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Andorra zusammenfassung - Referat



Andorra
Autor: Max Frisch
Verlag: suhrkamp
Gattung: Drama in 12 Bildern
Ort, Zeit der Handlung: Andorra, Uraufführung: 1961
Kurzinhalt:
Das Stück handelt von einem Dorf in Andorra. Die Bedrohung durch die „Schwarzen“, die Spanier, wächst zunehmend. Die Lage ist gespannt. Der Lehrer, ein Säufer, hat mit einer Spanierin ein Kind, was allerdings als das schändlichste in diesem Dorf angesehen wird. Aus Feigheit vor den Anderen, überlegt er sich eine Lüge und er gibt seinen Sohn Andri für einen Juden aus, den er an der Grenze zu Spanien vor den antisemitischen Spaniern gerettet hat. Er sagt niemandem die Wahrheit, auch nicht seinem Sohn.
Dieser wird von allen Dorfbewohnern ausgeschlossen. Es gibt für diese Handlungen zwar keinen Grund, aber das Leben wird ihm erschwert. Ständig machen sie ihn auf seine „jüdischen“ Eigenschaften aufmerksam, und Andri glaubt schon selbst, dass er ein Jude sei, und er nimmt das ihm geschilderte jüdische Verhalten an. Trotz der Probleme gelingt es Andri, das Leben zu bewältigen. Doch als er sich in die Tochter des Lehrers, also seine Ziehschwester verliebt und die beiden heiraten wollen, erlaubt es der Lehrer nicht, da er ja weiß, dass die beiden Halbgeschwister sind. Andri glaubt, dass der Lehrer ihm seine Tochter wegen seiner jüdischen Abstammung nicht zur Frau geben wolle. Daher schleicht er vor das Zimmer der Barblin, wie seine Verlobte heißt, und schildert ihr seine Fluchtpläne. Doch bald merkt er, dass der Soldat, der schon lange ein Auge auf Barblin geworfen hat, in ihrem Zimmer ist. Andri glaubt, dass Barblin ihn betrogen hat, doch sie wurde nur vergewaltigt. Nach diesen Ereignissen verliert Andri sein Vertrauen in seine ganze Ziehfamilie. Da kommt Andri’s Mutter, die Spanierin in das Dorf. Sie und Andris Vater wollen ihm die Wahrheit sagen, und sie hoffen, dass sich dadurch auch die Situation Andris verbessert und dass er nicht mehr ausgeschlossen wird. Andri glaubt den beiden die Geschichte nicht, und auch der Pater scheitert bei seinen Vermittlungsbesuchen. Andri greift aus Eifersucht den Soldaten an, wird dann aber brutal niedergeschlagen. Währenddessen wird die leibliche Mutter Andris ermordet und Andri wird für die Tat beschuldigt. Doch bevor diese Angelegenheit geklärt werden kann, fallen die Spanier in Andorra ein. Sie treiben alle Bewohner auf den Dorfplatz zusammen, um eine Judenschau durchzuführen. Jeder muss ein schwarzes Tuch über sein Gesicht ziehen. Da behauptet der Judenschauer, dass Andri ein Jude ist, und bevor er sich wehren kann, wird er ermordet.
Die Personen:
Andri: Er ist ein sehr intelligenter Junge, der sich aber von der Meinung der Leute beeinflussen läßt und sich immer mehr wie eine Jude verhält. Er liebt seine eigene Halbschwester, doch er weiß nicht, dass sie es ist. Mit der Zeit beginnt er an seinen Fähigkeiten zu zweifeln und er wird von Hass gegen de Andorraner erfüllt.
Barblin: Ein schönes junges Mädchen, welches am Anfang auch nicht weiß, dass Andri ihr Bruder ist. Doch sie glaubt die Geschichte, die der Vater und die spanische Frau erzählen. Sie wird auch von einem Soldaten geliebt, der sie einmal vergewaltigt. Nach Andris Tod durch die Spanier hat das Leben für sie keinen Sinn mehr.
Die Mutter: (gemeint ist die Ziehmutter) Sie greift eigentlich nie wirklich in das Geschehen eine und ist ein verständnisvolles Mitglied der Familie.
Die Senora: Sie ist eine sehr liebenswerte Frau. Ihr Auftritt im Stück ist aber wegen ihrer Ermordung eher kurz.
