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Effi Briest - Referat



„Die Ehre ist ein geistiger Besitz des Menschen. Ein Besitz, welcher erworben wird dadurch, dass man solche Handlungen tut, welche die Achtung der Welt verdienen.“
Geprägt wurde der treffend formulierte Ausspruch von dem deutschen Schriftsteller Max Haushofer, der in der literarischen Epoche des Realismus wirkte. Die Thematik der Wichtigkeit von Würde und Ansehen in der Gesellschaft im Realismus lässt sich auch auf den Gesellschaftsroman „Effi Briest“ übertragen. Theodor Fontane schrieb das Werk kurz vor seinem Tod und greift darin die Missstände seiner Zeit- die Unterdrückung der Frauen und den Drang, nach den Zwängen der Gesellschaft zu leben- auf.
In dem vorliegenden Textausschnitt kann der Rezipient die Ideale der Epoche deutlich erkennen.
Der betrogene Ehemann Geert von Innstetten fühlt sich gedemütigt und in seiner Ehre als Mann gekränkt.
Im Gespräch mit seinem Freund Wüllersdorf schildert der epische Held seine Gedanken. Unsicher, ob er es wagen kann, den früheren Liebhaber seiner Ehefrau Effi im Duell zu töten, bittet er Wüllersdorf um Rat und Hilfe.
Von dem Autor wird Innstetten als ein Mann mit festen Prinzipen, Disziplin und Ansehen vorgestellt. Eine indirekte Selbstcharakteristik hebt durch die Art und Weise der Argumentationsführung die Ansichten Innstetten`s hervor. Als geschätzter Ministrialrat sieht er in den Frauen einzig die repräsentative Funktion. Seiner Meinung nach besitzen sie nur wenig Rechte- es gibt keine Rechtfertigung für den begangenen Ehebruch: „Man spricht immer von unsühnbarer Schuld;…“(Z. 10-11).
Von dem angesehenen Innstetten wird erwartet, sich den Vorschriften des gehobenen Standes anzupassen. Effi`s Ehebruch ist unverzeihlich und führt bei dem betrogenen Ehemann dazu, dass er sich in seiner Ehre gekränkt fühlt.
Deshalb fühlt er sich gezwungen, Rache zu üben und seine Frau zu verstoßen, obwohl er sie noch immer liebt und ihr verzeihen möchte. Zu Wüllersdorf sagt er: „…ich bin so sehr im Bann ihrer Liebenswürdigkeit…“ (Z. 15/16), wodurch dem Leser bewusst wird, dass die Ehe des Paares gerettet werden könnte.
Doch schon bald darauf erfährt der Rezipient: „Aber im Zusammenleben mit den Menschen hat sich etwas ausgebildet, […] nach dessen Paragraphen wir uns gewöhnt haben alles zu beurteilen […]. Und dagegen zu verstoßen geht nicht […].“ (Z. 38-41) Herr von Innstetten will und kann sich nicht gegen die Meinung seiner Freunde und Bekannten wehren. Innstetten erkennt, dass die Zwänge der Gesellschaft ihn zu der unglaublichen Tat eines Mordes führen. Jedoch versucht er nicht, dagegen anzukämpfen, da sonst das Ansehen, welches er genießt, möglicherweise geschädigt würde.
Der Parallelismus „…das fragt nicht nach Charme und nicht nach Liebe und nicht nach Verjährung.“ (Z. 50/51) verweist auf die Hilflosigkeit des epischen Helden. Wie gern möchte er seiner Ehefrau Effi verzeihen, doch die Gesellschaft, der „Tratsch“ der Menschen um ihn herum- das alles fürchtet er, nicht ertragen zu können.
Somit verwirft der gedemütigte Ehemann sein Glück, seine Familie und beugt sich dem „tyrannisierende[m] Gesellschafts-Etwas“ (Z. 49). Die Hyperbel „tyrannisierende“ drückt die Verzweiflung eines Mannes aus, der weder aus noch ein weiß. Der gebildete Innstetten verachtet die Gesellschaft und den Druck, den sie ausübt. Auch der Neologismus „Gesellschafts-Etwas“ (Z.49) verstärkt diese Empfindung. Gegenüber Wüllersdorf bekennt er: „Jetzt nicht mehr, jetzt stecke ich in einer Sackgasse.“ (Z. 57) Diese Anapher unterstützt die Erkenntnis, dass es keine andere Lösung als die Rache an dem Liebhaber der Frau gibt, um die eigene Ehre zu retten.
