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Gedichtevergleich Mignon und Sehnsucht - Referat



"Mignon" - Johann Wolfgang von Goethe, 1795/96

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn
Im dunklen Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht' ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!

Kennst du das Haus? auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht' ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn!

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg, o Vater, laß uns ziehn!

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"Sehnsucht" - Joseph von Eichendorff, 1825

Es schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leibe entbrennte;
Da hab ich mir heimlich gedacht:
Ach, wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!

Zwei junge Gesellen gingen
Vorüber am Bergeshand,
Ich hörte im Wandern sie singen
Die stille Gegend entlang:
Von schwindelnden Felsenschlüften,
Wo die Wälder rauschen so sacht,
Von Quellen, die von den Klüften
Sich stürzen in die Waldesnacht.

Sie sangen von Marmorbildern,
Von Gärten, die überm Gestein
In dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondschein,
Wo die Mädchen am Fenster lauschen,
Wann der Lauten Klang erwacht
Und die Brunnen verschlafen rauschen
In der prächtigen Sommernacht.
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Gedichtevergleich: "Mignon" von Goethe und "Sehnsucht" von Eichendorff

Das Gedicht "Mignon" (1795/96) von J. W. von Goethe stammt aus der Romantik und thematisiert ebenso wie J. von Eichendorffs Gedicht "Sehnsucht", ebenfalls aus der Romantik, das Fernweh nach einen bestimmten Ort. Da beide Gedichte aus derselben Zeitepoche stammen und dasselbe Thema behandeln, ist es ein Grund, die beiden Gedichte zu vergleichen, doch auch, weil beide eine identische äußere Form haben. Beide Gedichte sind in drei Strophen unterteilt, wobei Eichendorffs Gedicht in einem Kreuzreim und Goethes Gedicht in einem Paarreim verfasst worden ist.

Die drei Strophen aus Goethes Gedicht "Mignon" umfassen jeweils sechs Zeilen, wobei die fünfte Zeile aus zwei Halbversen besteht. Die beiden letzten Zeilen einer Strophe bilden eine Art Refrain, der sich in jeder Strophe mit kleinen Veränderungen wiederholt. Die drei Reimpaare in jeder Strophe enden auf männliche Reime, und das Metrum ist durchgängig jambisch. Das Gedicht ist nicht schwierig zu verstehen, da die Sprache nicht zu gehoben gewählt worden ist, obwohl es in Hochdeutsch verfasst worden ist.
Das Thema dieses Gedichtes ist die Sehnsucht nach einem Ort, dabei wird die Stimmung sehr bedrückt und sehnsüchtig beschrieben. Die Beschreibung der Vegetation und der Architektur deuten daraufhin, dass es sich vermutlich um Italien handeln muss.
In der ersten Strophe wird der Ort nur allgemein beschrieben, das angenehme Klima, die Vegetation, dabei werden Farben und Hell-Dunkel-Konstraste sehr betont. Die zweite Strophe geht auf ein Haus ein, welches möglicherweise das Heim des lyrischen Ichs darstellen soll. Hierbei wird das lyrische Ich als "armes Kind" angesprochen und es wird auch angedeutet, dass irgendetwas Schreckliches passiert sein muss. Die dritte Strophe ist nun vollkommen anders. Bisher stand der ersehnte Ort im Mittelpunkt, nun handelt es sich um den Weg, der dort
hinführen soll. Wenn es sich bei dem ersehnten Land um Italien handelt, stellen die Alpen sicherlich ein Problem dar, doch auch die Drachen hindern die Reisenden dran, sich an ihren Zielort zu gelangen. Trotz alle dem bittet das Kind, das lyrische Ich, eindringlich, sich auf die Reise zu begeben.
Für die Person, die das Kind begleiten soll, fällt in jeder Strophe ein anderer Begriff. Einmal wird er als "Geliebter", mal als "Beschützer" und dann als "Vater" angesprochen. Wegen den ersten beiden Bezeichnungen kann man ausschließen, dass es sich hier nicht um den leiblichen Vater handelt, wahrscheinlich ist es ein Pflegevater, der sich nach dem angedeuteten Schicksal um das Kind kümmert.

Wie auch Goethes Gedicht umfasst "Sehnsucht" drei Strophen, hier jedoch mit acht Zeilen. Eichendorff verwendet hier durchgehend den Kreuzreim, wobei die Reimpaare alle auf weibliche Reime enden. Das Metrum ist unregelmäßig, doch meist ist der Daktylus oder Jambus zu erkennen. Auch dieses Gedicht ist in hochdeutscher Sprache verfasst, womit es einfach zu verstehen ist, worum es sich erstmal handelt. Außerdem weisen die Klangelemente auf ein zentrales Prinzip, die Textstruktur ist rhythmisch und klangvoll wie bei einem Volkslied, was auch bei Goethes "Mignon" der Fall ist.
Eichendorff benutzt viele Adjektive wie "einsam", "still", "heimlich", "dämmernd" etc. und prägt damit die melancholische Stimmung des Gedichtes. Durch die Verben "scheinen", "rauschen", "lauschen", "entbrennen" etc. werden uns die sinnlichen Wahrnehmungen und Gemütsregungen des lyrischen Ichs vermittelt. Auch bei diesem Gedicht handelt es sich um das Sehnen nach einen Ort, wobei erstmal nicht deutlich wird, um welchen Ort es sich handelt. Doch wenn man auf die Nomen wie "Marmorstatuen", "Gärten", "Palästen", "Brunnen" etc. achtet, erkennt man, dass es sich hier wahrscheinlich, auch wie bei Goethe, um Italien handelt.
Mit Italien wird hier aber nicht das reale Land Italien gemeint, sondern ein Land der Sehnsucht und der Poesie. In beiden Gedichten wird Italien als ein Symbol für die Sehnsucht verwendet.
Nicht nur die ruhige und romantische Natur, die das lyrische Ich umgibt, ruft das Verlangen nach der Ferne hervor, sondern auch der Gesang zweier Gesellen, die am Berghang vorbeiwandern. In den ersten beiden Strophen berichtet das lyrische Ich von seinen Eindrücken und Gefühlen, in der dritten Strophe wiedergibt das lyrische Ich nur den Inhalt des Liedes der Gesellen. Durch das "Ach" und den Konjunktiv: "Ach, wer da mitreisen könnte" (Z. 7) wird verdeutlicht, wie sehr sich das lyrische Ich sich nach der Ferne sehnt, es scheint aber, dass die Lebensumstände dem lyrischen Ich nicht zulassen, diesem Platz zu entfliehen. Vermutlich ist das lyrische ich eine alte Person, anders als Goethes "armes Kind", denn das lyrische Ich berichtet, dass es dem Gesang zweier "jungen Gesellen" lauscht. Dies wäre dann ein weiterer Grund, weshalb es dem lyrischen Ich nicht gelingt, auf Reisen zu gehen, sodass er versucht, durch die Reise in seinem Inneren seinem Leben zu entfliehen, Es gelingt ihm aber nicht ganz und so findet er sich am Schluss wieder zurück in der prächtigen Sommernacht.

Dieses Referat wurde eingesandt vom User: cheekily



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