Ereignis. Da erklingt erst zaghaft, dann immer beschwingter werdend ein Flötensolo, es kündigt die Brise an. Das Tempo wechselt ins Molto allegro e vivace und nun wird das Einleitungsmotiv wieder aufgenommen, jetzt in punktierter Version. Dies ist eine kongeniale Übertragung der Metrik der Gedichte, das Adagio-Motiv entspricht dem getragenen Charakter des Trochäus, die sich anschließende Punktierung im zweiten Teil vermittelt, wie der Daktylus, eine muntere und fröhliche Stimmung. Schließlich signalisiert eine schmetternde Fanfare die glückliche Heimkehr. Doch auch Mendelssohn scheint die intensive Wirkung der Meeresstille gespürt zu haben, in den letzten drei Takten kehrt er in einem „geradezu suggestiven Diminuendo zur Stille des Beginns zurück.“

Dieses Referat wurde eingesandt vom User: Petchen



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