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Ein Kind - Thomas Bernhard - Referat



Ein Kind

zum Autor


Zunächst zum Autor Thomas Bernhard. Thomas Bernhard wurde am 9. Februar 1931 in Heerlen (Niederlande) als Sohn österreichischer Eltern geboren. Er wuchs bei den Großeltern mütterlicherseits auf (sein Großvater ist der Schriftsteller Johannes Freumbichler), Kindheit und erste Jugendjahre verbrachte er in Wien und Seekirchen am Wallersee, in Salzburg und Traunstein. Ab 1945 war er Schüler des Salzburger Johanneums; 1947 brach er die Schulausbildung ab und begann eine Lehre bei einem Lebensmittelhändler in Salzburg. Eine schwere Lungenkrankheit zwang ihn zu zahlreichen Krankenhaus- und Sanatoriumsaufenthalten Ende der 40-iger und Anfang der 50-iger Jahre. In diese Zeit fallen seine ersten lyrischen Versuche. 1949 starb der Großvater, 1950 die Mutter. 1952-57 studierte Bernhard an der Akademie Mozarteum in Salzburg und arbeitete als Reporter für das sozialistische “Demokratische Volksblatt”. Nach der Abschlußprüfung lebte er mit wechselnden Wohnsitzen als freier Schriftsteller. Seit 1965 war er Besitzer eines Bauernhofs im oberösterreichischen Ohlsdorf und lebte dort und in Wien. Bernhard starb am 12. Februar 1989 in Gmunden.

Mit diesem Bericht, der die Jahre von der Geburt in den Niederlanden bis zum Eintritt des Dreizehnjährigen in ein Salzburger Internat umfaßt, bescließt Thomas Bernhard seine Jugend Errinnerungen.

Der Tagesspiegel schrieb: “Die vorangegangenen Bücher seiner Jugendgeschichte hatten Titel und Untertitel, treffende, sachliche, aber auch kühle abstrakte:

Die Ursache. Eine Andeutung.
Der Keller. Eine Entziehung.
Der Atem. Eine Entscheidung.
Die Kälte. Eine Isolation.
Dieses letzte und zugleich erste Buch kann auf jede Erklärung verzichten: “Ein Kind”. Ganz einfach, menschlich; es ist vielleicht das schönste, das Bernhard geschrieben hat.”


Inhalt

Im Alter von acht Jahren tritt er auf dem alten Steyr-Waffenrad seines eingerückten Vormunds unter seiner Wohnung auf dem Taubenmarkt in Traunstein seine erste Runde. Bald darauf radelt er aus dem Taubenmarkt hinaus durch die Schaumburgerstraße auf den Stadtplatz. Nun faßt er den verhängnisvollen Entschluß, die nahe dem 36 km entfernten Salzburg lebende Tante Fanny aufzusuchen. Er stellt sich den höchsten Grad der Verblüffung seiner Großeltern und seiner Mutter vor. Das sein Können sein Vergehen oder gar Verbrechen auszulöschen imstande sei, daran zweifelte er nicht eine Sekunde. In einem beispiellosen Hochgefühl erreicht er Teisendorf, das durch seine Brauerei berühmt ist. Von dort an zieht sich der Weg und er zählt abwechselnd die Randsteine und Risse im Alphalt. Plötzlich reißt die Kette, verwickelt sich erbarmungslos in den Speichen des Hinterrades. Er selbst wird in den Straßengraben katapultiert. Mit Öl und Blut verschmiert, zitternd vor Enttäuschung, blickt er in die Richtung, in welcher er Salzburg vermutet. Immerhin, er hätte nur noch 12 oder 13 km zu überwinden gehabt. Erst jetzt kommt er darauf, daß er die Addresse seiner Tante Fanny gar nicht kennt. Er hätte das Haus im Blumengarten niemals gefunden. Er steht da und beneidet die vorüberfahrenden Autos, die von ihm keine Notiz nehmen.

