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Die Politisierung der Kulturnation: Restauration und Vormärz - Referat



Das anonyme Flugblatt, Anfang März 1848 in Südwestdeutschland verbreitet, ist eine primäre schriftliche Quelle. Damit stammt es von einem zur damaligen Zeit lebenden Beteiligten. Dies garantiert eine unmittelbare Darstellung der Ereignisse, so wie der Verfasser sie erlebt hat.
Diese Quelle lässt sich in die Zeit der Märzrevolution 1848 in Deutschland einordnen.

Die Februarrevolution 1848 in Frankreich, ausgelöst durch hohe Brotpreise und krasse Selbstbereicherung des Adels, griff auch kurze Zeit später auf Deutschland über und gab somit noch einmal einen entscheidenden Impuls für den liberalen Nationalismus.
In diesem Zusammenhang entstand wohl auch dieses Flugblatt u.a. mit der Forderung nach mehr Freiheit und dem Aufruf zum Aufstand gegen die unterdrückenden Fürsten.

In den ersten Sätzen erwähnt der Autor die Völkerschlacht in Leipzig gegen die französi-sche Hegemonie unter Napoleon.
Die Völker hatten Napoleon besiegt, worauf die Fürsten ihren Völkern Freiheit verspra-chen.
Doch das Flugblatt macht deutlich, dass die Fürsten dieses Versprechen nicht eingehalten hatten und weiterhin die Freiheit ihrer Völker stark einschränkten.
Unterstützt wurde die Politik der Fürsten durch die Bundesversammlung in Frankfurt, weshalb der Autor betont, dass das Volk die Beschlüsse dieses Bundestages nicht befolgen muss. Desweiteren dient dem Schreiber des Flugblattes die französische Verfassung als Vorbild bei der Einführung der Freiheit in Deutschland.
Zusätzlich fordert der Verfasser Pressefreiheit, Glaubensfreiheit, allgemeine Volksbewaff-nung und Aufhebung der stehenden Heere sowie ein allgemeines Parlament.
Außerdem droht der Verfasser bei Nichterfüllen dieser Forderungen mit nicht weiter ge-nannten Maßnahmen, durch die das deutsche Volk diese Freiheiten und noch mehr (auch keine genauen Angaben darüber) erreichen könne. Zum Schluss stellt der Autor seine Zielvorstellung vor: ein vereinigtes Deutschland.
Mit diesem Flugblatt versucht er die Bewohner der deutschen Einzelstaaten zu einer Re-volution zu ermutigen, um das zu erhalten, was ihnen schon lange versprochen worden war: Freiheit und nationale Einheit.
Er spricht dabei bewusst den Sieg in der Schlacht von Leipzig 1813 an, um den Gedanken der nationalen Einheit wieder aufleben zu lassen.

Die historischen Hintergründe, die dem Flugblatt vermutlich zugrunde liegen, werde ich im Folgenden näher erläutern.

Mit dem Sieg gegen Napoleon und der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deut-scher Nation versprach sich das Volk die Umsetzung einer Nationalstaatlichkeit.
Doch der Wiener Kongress 1814 und 1815 beabsichtigte eine Restauration der Zustände vor der französischen Revolution 1789.
Die Legitimität der Fürsten wurde wieder mit dem Gottesgnadentum begründet und die Solidarität unter den Fürsten sollte dazu dienen, das revolutionäre Volk zu unterdrücken.
Aus diesem Grund wurde auch die „Heilige“ Allianz gebildet. Sie sollte gegen die revoluti-onären Bestrebungen vorgehen.
Der Deutsche Bund mit seinen lockeren Staaten ohne zentrale Exekutive stellte im Kern ein Defensivbündnis der Fürsten zur Erhaltung der inneren und äußeren Sicherheit dar.
Die Bundesversammlung als zentrale Institution des Deutschen Bundes wurde aus Sicht des Flugblattverfassers so zu einem Hemmnis der „geistigen Entwicklung“ (Zeile 7) der deutschen Nation. Dies trifft insofern zu, da die Fürsten entweder selbst zur Bundesver-sammlung erschienen oder eigene Vertreter dorthin schickten. In beiden Fällen wurde aber die Meinung der Fürsten vertreten, so dass das Volk in keinerlei Weise mitbestim-men konnte.
„Druck, Schmach und Schande“ (Zeile 5) wurden aber auch durch die Karlsbader Be-schlüsse 1819 als Reaktion auf das Wartburgfest 1817 hervorgerufen.
Der Auslöser für das Wartburgfest war der Sieg gegen Napoleon. Es wurde von fürstlicher Seite versucht, die Träger des Wartburgfestes, die Studenten und die Professoren, mit den Karlsbader Beschlüssen zu unterdrücken.
Aus Angst vor polizeilichen Konsequenzen zogen sich das Bürgertum und mit ihm viele der führenden Köpfe des liberalen Nationalismus in den privaten Bereich zurück.
Dieses Verhalten wurde als „bieder“ bezeichnet.

