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Die Marquise von O.... - Referat



Die Erzählperspektiven in „Die Marquise von O....“, geschrieben von Heinrich Kleist, sind sehr eindeutig. Der Erzähler ist meist neutral. Er beschreibt die Handlung und das Verhalten der Figuren wie ein Chronist und gibt Ereignisse wieder ohne sie zu bewerten. Nur im Höhepunkt der Selbstfindung der Marquise ist das Erzählverhalten auktorial, da der Erzähler das Verlassen des Elternhauses bewertet und weiß, dass die Marquise durch die Entscheidung zur Selbstbestimmung ihre Identitätskrise überwunden hat.

Der neutrale Erzähler lenkt durch verschiedene Erzählmittel die Aufmerksamkeit des Lesers. Dazu gehören raffende Berichte durch lange Sätze sowie Weglassungen und Andeutungen.

Zudem werden die Figuren in ihrem Handeln beschrieben, was einen Verweis auf ihr jeweiliges Innenleben darstellt. Der häufige Wechsel von indirekter Rede und wörtlicher Wiedergabe unterstreicht die Bedeutung des Wiedergegebenen. Des Weiteren werden vorausdeutende Aussagen genutzt, die sich erst später in ihrer Bedeutung erschließen. Auf diese Weise wird vor allem deutlich, dass der Graf F. von seiner Tat weiß. In besonders wichtigen Augenblicken wird eine personale Erzählperspektive eingenommen. Dadurch wird die Innensicht der jeweiligen Figur deutlich und die Wertung des Geschehens wird aus ihrer eigenen Perspektive mitgeteilt.

Dieser Übergang vom neutralen zum personalen Erzähler ist sehr subtil und dadurch umso wirksamer. Der neutrale Erzähler hat dennoch eine große Nähe zu den Figuren besonders zur Marquise. Er nimmt immer wieder die Perspektive einzelner Figuren auf, scheinbar ohne aus seinem neutralen Erzählstil herauszutreten. Dadurch werden gegenüber dem Leser die subjektiven Ansichten der Figuren als Fakten dargestellt.

Die „Die Marquise von O....“ ist eine Novelle, in der von diskreter Verschlüsselung von Ortsnamen und Nachnamen als klassisches literarisches Werkzeug Gebrauch gemacht wird, um Wahrheitsgehalt zu suggerieren. Dadurch fühlt der Leser aktiv mit den Figuren mit. Die Haltung der Marquise dient dabei als spannendes Moment und der Leser fragt sich, wie sie dem gesellschaftlichen Druck durch die uneheliche Schwangerschaft begegnen wird. Ihre Motive sind vor allem der Druck, der von ihrer Familie ausgeht, der Schutz des ungeborenen Kindes sowie der innere Konflikt, der durch die unwissentliche Schwangerschaft ausgelöst wurde und nach einer Lösung verlangt.

Kleist wählte gezielt eine komplizierte Sprache mit vielen Hypotaxen und einem elaborierten Stil sowie Auslassungen, Ellipsen und Umschreibungen. Auf diese Weise werden die komplexe Situation der Marquise und das brüchige Weltbild widergespiegelt.

„Die Marquise von O....“ als Novelle der Gebrechlichkeit der Welt

Das Werk „Die Marquise von O....“ von Heinrich Kleist lässt sich recht eindeutig als Novelle klassifizieren. Darauf weisen einige Merkmale hin. Diese spiegeln teilweise ebenfalls das brüchige Weltbild der Marquise sowie Kleists wider.

Die Darstellung der Handlung ist sehr kurz gehalten. Durch eine starke Raffung der erzählten Zeit wird die Begebenheit von der Vergewaltigung der Marquise bis zum Familienleben des Grafen F. und der Marquise nach der zweiten Heirat kurz erzählt. Die Begebenheit der öffentlichen Bekanntgabe einer unwissentlichen Schwangerschaft und die darin geäußerte
Bereitschaft den Vergewaltiger zu heiraten sind ungewöhnlich und fesseln dadurch den Leser. Zudem ist die Erzählung durch viele überraschende Wendepunkte dramatisch. Dazu zählen die scheinbare Rettung der Marquise durch den Grafen, die Nachricht vom Tod des Grafen, die anschließende überraschende Rückkehr des Retters und sein drängender Heiratsantrag, die Schwangerschaft der Marquise und die daraus resultierende Verstoßung durch ihre Eltern, die Selbstfindung der Marquise und die Veröffentlichung der Zeitungsanzeige sowie die erneute Rückkehr des Grafen und die darauf folgende pflichtmäßige erste und freiwillige zweite Heirat.

Die Novelle thematisiert auch die tiefsten Probleme des Menschenlebens wie Vertrauensmissbrauch, Undurchsichtigkeit einer Lebenssituation, Schuld, Reue und Vergebung. Darin wird die Gebrechlichkeit der Welt, in der die Marquise lebt, verdeutlicht. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Identitätskonflikt und die Selbstfindung der Marquise.

Des Weiteren ist die Erzählung einheitlich organisiert, da sie erzählerisch größtenteils einen neutralen Erzähler aufweist und nur in entscheidenden Passagen ein personaler Erzähler einspringt. Die Form ist ebenfalls geschlossen, was durch die Einteilung in fünf Akte deutlich wird. Demnach ist „Die Marquise von O....“ wie ein klassisches Drama aufgebaut. In der Handlung wird alles Unwesentliche ausgeblendet. Dadurch wird ausschließlich die Haupthandlung in stark geraffter Form dargestellt.

Die straffe und einlinige Handlungsführung stellt die Krisen der Marquise, die durch die unwissentliche Schwängerung ausgelöst werden, in den Mittelpunkt. Der Handlungsbericht ist stark raffend und aus diesem Grund funktional auswählend. Es scheint, als würde der Erzähler von Höhepunkt zu Höhepunkt springen, was die Erzählung besonders spannend macht. Durch das pointierte Hervortreten von Wende- und Höhepunkten entsteht zudem der Eindruck einer rasanten Handlung. Auch der bewusst kunstvolle Aufbau trägt zur Klassifizierung als Novelle bei. Dieser ist durch den Skandal durch die Zeitungsanzeige, die anschließende Rückschau der Ereignisse und die Entwicklung hin zur Versöhnung gegeben.



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