Während er sich auf den Heimweg macht, bricht ein Gewitter aus. Völlig durchnäßt, erreicht er ein Gasthaus. Dort bekommt er etwas zu essen und zu trinken. 2 Burschen vom Gasthaus bringen ihn nach Traunstein, und setzen ihn auf dem Taubenmarkt vor der Haustür ab. Er lehnt das demolierte Rad gegen die Hauswand, und macht sich auf den Weg in das 4 km entfernte Ettendorf, wo er vor dem schweren Gang zu seiner Mutter, zu seinem Goßvater will. Denn der Großvater ist die Autorität, der sich jeder beugte, dessen Machtwort das erste und einzige ist. Zuerst erzählt er Schorschi, dem Enkelkind der Bauersleute, die ganze Geschichte. Am Morgen empfängt ihn der Großvater mit einem strengen Blick, gleichzeitig aber mit einem Händedruck. An der Hand seines Großvaters und neben seiner Frau geht er nach Traunstein hinunter. Zu Hause wirkt seine Mutter zwar wütend, sie erwähnt sein Vergehen aber kaum. Erst gegen Ende des Essens kommt sein Fall zu Sprache. Der Großvater verteidigt ihn:


Leseprobe

“Warum muß auch gleich immer die Polizei eingeschaltet werden?”sagte mein Großvater. Meine Eskapaden seien nichts Neues. Ich sei schon oft ausgeblieben. Und jedesmal wieder nach Hause gekommen. “Das ist ja das Geniale an ihm”, sagte er über mich, daß er etwas unternimmt, das andere nicht unternehmen. Das Rad kann repariert werden. Eine Kleinigkeit. Jetzt kann er wenigstens radfahren. Das sei ein Vorteil. Man denke nur, was ein Radfahrer alles erledigen könne. Du kannst nicht radfahren, ich kann nicht radfahren, sagte er zu meiner Mutter. Meine Großmutter konnte auch nicht radfahren. Emil (mein Vormund) ist nicht da, das Rad verrostet nur im Vorhaus.Im Grunde sei es eine geniale Idee gewesen, das Rad aus dem Vorhaus hinauszufahren und aufzusteigen. und dann gleich nach Salzburg! rief er aus. Wenn man alles in allem in Betracht zieht, eine ganz außerordentliche Leistung.

Nun schreibt Bernhard über einige andere Errinerungen seiner Kindheit.

Da seine Mutter nicht ihren Lebensunterhalt verdienen, und gleichzeitig bei ihm sein kann, muß sie sich von ihm trennen. Die Lösung ist ein im Hafen von Rotterdam liegender Fischkutter, auf welchem die Frau des Fischers sieben bis acht Pflegekinder betreute. Sie werden ein bis zwei mal wöchentlich den erscheinenden Müttern hergezeigt. Sie besucht ihn jeden Sonntag, denn die Woche über arbeitet sie als Haushaltshilfe. So verbringt er sein erstes Lebensjahr fast ausschließlich auf dem Meer.

Nach dem Hollandjahr reist sie mit ihm nach Wien, und gesteht ihren Eltern sein Dasein. Aus dieser Zeit hat er noch einige Bilder in Erinnerung. Fahrten mit einem Dreirad über ein abschüssiges Straßenstück oder Schlittenfahrten mit seinem Großvater. Im Alter von zwei Jahren fällt er von der Nähmaschine herunter, und erleidet eine Gehirnerschütterung. Aus diesen Wiener Jahren, welche so bitter waren für seine Familie, sind ihm nur Bilder bekannt, auf welchen er wohlgenährt ist und einen lebensfrohen Eindruck macht.

Der Aufbruch aus Wien auf´s Land nach Seekirchen kommt ziemlich abrupt. Vorerst wohnt er mit seinen Großeltern in einem Zimmer in der Bahnhofswirtschaft. Bald darauf ziehen sie in die Ortsmitte in ein altes Gebäude. Dort wird er zum ersten Mal mit dem Tod konfrontiert. Sein 4-jähriger Freund stirbt an einer unerklärlichen Krankheit. Tagelang geht er auf den Friedhof zur Wöhrlegruft, aber seine Bitten nützen nichts. Er sieht ein, daß seine Beschwörungen völlig umsonst sind.

Auch in der Ortsmitte wohnen sie nicht lange. Eines Tages pachten sie ein kleines einstöckiges Holzblockhaus in der Nähe des Hippinghofs. Manchmal verbringt er Wochen dort, schläft neben den Pferdenknechten mit seinem Freund Hansi. Um halb fünf Uhr stehen sie mit den Roßknechten auf und lernen so die harte Bauernarbeit kennen. Auch mit seinem Großvater ist er oft zusammen und macht Spaziergänge.

Auf dem Hippinghof lernt er die Strenge von Hansis Eltern kennen. Der Vater schlägt den Sohn bei jeder Gelegenheit mit einem alten Lederriemen, den er selbst 50 Jahre vorher von seinem Vater zu spüren bekommen hat. Trotzdem ist es ein Paradies. Eine Ohrfeige, ein Riemenschlag und die Sache ist erledigt.