Erst 1832, Auslöser war die Julirevolution 1830 in Frankreich, flammte das nationale
Be-wusstsein wieder auf und das Hambacher Fest fand statt. Das politische Programm ähnel-te dem des Wartburgfestes, wobei man die antifranzösischen Motive wegließ und mehr Solidarität mit anderen Nationalbewegungen (z.B. in Polen) empfand. Da aber der Zulauf der Bewegung mit ca. 25000 Teilnehmern sehr groß war, wurden die Karlsbader Be-schlüsse aus Furcht vor weiteren Aktionen nochmals verschärft.
Die Forderungen nach mehr Freiheit, einem allgemeinen Parlament, der Aufhebung der stehenden Heere sowie einer allgemeinen Volksbewaffnung erreichten einen Höhepunkt im März 1848. Der Auslöser hierfür war zum einen die Februarrevolution in Frankreich 1848 mit der Abdankung des Königs Louis Philippe und der daraus folgenden Ausrufung der Republik.
Doch auch die ökonomischen Zustände in Deutschland waren dafür verantwortlich.
Außer der politischen Unterdrückung bestand eine ganz Europa bestimmende Verarmung, der Pauperismus, da das Überangebot von Arbeitskräften zu sinkenden Löhnen führte. Deutlich wird dies im Weberaufstand von 1844: 3000 Weber protestierten für bessere Bedingungen. Dieser Aufstand wurde von preußischen Truppen niedergeschlagen. Die Fürsten schienen also zu keinerlei Veränderungen bereit zu sein.
Verschlimmert wurde die Lage noch durch die Missernten 1847. Daraufhin wurde den Fürsten die sogenannten „Märzforderungen“ vorgestellt, in denen man unter anderem eine Verfassung verlangte. Das Flugblatt gibt gut diese Forderungen wieder und verfolgt das Ziel von einem „vereinigte[n] Deutschland“ (Zeile 22).
Die nationale Einheit soll zudem durch eine Nationalflagge „schwarz-rot-goldne [...] Fahne“ (Zeile 21) symbolisiert werden.
Abschließend kann man sagen, dass die Forderungen des Flugblattes aufgrund der revolu-tionären Ereignisse in Frankreich und der sozialen Not sowie der politischen Unterdrü-ckung in Deutschland entstanden.

Die in der Quelle genannten Ziele und Hoffnungen sind nur bedingt repräsentativ für die Strömungen der deutschen Nationalbewegung.
So vertritt das Flugblatt eher die Forderungen der Demokraten nach einem allgemeinen Parlament ohne König. Die gemäßigten Liberalen hingegen wollten mit dem sog. Zensus-wahlrecht das Volk nur bedingt an politischen Beschlüssen teilhaben lassen.
Die Grundidee der geistigen Entwicklung einer Nation war daher sehr repräsentativ für die damaligen Strömungen, die radikalen Forderungen, wie sie im Flugblatt genannt wer-den, wurden dagegen eher von Randgruppierungen erhoben.

Das Problem bei der Durchsetzung der revolutionären Ziele und Hoffnungen bestand da-rin, dass die drei Hauptgruppen der Bevölkerung (Besitz- und Bildungsbürgertum, Land-schicht, städtische Unterschicht) zu unterschiedliche Interessen verfolgten.
Man benötigte aber eine große Einheit, um derartige Ziele und Forderungen überhaupt durchsetzen zu können.
Desweiteren blieb das Problem bestehen, dass das Volk unbewaffnet war und gegen die Heere der Fürsten nichts ausrichten konnte.
Letztendlich hatte man keine klare Struktur vor Augen, einen Nationalstaat zu erschaffen, und die Erfahrung einen solchen zu führen fehlte auch.
Man war also auf das Entgegenkommen der Fürsten angewiesen, um eine Revolution, dann allerdings von „oben“, durchzuführen.
Als ein funktionierendes Beispiel sind hier die Preußischen Reformen, die von „oben“ erlassen wurden, zu nennen.







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