Der Pater: Er gibt sich viel Mühe, Andri bei seinen Problemen zu helfen. Sonst hat auch er eine eher kleine Rolle.
Der Soldat: Er ist ein Konkurrent Andris, da auch er Barblin liebt. Er sorgt immer für Spannungen zwischen den Personen. Er ist aber gewillt, für sein Vaterland zu sterben. Sein Leitspruch: „Besser tot als untertan“.
Der Wirt: Er weiß immer alle Neuigkeiten, da er ja an der Quelle sitzt. Er sorgt für Aufsehen, als er die Senora, eine Spanierin, in seinem Gasthaus aufnimmt und ihr ein Zimmer gibt.
Der Tischler: Er ist Andris Lehrherr. Er läßt ihn zwar nicht Tischler werden, doch er setzt ihn im Verkauf ein, weil er meint, dass Juden die besten Kaufleute sind.
Der Doktor: Er gibt die eine oder andere antisemitische Bemerkung von sich. Er wird von allen anerkannt und seine Meinung hat Gewicht.
Der Geselle und der „Jemand“: Sie sind beide Randfiguren. Der Geselle versucht Andri zu helfen, indem er ihn im Fussballklub aufnimmt. Der Jemand ist wegen seiner kritischen Bemerkungen sehr wichtig. Er ist ein sehr fröhlicher Mensch.
Es gibt noch weitere Personen, die zwar für die Handlung wichtig sind, aber die nie etwas von sich geben. (der Judenschauer, der Idiot, die schwarzen Soldaten)
Was will der Autor mit der Geschichte sagen:
Der Autor versucht aufzuzeigen, wie sich das Gewissen und das Verhalten eines Menschen verändern kann, wenn man ihm etwas einredet. Ausserdem will er mitteilen, wie man jemandem etwas einreden kann und ihn nur wegen eines Vorurteils (das sich später ja als falsch herausstellt) schlecht behandeln kann.
Sprachliche Mittel:
Der Autor nimmt sehr stark auf die Sprache der einzelnen Leute Rücksicht. Er läßt zum Beispiel den Doktor sehr gewählt sprechen, der Tischler hingegen spricht eher primitiv. Der Autor setzt so die ihm zur Verfügung stehenden sprachlichen Mittel sehr stark ein.
Meine Meinung:
Am Anfang ist das Stück eher verwirrend, doch mit der Zeit erhöht sich die Spannung. Das Drama regt auch zum Nachdenken an. Insgesamt ist es meiner Meinung nach ein gutes Stück, dass ich auch gerne mal auf einer Bühne sehen würde.
Der Autor:
Max Frisch war ein Schweizer Schriftsteller, er wurde in Zürich am 15.5. 1911, geboren und er starb am 4.4. 1991. Ursprünglich war er Architekt. Seine Dramen zeigen anfangs Einflüsse von Bernhard Brecht; Er schreibt oft gleichnishaft über Gegenwartsprobleme, z.B. in »Nun singen sie wieder« (1946), »Herr Biedermann und die Brandstifter« (1958, als Hörspiel 1956) »Andorra« (1961). Stücke, die vor allem Identitätsprobleme bearbeiten: (»Stiller«, R., 1954; »Homo faber«, R., 1957; »Mein Name sei Gantenbein«, R., 1964; »Biographie. Ein Spiel«, Dr., 1967). Ausserdem schrieb er Tagebücher. Er erhielt 1958 den Georg-Büchner-Preis und 1976 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels.
Max Frisch's Andorra
Also, etwas über den Inhalt von "Andorra", dem Meisterstück des kürzlich verstorbenen Schweizer Autors Max Frisch zu sagen, wäre Eulen nach Athen zu tragen. Die Parabel gegen Fremdenhass, Gewalt, Vorurteile und Kleinmütigkeit ist wohl eine der erfolgreichsten und aktuellsten Schweizer Dramen überhaupt. 1961 im Schauspielhaus uraufgeführt, hat die Story gerade einmal mehr Premiere auf einer Schweizer Bühne gehabt, nämlich im Theater am Stadtgarten Winterthur. Diesmal schrieb die Theatertruppe um den Regisseur Manfred Greve verantwortlich.
