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Faust I - Nacht - Referat



Johann Wolfgang von Goethe arbeitete insgesamt ungefähr 60 Jahre seines Lebens an seinem bedeutendsten Drama namens ,,Faust''. Die frühsten Elemente der Tragödie, der sogenannte ,,Urfaust'' stammt bereits aus den Jahren 1774/75. 1808 erschien der vollständige erste Teil des Dramas, ,,Faust I''. Erst ein Jahr vor seinem Tod (1831) vollendete Goethe das Drama schließlich mit ,,Faust II''.
Der Tragödie erster Teil spielt in Deutschland um das 1500 Jahrhundert und handelt von einem verzweifelten Wissenschaftler namens Faust, welcher all seine Lebensfreude verliert, weil er nicht die vollkommene Erkenntnis über das, ,,was die Welt im innersten zusammen hält'' (V.) erlangen kann. Aufgrund dessen geht er eine Wette mit dem Teufel ein, welcher ihm seine Lebensfreude wiedergeben möchte. Im Gegenzug dazu erhält der Teufel namens Mephistopheles nach Fausts Tod seine Seele, sollte er die Wette gewinnen.
Das Drama weist trotz vielseitigen Themen zwei Schwerpunkte auf, die Gelehrten- und die Gretchentragödie.
Zu Beginn der Gelehrtentragödie wird Faust deutlich, dass er seine Wissbegierde nie stillen wird und bricht deshalb in seinem Studierzimmer psychisch zusammen und versucht sich der Geisterwelt zu zuwenden. Als dies jedoch auch misslingt, versucht der Universalgelehrte sich durch den Freitod von seinem Leid zu erlösen, Kindheitserinnerungen bringen ihn jedoch schließlich davon ab. Bei einem späteren Osterspaziergang trifft er auf einen Pudel, welcher sich später als der Teufel Mephisto entpuppt und ihm anbietet sein Diener auf Erden zu sein, wenn Faust dafür Mephistos Diener im Jenseits wird. Die Wette gilt als Gewonnen, wenn Mephisto es schafft, Fausts Lebensfreude zurück zu bringen. Die beiden beginnen eine Reise, auf welcher Mephisto versucht Faust zum Glück zu verführen. Nachdem dies zunächst scheitert, wird Faust in einer Hexenküche verjüngt. Nun beginnt die Gretchentragödie, denn frisch verjüngt trifft Faust nun auf der Straße zum ersten Mal auf die noch recht jung und unschuldige bürgerliche Margarete. Die beiden verlieben sich in einander und bei dem Versuch, die Mutter zu betäuben, damit diese das Schäferstündchen nicht mitbekommt, stirbt diese ungewollt. Gretchen wird schwanger, ertränkt jedoch ihr Kind und wird für den Mord an ihrem Kind verurteilt.

Um die gesellschaftlichten Auswirkungen der sündhaften Schwangerschaft zu verdeutlichen, tritt Gretchens Bruder in der Szene ,,Nacht'' erstmals auf und vertritt die Stimme des Volkes.
Nachdem Gretchen sich vergewissert hat, dass sie schwanger ist und zu der Schmerzgöttin Mater dolorosa betete, wusste auch ihr Bruder, dass sie sich verführen lassen hatte. Er ist auf der Straße vor Gretchens Tür, wo er einen Monolog führt, der von Mephisto und Faust unterbrochen wird. Er versteckt sich, belauscht Mephisto und Faust und entschließt, Faust für sein Vergehen umzubringen. Mephisto greift jedoch ein, indem er Valentins Arm lähmt und dieser daraufhin von Faust erstochen wird. Mephisto und Faust fliehen und schon bald ist das Volk um den sterbenden Soldaten Valentin versammelt. Gretchen kommt hinzu und stellt mit Entsetzen fest, dass ihr Bruder grade stirbt, während dieser sie lediglich vor dem gesamten Volk beleidigt und bloß stellt. Somit hat Gretchen mit ihrem Bruder ihre letzte Stütze in der Gesellschaft verloren und steht als schwangere Sünderin alleine dar.