Innstetten`s Argument bezieht sich folglich auf die Suche eines betrogenen Ehemanns nach Gerechtigkeit. Jene Begründung soll auch den geplanten Mord rechtfertigen. In Wirklichkeit empfindet der Ministrialrat keine Rachegelüste gegenüber Major von Crampas, dem Liebhaber seiner Frau. Seine einzige emotionale Motivation nach Rache ist, dass er „unendlich unglücklich“ ist. Die Assonanz verstärkt das Mitgefühl für den Adligen und ruft teilweise Verständnis für das geplante Duell hervor.
Das Geschehen liegt zu weit in der Vergangenheit, als dass es Innstetten tief berühren könnte. Für
ihn ist es fast „ wie ein Geschehnis auf einem anderen Stern“ (Z. 23/24), so vergleicht Wüllersdorf treffend. Der Vergleich zeigt die Distanz, die Innstetten zu dem Jahre zurückliegendem Geschehen empfindet, an. Seiner Auffassung nach ist es sogar eher so, dass „[sein] Unglück und, was schwerer wiegt, der Fleck auf [seiner] Ehre einen halben Mitwisser [hat]…“ (Z. 65/66).
Die Parenthese „was schwerer wiegt“ beschreibt kühl und sachlich die Wichtigkeit der Meinung anderer Menschen über ihn. Die Ehre und das Wissen, im Sinne der Gesellschaft zu handeln, nehmen gänzlich seine Gedanken und Ziele ein. Die Metapher „halber Mitwisser“ steht für den Freund Wüllersdorf- er weiß von „dem Fleck auf seiner Ehre“. Das Schlimmste für Innstetten wäre ein sozialer Abstieg. In den Kurzsätzen „ Ich habe keine Wahl. Ich muss.“ (Z. 51) bemerkt der Leser den Anflug von Nervosität: Einerseits ist sich Geert von Innstetten seiner Sache sicher, er glaubt die richtige Wahl getroffen zu haben, als er sich für die Rache entscheidet. Seine elliptischen Sätze wirken wie ein Beharren auf der Entscheidung, den ehemaligen Liebhaber Effi`s zu töten. Doch andererseits fühlt sich der Adlige trotzdem nicht wohl in seinem Entschluss und letztendlich sucht er die Schuld für die entstandene Situation bei sich: „ ich hätte mich besser beherrschen und bewachen, alles in mir verbergen, alles im eigenen Herzen auskämpfen sollen.“ (Z. 58-60) Die Klimax ermöglicht dem Rezipienten die Selbstzweifel des epischen Helden nachzuvollziehen. Ein weiteres Mal überwiegen die Selbstvorwürfe und eine glückliche Lösung scheint in Sicht. Doch schließlich entscheidet sich der betrogene Ehemann für das Duell. Dadurch ändert sich das Bild des disziplinierten, prinzipientreuen Ministrialrats. Innstetten besitzt nicht die Kraft nach seinem eigenen Willen zu leben: Seine Prinzipen sind identisch mit den Idealen der Gesellschaft und die Rückgratlosigkeit seinerseits begründen sich mit dem Correctio „…haben wir beständig Rücksicht zu nehmen, wir sind durchaus abhängig von ihm.“
(Z.28/29) Der Adlige unterwirft sich der Gesellschaft und akzeptiert den Druck, den jene ausübt.
Geert von Innstetten ist durch all seine Charaktereigenschaften als ein typischer Vertreter der Epoche des Realismus zu sehen.
Als dominierender Ehemann verkörpert er die Vorstellungen der Zeit, wird allerdings nicht glücklich damit.
Aus heutiger Sicht ist eine Situation wie diese kaum vorstellbar. Sicherlich gibt es noch Prinzipien, denen die Menschen sich unterwerfen müssen, sei es Höflichkeit, Respekt vor anderen oder der Kleidungsstil, doch diese sind kaum vergleichbar mit den strengen, festgelegten Idealen des Realismus.
Ich selbst kann die Zweifel der Hauptfigur in dem Textausschnitt nachvollziehen, hoffe jedoch für mich, dass ich nie so willenlos und demütig werde wie Innstetten, sondern meinen eigenen Wünschen und Träumen folgen und weitestgehend auf die Meinung anderer verzichten kann.

Dieses Referat wurde eingesandt vom User: schulgeist



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