"Wir wissen alle, dass wir gewalttätiger, grausamer sein können in einem Kollektiv, in einem uniformierten, aber auch in einem nicht uniformierten." Das schrieb der 1911 geborene und 1991 verstorbene Frisch über seinen Modellstaat Andorra, wo kleinmütige und geistlose Bürger sich an der Menschlichkeit vergehen, indem sie den vermeintlichen Judenjungen Andri (recht launisch und zum Teil ein bisschen unglaubhaft gespielt von Boris Eder - einem nun wirklich alles andere wie "jüdischen" Typen) andauernd ausschliessen und ihn wissen lassen, wie minderwertig er doch ist. Schliesslich verraten sie ihn und bringen ihn (moralisch gesehen - durch Verleugnung und Denunziation) um.
Das Stück ist ein Stück wider die Kleinmütigkeit einzelner Menschen, die sich im Kollektiv in Gewalt kehrt. In diesem Stück über 12 Bilder und einzelne Vordergrundszenen ist niemand davon gefeit, feige und ungerecht zu sein. Nicht nur der liberal und sozial gesinnte Vater begeht ein Unrecht, indem er seinen unehelichen Sohn als jüdischen Flüchtling hinstellt und damit den Ursprung des Untergangs selbst auslöst. Eckart Dux spielt den cholerischen Lehrer übrigens sehr überzeugend, ja beeindruckend. Selbst Andri belügt sich selbst, indem er schliesslich nicht einsieht, dass er der wahre Sohn des Andorraners ist. Jeder verrät jeden, immer und alles, weil er Angst vor der Wahrheit hat. Wie aktuell kann dieses Stück also noch sein? Die Aufführung im Theater am Stadtgarten war gut besucht, vor allem von Schulklassen. Trotz der gelungenen Besetzung krankte das Stück an einer auch für diesen ohnehin schleppenden Stoff besonders ausgeprägten Fadheit. Die Dekoration beschränkte sich auf das Notwendigste und die SchauspielerInnen sprachen in verschiedenen Lautstärken, so dass mensch entweder zusammenschrak oder ganz angestrengt hinhören musste, um den Text zu verstehen. Aber ich glaube dennoch, dass dies nichts daran ändert, dass Greve und seine Truppe Frischs Vorlage gerecht geworden ist, denn bei dieser Fabel kommt es auf die Message darauf an, und nicht auf das vordergründige Spiel. Noch immer bleibt Andorra ein "Must", gerade für Jugendliche.
Andorra
Auf dem Dokument steht folgendes ...
-Stück in zwölf Bildern
(Drama, 1961)

Handlung
In Andorra lebte ein junger Mann, den man für einen Juden hielt. Zu erzählen wäre die vermeintliche Geschichte seiner Herkunft, sein täglicher Umgang mit den Andorranern, die in ihm den Juden sehen: das fertige Bildnis, das ihn überall erwartet." So fängt Max Frischs Der andorranische Jude an, das in seinen Tagebüchern 1946-49 (1950) erschien und als Skizze seines elf Jahre später erschienenen Dramas Andorra diente.
Andri leidet unter einer Identitätskrise. Er kann sich ganz und gar nicht mit dem Bild identifizieren, das Freunde und Nachbarn von ihm zeichnen und ihm immer wieder vor den Augen halten. Nach und nach übernimmt er aber auch selbst dieses Zerrbild, das der leicht negativ geprägten Vorstellung der Europäer über die Juden sehr ähnlich ist. Als Andri über seine wahre Herkunft erfährt, hat er sich mit seiner "Identität" schon abgefunden und ist davon nicht mehr abzubringen. Das soll schwerwiegende Folgen für sein Schicksal haben.
Das Drama ist wie ein Gerichtsverfahren aufgebaut, in dem die Andorraner im Zeugenstand stehen. Die zwölf Bilder sind die objektive Darlegung Andris Geschichte. Es bleibt dem Leser überlassen, das Urteil zu fällen.
Zentrale Themen

Andorra symbolisiert eine Gesellschaft, in dem gewisse menschliche Verhaltensweisen "vor gericht" stehen. Es wird gezeigt, dass im Unbewussten abscheulische Eigenschaften im Menschen latent liegen und dann aktiviert werden können, wenn sie durch äußere Umstände es "zulassen". Der Mensch weiß, seine Handlungen unabhängig von deren Bestialität zu rechtfertigen.
Andorra ist nicht Deutschland. Andorra ist überall auf der Welt, wo es Minoritäten gibt.
Max Frisch gilt zusammen mit Friedrich Dürrenmatt und Bertold Brecht als einer der zentralen Dramatiker des deutschsprachigen Raums der Nachkriegszeit.