Mit fünf Jahren geht er zum ersten Mal in die Kirche. Am besten gefallen ihm die Begräbnisse, denn er liebt die gedämpften Stimmen und das angemessene Schreiten. Und nach jeder Messe gibt es ein Würstelsuppenessen, das für ihn der Höhepunkt des Kirchenbesuches ist. Darum wünscht er, daß möglichst viele sterben sollen.

Der Direktor der Volksschule fragt seinen Großvater, ob er damit einverstanden ist, daß Thomas ein Jahr früher als vorgeschrieben die Schule besuchen darf. Der Großvater willigt sofort ein, warnt Thomas allerdings vor den
Lehrern. Später bereut er den früheren Eintritt in die Schule: Zuerst ist er der Lieblingsschüler der Lehrerin und hat immer gute Noten. Dann, als ein neuer Lehrer kommt, verschlechtern sich seine Leistungen. Mehr und mehr verliert er das Interesse an der Schule. Sein zweites Zeugnis ist bereits von mehreren “Genügend” verunstaltet. Nur deshalb, weil seine Großeltern mit ihm nach Traunstein in Bayern umziehen entgeht er der Schande in der dritten Klasse sitzenzubleiben. Der Grund für den Umzug ist die hohe Arbeitslosenrate in Österreich. Der Großvater ist mit dieser Entscheidung ganz und gar nicht erfreut.

Die schauerlichen Nachrichten, die aus dem Radio kommen, verdüstern seinen Großvater mehr und mehr. Es ist von Umbruch und Anschluß die Rede. Allerdings kann sich Thomas darunter noch nichts vorstellen. Er hört zum ersten mal das Wort “Hitler” und “Nationalsozialismus”. Von nun an ist die Zeit bei den Großeltern zu Ende. Vortan soll er bei seiner Mutter in einer Wohnung in der Schaumburgerstraße sein. Thomas kann nicht behaupten, daß er dort glücklich gewesen wäre. Auch seine Mutter macht einen verzweifelten Eindruck. Er kennt die Großstadt und das Leben auf dem Land, aber er hat noch nie eine Kleinstadt gesehen.

Seine Schulkameraden merken bald, daß er zugereist ist, und geben ihm von Anfang an den Spitznamen “Esterreicher”. Dieser Name ist durchaus abwertend gemeint, denn Österreich ist, von Deutschland aus gesehen, ein Nichts. Er hat eine Viertelstunde durch die Stadt zu gehen bis er zur Volksschule kommt. Genau gegenüber ihr steht ein Gefängnis, somit hat der Schulbesuch jedesmal etwas Dämonisches an sich. Er ist ein Außenseiter und dem Spott seiner Mitschüler hilflos ausgeliefert. Seine Schulkameraden haben teure Kleider, die seine Mutter sich nicht leisten kann. Auch das ist für sie ein Grund über ihn herzuziehen. Jeden Morgen geht er angstvoll in die Schule und verläßt sie weinend. Noch nie hat er einen solchen Zustand erlebt. Selbstmordgedanken kommen ihm.

Leseprobe: S.114

“Wenn ich nur sterben könnte!” war mein ununterbrochener Gedanke. Wenn ich an Seekirchen zurückdachte, schüttelte es mich vor Weinen. Ich heulte laut aus mir heraus, wenn ich sicher war, daß mich niemand hörte. Ich ging auf den Dachboden und schaute auf den Taubenmarkt hinunter, senkrecht. zum erstenmal hatte ich den Gedanken, mich umzubringen. Immer wieder streckte ich den Kopf durch die Dachbodenluke, aber ich zog ihn immer wieder ein, ich war ein Feigling. Die Vorstellung, ein Klumpen Fleisch auf der Straße zu sein, vor welchem jedem ekelte, war absolut gegen meine Absicht. Ich mußte weiterleben, obwohl es mir unmöglich erschien. “Vielleicht ist der Wäschestrick die Rettung?” dachte ich. Ich klügelte eine Konstruktion mit den am Dachbalken festgebundenen Strick aus, ich ließ mich geschickt in die Schlinge fallen. Der Strick riß ab, und ich stürzte die Dachbodenstiege hinunter in den 3. Stock. Vor ein Auto oder den Kopf auf das Bahngeleise. Ich hatte überhaupt keinen Ausweg.


