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Franz Kafka - Der Aufbruch - Referat



Interpretationsaufsatz über die Parabel: „Der Aufbruch“

„Der Aufbruch“, ist sowohl der Titel, als auch Inhalt der Parabel von Franz Kafka aus dem Jahre 1936, dessen Hauptprotagonisten ein Herr und sein Diener sind, welche unterschiedlicher Meinung über den Plan des Herren ins ungewisse zu reisen. Hierbei entsteht ein Kommunikationsproblem, welches sich an dem aneinander vorbeireden der beiden Figuren in den Dialogpassagen wiederspiegelt.

Wie oben erwähnt sind die Protagonisten der der Herr, welcher auch der Ich-Erzähler ist und sein Diener.
Anfangs des Textes bittet der Herr, den Diener sein Pferd zu satteln, welcher aber nicht versteht wieso, daher macht der Herr dies selbst. Daraufhin hört dieser Trompeten blasen und fragt seinen Diener was das bedeute, welcher abermals keine Ahnung hat.
Als der Herr mit seinem Pferd am Tor ankommt, stellt sich der Bedienstete in den Weg und erkundigt sich wohin sein Herr reite, welcher als Ziel „Weg-von-hier“ angibt.
Daraufhin bemerkt er noch, dass der Reisende kein Essen mit sich trägt, doch dieser antwortet, dass er keinen Essen brauche und begründet dies mit einer philosophischen Aussage.

Kafka zeigt in seiner Parabel, was geschieht, wenn zwei Menschen mit unterschiedlicher Ansichten miteinander kommunizieren wollen und sich über eine kritische Thematik unterhalten.
Diese Intention wird vor allem durch die Dialogform unterstützt und ist daher gut in der Kommunikationsanalyse erkennbar.

Zwischen den beiden Hauptprotagonisten, die sich auf zwei unterschiedlichen Denk- und Sprachebenen befinden, was einen deutlichen erkennbaren Kontrast auslöst, herrscht ein Kommunikationsproblem, welches hauptsächlich durch die von dem ich-Erzähler geschilderten Dialoge aufgezeigt wird.

Schon in den ersten beiden Sätzen der Parabel wird klar, dass der Diener nicht mehr seine Rolle als nichthinterfragender Lakai erfüllt, da er den Befehl des Herrn sein „Pferd aus dem Stall zu holen“ (Z.1) nicht versteht und deshalb nicht ausführt, sondern er „selbst in den Stall“ (Z.2) gehen muss. Folglich handelt er nicht nach dem Willen des Herren, sondern nach seinem eigenen.
Desweiteren stellt sich die Frage ob der geistige Zustand des Herren sich von dem des Dieners unterscheidet und dadurch zu weiteren Kommunikationsschwierigkeiten führt.
Denn der Ich-Erzähler „hörte (…) eine Trompete blasen“ (Z.3), jedoch hatte sein Deiner „nichts gehört“ (Z.3), was darauf schließen lässt das diese „Trompeten“ (Z.3) nur eingebildet sind.
Dieser Unterschied in der geistigen Grundhaltung und dessen Auswirkungen auf die Kommunikation werden noch deutlicher als der Diener auf die fehlenden „Essensvorräte“ (Z.7) des Reisenden zu sprechen kommt, da der Herr diese rationale Frage nicht mit einer rationalen Antwort klärt, sondern eher philosophisch und irrational entgegnet, dass er keine Vorräte „brauche“ (Z.8), da „die Reise (…) so lang“ (Z.8) sei, dass er „verhungern muss, falls (er) auf dem Weg nichts bekomme“ (Z.9).
Ein weiterer Beleg ist die Antwort des Herren auf die Frage des Dieners „wohin (…) der Herr“ (Z.4) reite. Diese besitzt ebenfalls philosophischen Charakter, da er als „Ziel“ (Z.7) das „Weg-von-hier“ (Z.7) bezeichnet, welches auch als Grund der Reise verstanden werden kann und daher mehr Konfusion bei seinem Gesprächspartner erzeugt, als Klarheit.

Folglich lässt sich erkennen, dass der Diener im Gegensatz zu seinem Herren der Reise kritisch gegenüber steht und dies auch an seinen Handlungen und Aussagen zu erkennen gibt. Der Herr hingegen scheint meilenweit entfernt von der Ansicht des Dieners zu sein, was dazu führt, dass seine Antworten auf die Fragen von diesem meist nur schwer verständlich für seinen gegenüber sind und auch Zweifel an seinem geistigen Befinden aufkommen lassen.
Diese Kombination aus verschiedenen Meinungen und Sprache führt zu einer Kommunikation, welche gleichzeitig auf zwei völlig verschiedenen Ebenen abzulaufen scheint und dadurch auch eine gewisse Verwirrung beim Lesen erzeugt.

Die Geschehnisse werden von einem neutralen Ich-Erzähler geschildert, der keinen Einblick in seine Gedankenwelt zulässt und eher objektiv berichtet, hierbei bedient sich Kafka der szenischen Darstellung. Diese bewirkt, dass der Leser sich kritisch mit den beiden Ansichten der Protagonisten auseinandersetzen kann.