Max Frisch, Andorra
Die FabelDas Stück spielt in einer nicht näher bestimmten Zeit in Andorra - "gemeint ist natürlich nicht der wirkliche Kleinstaat dieses Namens (...). Andorra ist der Name für ein Modell" (Max Frisch). Hier begegnet der Zuschauer dem jungen Andri, dem Pflegesohn des Lehrers Can. Der Lehrer hat ihn nach seiner Darstellung als Judenkind aus dem Nachbarland gerettet, dem Land der "Schwarzen", wo er der lebensbedrohlichen Verfolgung durch dieses Volk ausgesetzt gewesen wäre.
Andri ist aber in Wirklichkeit der leibliche Sohn Cans und der Senora, einer Schwarzen von drüben, was aber niemand weiß, auch Andri nicht. So sehen die Andorraner in ihm den typischen Juden und behandeln ihn nach diesem vorgefaßten Bild. Unter dem Zwang der an ihn herangetragenen Vorurteile übernimmt Andri nach und nach dieses Bild des Juden und sieht sich schließlich in seinem Anderssein bestätigt, als ihm Can die Heirat mit seiner Tochter Barblin verweigert.Von dieser ihm auferzwungenen Identität rückt er auch nicht mehr ab, als ihm nach einem Besuch der Senora seine wahre Herkunft mitgeteilt wird. Die Senora wird vor ihrer Abreise von einem Steinwurf getötet. Deshalb rücken die Schwarzen in Andorra ein, was die Andorraner veranlaßt, Andri den Mord an der Senora in die Schuhe zu schieben.In einer spektakulären "Show" wird Andri von den Schwarzen als Jude "identifiziert" und schließlich ermordet. Der Lehrer bezeugt zwar öffentlich die Wahrheit; aber niemand glaubt ihm. Er erhängt sich in einem Schulzimmer, seine Tochter Barblin verfällt in geistiger Umnachtung.

Gang der Handlung
1. Bild (Straße, Pinte)
Barblin weißelt ihr Haus, dabei wird sie von Peider begafft. Barblins Protest, sie sei verlobt, ignoriert der Soldat mit Spott. Der Pater ist erfreut über ihre Weißelarbeit, "wir werden ein schneeweißes Andorra haben, ihr Jungfraun, ein schneeweißes Andorra, wenn nur kein Platzregen kommt über Nacht" (S. 9). Peider quittiert dies mit blankem Hohn, "... seine Kirche ist nicht so weiß, wie sie tut ... und wenn ein Platzregen kommt, das saut euch jedesmal die Tünche herab, als hätte man eine Sau darauf geschlachtet" (S. 9).Barblin will vom Pater wissen, ob es wahr sei, daß die Schwarzen, die Nachbarn Andorras, sie überfallen würden. Der Pater weicht aus, indem er Barblins Vater kritisiert, auf die Armut verweist und schließlich überraschend beteuert: "Kein Mensch verfolgt euren Andri" (S. 10).Im zweiten Teil des Bildes verhandelt der Lehrer mit dem Tischler um eine Lehrstelle für seinen Pflegesohn Andri. Der Tischler verlangt fünfzig Pfund mit der Begründung, "Tischler werden, das ist nicht einfach, wenn's einer nicht im Blut hat. Und woher soll er's im Blut haben?" (S. 13). Ein Pfahl, den der Tischler offenbar nicht sieht, versetzt den Lehrer während des Gesprächs in höchste Aufregung. Der Tischler geht schließlich, ohne auf seine Forderungen zu verzichten. Der Wirt schaltet sich in die Sache ein und verweist darauf, daß wenn es ums Geld gehe, der Andorraner "wie der Jud" sei. Er bietet aber selber nur fünfzig Pfund dafür, daß der Lehrer ein Stück Land anbietet, genau genommen verkaufen muß, um die Tischlerlehre bezahlen zu können.
2. Bild (Vor Barblins Kammer)
Andri spricht mit seiner Verlobten Barblin über das, was andere von ihm sagen. Er will wissen, ob er wirklich kein Gefühl habe, ob er geil sei. Er vergleicht sich mit den anderen und weiß keine Antwort darauf, warum er anders ist als alle. Barblin will ihn beruhigen, doch seine Selbstzweifel gipfeln in der Vision: "Es gibt Menschen, die verflucht sind, und man kann mit ihnen machen, was man will, ein Blick genügt, plötzlich bist du so, wie sie sagen" (S. 28).