Er schwänzt zum erstenmal die Schule. Er will nicht vor dem Lehrer treten, der ihn an die zehnmal auf die ausgestreckte Hand mit dem Rohrstock schlägt. Er wünscht nur noch eines auf der Welt: daß sein Großvater kommt und ihn rettet. Er fragt sich, wieso er denn in die Schule gehen müsse. Seine Mutter hat nie eine besucht, sie hat in ihrer Kindheit nur einen einzigen Lehrer gehabt: seinen Großvater, der sie zu Hause unterrichtete. Somit versteht er nicht, warum er zu den “Fabriken der Dummheit und des Ungeistes” -wie der Großvater die Schulen nennt- gehen müsse. Eines Tages erfährt seine Mutter, daß er die Schule schwänzt. Daraufhin greift seine Mutter zum Ochsenziemer. Sie schlägt solange ein, bis die Nachbarin kommt. Doch statt ihm zu helfen, beschimpft sie ihn als Unfriedenstifter, das ihn noch mehr als der Ochsenziemer wehtut. Kurz darauf muß er ein Mitglied des sogenannten “Jungvolks”, eine Vorstufe der “Hitlerjugend”, werden. Ungefragt muß er im Hof der Realschule mit einer Reihe von Gleichaltrigen vor einem sogenannten Fähnleinführer antreten. Das Jungvolk ist noch entsetzlicher als die Schule, bald hat er es satt immer die gleichen stupiden Lieder zu singen.

Eines Tages erscheint eine Dr. Popp bei ihnen und sagt zu seiner Mutter, sie würde ihn auf Erholung, in ein Heim tief im Wald, schicken. Die Mutter ist zwar nicht begeistert von der Idee, aber sie ist damit einverstanden, weil sie mit dem Jungen schon lange nicht mehr fertig wird. Als er dort ankommt, stellt sich heraus,daß es ein Heim für schwer erziehbare Kinder ist. Dort fühlt er sich noch isolierter als daheim. Die Erzieher sagen ein deutscher Junge weint nicht, aber er hat im Thüringer Wald fast nur geweint. Der Tagesablauf dort ist immer der gleiche. Am Vormittag marschieren sie feldauf, feldab, gegen Norden, gegen Süden, gegen Osten, gegen Westen. Am Nachmittag haben sie Unterricht in allen Volkschulgegenständen.

Als er wieder nach Hause kommt, hat er einen Bruder und zwei Jahre später eine Schwester. Beide werden von seiner Mutter mehr geliebt als er. Plötzlich verbessern sich seine Noten und er wird aus dem Gemiedenen auf einmal der Begehrte.

Einmal gewann er den 100 m Lauf, gleich darauf den 500 m Lauf. Bei der Ehrenrunde rutscht er aus und reißt sich das Kinn und die Stirn auf. Eine Nachbarin hilft ihm, und verbindet seine Wunden. Bereits am nächsten Tag ist er wieder überglücklich und genießt die Siegerehrung.

Von seinem Großvater bekommt er eine Geige geschenkt. Eigentlich will er gar nicht Geige spielen, aber sein Großvater sieht in ihm einen Geigenkünstler, und schickt ihn zum Geigenunterricht. Er erzählt ihm von den Großen Geigenkünstlern und Konzertsälen der Welt. Zwar liebt Thomas das Geigenspiel der anderen, aber sein eigenes haßt er.

Ein Inserat der Traunsteiner Zeitung ist die Ursache für eine Existenzwende: Sein Großvater liest in der Zeitung, daß eine hervorragende Handelsakademie in Passau ist.

Leseprobe: S.166

Aber schon als wir aus dem Bahnhof heraustraten, sagte mein Großvater , angeekelt von allem, das er bis jetzt von Passau gesehen hatte: “nein, keine Stadt für dich, Passau ist absolut nichts für dich.” Am nächsten Tag betraten wir auch noch die Handelsakademie. Und ich machte die geforderte Aufnahmeprüfung. Weil wir schon einmal da waren, aus keinem anderen Grund. Ich war jetzt dreizehn. Zwei Monate nach unserer Passaureise, als wir Passau längst vergessen hatten, waren wir noch einmal an diesen Alptraum erinnert worden: die Akademie teilte meinem Großvater mit, daß sein Enkel die Aufnahmeprüfung mit besonderer Auszeichnung bestanden habe. Mein Großvater griff sich an den Kopf und sagte: “wie gut, daß es nicht Passau ist, daß ich Salzburg für dich bestimmt habe.

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