Zu Beginn der Szene schwärmt Valentin davon, wie tugendhaft seine Schwester damals gewesen ist und wie stolz er war immer wieder anhören zu können, wie Gretchen auch von anderen gelobt wurde (,,Mit vollem Glas das Lob verschwemmt-... (V.2624ff.)). ,,Aber ist eine im ganzen Land, die meiner trauten Gretel gleicht, die meiner Schwester das Wasser reicht)'' (V.3631ff.), Gretchen stellte für Valentin das Idealbild einer Frau dar (,,Zier vom ganzen Geschlecht'' (V.3636)). Frauen sollen seiner Meinung nach repräsentierend für eine gute bürgerliche und traditionelle Erziehung sein, Durch Fausts Verführung hat sie ihre Tugendhaftigkeit verloren und Valentin macht sich sorgen, dass ,,jeder Schurke [ihn] (mich) beschimpft'' (V.3641), dass er also so lächerlich gemacht wurde, dass sogar Schurken sich über ihn lustig machen können. An dieser Stelle wird deutlich, dass es Valentin primär gar nicht um das Wohl seiner Schwester geht, sondern vielmehr um seinen eigenen Ruf, der durch Gretchen zerstört wird. Er kann nicht mehr das Ansehen der Gesellschaft erleben, welche ihm früher galt.
Plötzlich hört er, wie zwei Personen näher kommen. Er ahnt direkt, dass es sich hierbei um die Verführer seiner Schwester handelt. ,,Ist er's, gleich pack' ich ihn beim Felle, Soll nicht lebendig von der Stelle!'' (V.3649), Valentin möchte Faust als Rache für all den Spott den er wegen ihm ertragen muss töten. Er
tritt zurück und Faust und Mephisto beginnen sich zu unterhalten. Während Faust über die Nacht philosophiert, spricht Mephisto, als ob er Faust überhaupt nicht zuhören würde, über die anstehende Walpurgisnacht. ,,Ein bisschen Diebsgelüst, ein bisschen Rammelei'' (V.3659) plant Mephisto in dieser Nacht. Eine Aussage, die Valentin wahrscheinlich provoziert, denn er erkennt, dass seine Schwester nur eine von vielen ist, die auf die beiden hereinfallen. Faust ist währenddessen jedoch nur fokussiert auf Gretchens Fenster, wo er ahnt sie zu sehen. Mephisto versucht aber, ihn für die Walpurgisnacht zu interessieren und geht auf sein Gerede über Gretchen nicht ein, stattdessen singt er zu einem Zupfinstrument ein Lied, nach welchem Valentin wieder hervortritt. Er beginnt Mephisto zu beleidigen und ihn zum Teufel zu schicken (,,Zum Teufel erst das Instrument! Zum Teufel hinterdrein den Sänger!'' (V.3700f.)), dann zerteilt er Mephistos Zither und ,,nun soll es an ein Schädelspalten'' (V.3703). Er greift Faust an, doch plötzlich wird durch Mephistos Manipulation seine ,,Hand [ihm] lahm'' (V.3710). Faust nutzt die Gelegenheit und ersticht ihn, woraufhin Valentin zu Boden fällt. Schnell entfernen Mephisto und Faust sich und kurze Zeit später hat sich schon das Volk um Valentin versammelt. Gretchen kommt dazu und er beginnt, sie vor allen anwesenden als Hure zu beleidigen (,,Du bist doch nun einmal eine Hur''' (V.3730). Sie ist schockiert, doch er wirft ihr weiter vor, dass sie, wenn sie sich schon auf einen eingelassen hat, sich bald auf jeden einlassen wird. Das Kind, mit dem sie schwanger ist bezeichnet er abwertend als ,,Schande'' (V.3740). Uneheliche Kinder gelten in der Gesellschaft also als nicht ehrenwürdig und hässlich anzusehen, da sie sündhaft gezeugt wurden und das gegen die Norm spricht. Auch Margarete droht laut Valentin ein Abstieg in der Gesellschaft, denn niemand wird mehr etwas mit ihr zu tun haben wollen und sie behandeln wie eine ,,angesteckte Leiche'' (V.3753). Sie soll auch nicht mehr in die Kirche gehen, da sie durch ihre Sünden kein christliches Leben mehr führen kann und auch wenn ihr Gott verzeihen mag, die Gesellschaft wird sie ausschließen und nie wieder integrieren. Hier wird die Verachtung der Gesellschaft gegenüber Normverstoßen deutlich. Gretchen selbst bezeichnet sich als Schmach (V.3616), was zu jener Zeit bedeutete, dass ein bürgerliches Mädchen ,,gefallen'' war und alle diese mieden und verachteten. Das junge Mädchen lebt in einer Gesellschaft, die das Individuum nur dann trägt, wenn es nach Normen handelt, ansonsten wird man verstoßen. Valentin möchte ihr deutlich machen, wie abhängig man von der Meinung der Gesellschaft ist und man in einer kleinen Stadt nach einem solchen ,,Vergehen'' nicht mehr dazugehören kann.
In Valentins letzen Worten gibt er seiner Schwester zu bedenken, dass sie ihm den schwersten Herzensstoß gab, obwohl er grade von Faust erstochen wurde, der Schmerz den er durch Gretchen in Form von Spott ertragen musste trifft ihn härter, als der Stoß Fausts. Er stirbt ,,als Soldat und brav''. Auch in seinem letzen Satz verdeutlicht Valentin Gretchen noch einmal, dass er im Gegensatz zu ihr sündenfrei gelebt hat und deshalb nun bei Gott sein wird, was Gretchen jedoch niemals sein wird.
Valentin dient in dieser Szene somit als Vertreter des bürgerlich moralischen Denkens, welches sehr traditionell und christlich ist. Sein verletzter Stolz ist ihm wichtiger als seine eigentlich geliebte Schwester.




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