Die neutrale Haltung des Ich-Erzählers zum Erzählten zeigt sich an den wertfreien Äußerungen, die deutlich erkennbar sind, da keinerlei wertende Adjektive verwendet werden, um Handlungen oder Aussagen zu beschreiben, sondern alle chronologisch und neutral geschildert wird, z.B an dieser Textstelle: „In der Ferne hörte ich eine Trompete blasen, ich fragte, was das bedeutete. Er wusste nichts und hatte nichts gehört.“ (Z.2ff)
Desweiteren unterstützt er dies mit der szenischen Darstellung des Dialoges mit ihm und dem zweiten Protagonisten, welches durch Frage und Antwort aufgebaut ist: „´´Du kennst also die Ziel´´, fragte er. ´´Ja´´, antwortete ich“ (Z.6)

Dadurch wird ein kleiner Einblick in die Einstellung zum Geschehen der jeweiligen Person ermöglicht, welcher an sich sonst nicht vorhanden ist und lässt dem Leser des
weiteren die Möglichkeit unbeeinflusst die Aussagen zu bewerten.
Ob die Aussagen vom Ich-Erzähler richtig wiedergegeben sind lässt sich nur spekulieren. Zum einen sind die Geschehnisse zwar neutral geschildert, jedoch ist wie schon erwähnt, der geistige Zustand des Erzählers nicht vollkommen klar.

Die Semantik spielt in der Parabel eine wichtige Rolle, da sie die Aussage des Textes unterstützen und die Intention des Textes deutlicher macht und ein klares Bild im Kopf des Lesers erzeugt.
Außerdem unterstützt der parataktische Satzbau die unruhige und konfliktreiche Art des Textes.

Die semantischen Felder umschließen zwei Bedeutungsebenen, zum einen die des Aufbruchs, zum anderen die der Begrenzung.
Wenn man die Begriffe in chronologischer Reihenfolge betrachtet ergibt sich ein klares Sinnzusammenhang.
Zuallererst erst wird das „Pferd“ (Z.1) erwähnt welches überhaupt den Aufbruch erst ermöglicht und für eine schnelle und weite Reise steht. Hier wird auch klarer weshalb der Diener das Pferd nicht verweigert, denn er ist wie erwähnt gegen den Aufbruch des Herrn.
Als nächstes hört der Herr „Trompeten blasen“ (Z.3), welche möglicherweise nur in seinem Kopf existieren, da sie das Signal für den Aufbruch, welcher von dem Herren angestrebt wird und vom Diener ignoriert wird.
Nun kommt aber das erste Hindernis auf, das „Tor(e)“ (Z.4), welches die Grenze zwischen Dem alten, bekannten und dem neuen, ungewissen darstellt und von dem Diener „bewacht“ wird und ihn versucht davon abzuhalten aufzubrechen um sein „Ziel“ (Z.6) zu erreichen, welches als von dem Herrn als „Weg-von-hier“ (Z.7) bezeichnet wird. Dies macht deutlich, dass er keine genauen Punkt vor Augen hat, sondern einfach nur aus dem Alltag flüchten will, um eine „wahrhaft ungeheure Reise“ (Z.10) zu beginnen.
Der Diener könnte hierbei auch die innere Stimme in jedem von uns wiederspiegeln, die uns durch Einwende und bedenken von unserem Handeln abhält und uns nicht aus den alten Mustern ausbrechen lässt.
Zu guter Letzt wird der „Essvorrat“ (Z.9) angesprochen, welcher nicht vorhanden ist, folglich spiegelt er das Wagnis wieder welches man eingeht wenn man eine neue Herausforderung angeht, entweder man ist erfolgreich und wird unterstützt oder man scheitert. Dieser Bruch wird im Text folgendermaßen beschrieben: „die Reise ist so lang, dass ich verhungern muss, wenn ich auf dem Weg nichts bekomme. Kein Essvorrat kann mich retten“ (Z.9f).
Außerdem ermöglicht der parataktische Aufbau einen schnellen Lesefluss und macht den Text dadurch zwar äußerst kurz, aber lässt die gegensätzlichen Positionen dadurch herausstechen und verdeutlicht somit auch die Unruhe zwischen den beiden Protagonisten: „Ich befahl mein Pferd aus dem Stall zu holen. Der Diener verstand mich nicht“ (Z.1)

Der Text erhält durch die Symbolik erst seinen tiefgründigen und vielsagenden Charakter und bringt somit in Kombination mit der syntaktischen Struktur die Intention des Textes herüber. Ebenfalls zeigt er den Kampf zwischen dem Gedanken des Aufbruchs und der Stimme, die uns davon abhalten will und am Alten festhält.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Autor durch die beiden unterschiedlich denkenden Charaktere einen klaren Gedankenkonflikt heraufbeschwört hat, der sich durch die Kommunikation zwischen den beiden Figuren wiederspiegelt und durch die neutrale Erzählhaltung für den einzelnen Leser gut zu bewerten und analysieren ist.
Außerdem schafft die Semantik ein Bild im Kopf und verleiht dem Text einen gewissen Tiefgang, welcher zum Nachdenken anregt und im Zusammenspiel mit der Syntax eine authentische Atmosphäre erzeugt.

Kafka schafft es in seiner Parabel, den Leser zum Zweifeln an seiner eigenen Lebenshaltung anzuregen, da der Diener, welcher die Stimme des Einwandes und Zweifels in jedem von uns wiederspiegelt, aufzeigt, dass wir nicht immer auf unseren Kopf hören, sondern öfter unser Herz und unsere Träume in den Mittelpunkt stellen sollten, um somit eine gute Mischung aus Vernunft und Wagnis zu schaffen.



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