3. Bild (Tischlerwerkstatt)
Andri bespricht mit dem Tischlergesellen die Möglichkeit, in dessen Fußballmannschaft mitzuspielen. Dabei überprüft der Geselle Andris erstmals fertiggestellten Stuhl. Er hält jeder Belastung stand, denn er ist verzapft und verleimt, wie es sich gehört. Als der Meister kommt und irgend einen Stuhl überprüft, der sofort aus dem Leim geht, meint er nur, daß man von Andri ja nichts anderes erwarten könne, "wenn's einer nicht im Blut" habe. Andris Hinweis, der Tischler sitze auf dem von ihm gefertigten Stuhl, bleibt ohne Wirkung, denn der Geselle gibt nicht zu, daß er den aus dem Leim gegangenen Stuhl gemacht habe.
Der Tischler ignoriert Andris heftigen Protest, "Wieso hab ich kein Recht vor euch? (....) Sie machen sich nichts aus Beweisen. Sie sitzen auf meinem Stuhl. Das kümmert Sie aber nicht? Ich kann tun, was ich will, ihr dreht es immer gegen mich, und der Hohn nimmt kein Ende. (...) Sie wollen nicht, daß ich tauge" (S. 34). Der Meister bietet ihm statt dessen an, mit seiner "Schnorrerei" Bestellungen hereinzubringen, ein Pfund für drei Bestellungen, "Das ist's, was deinesgleichen im Blut hat" (S. 35).
4. Bild (Stube beim Lehrer)
Der Doktor untersucht Andri. Dabei erzählt er, daß er Andris Vater als jungen Lehrer gekannt habe. "Immer mit dem Kopf durch die Wand. Er hat von sich reden gemacht damals, ein junger Lehrer, der die Schulbücher zerreißt, er wollte andere haben" (S. 37f). Er selber sei Professor, mache sich aber nichts aus Titeln. Er sei in der Welt herumgekommen, dabei habe er erfahren müssen, daß wo man hinkomme, der Jud schon in allen Ländern der Welt auf allen Lehrstühlen hocke. Er habe nichts gegen den Jud, er sei nicht für Greuel. Auch er habe Juden gerettet, obwohl er sie nicht riechen könne. Als Andri abweisend reagiert, erfährt er erst, daß Andri Jude ist.
Der Lehrer erscheint, er wirft den Doktor aus dem Haus und bezeichnet ihn als "verkrachten Akademiker". Anschließend sitzt die Familie bei Tisch und Andri eröffnet seinem Pflegevater, daß er Barblin heiraten möchte. Sie habe das kommen sehen, meint die Mutter, doch Can reagiert entsetzt. "Es ist das erste Nein, Andri, das ich dir sagen muß" (S. 46). Barblin läuft weg, und für Andri gibt es nur eine Erklärung: "Weil ich Jud bin" (S. 47). Der Lehrer verläßt das Haus, um sich zu betrinken, wie die Mutter befürchtet.

5. Bild (Pinte)
Can trinkt Schnaps. Er deutet an, daß er gelogen habe und Andri seine Schwester heiraten möchte. Der Jemand versteht ihn nicht und verweist auf die Drohungen des Nachbarlandes.
6. Bild (Vor Barblins Kammer)
Der Soldat schleicht über den schlafenden Andri hinweg in Barblins Kammer. Andri erwacht und wundert sich über die verriegelte Kammertür. Er bekundet freimütig seinen Haß. So fühle er sich wohler, und es erlaube ihm, Pläne zu schmieden, Pläne für sich und Barblin. Der betrunkene Can tritt auf. Er will die Wahrheit sagen, doch Andri sieht nur seine Trunkenheit und schleudert ihm seine Verachtung entgegen: "Ich verdanke dir mein Leben. Ich weiß. Wenn du Wert darauf legst, ich kann es jeden Tag einmal sagen: ich verdanke dir mein Leben (...) Du ekelst mich (...) Geh pissen (...) Heul nicht deinen Schnaps aus den Augen, wenn du ihn nicht halten kannst, sag ich, geh" (S. 54ff). Nachdem der Lehrer gegangen ist, tritt der Soldat mit nacktem Oberkörper und offener Hose aus Barblins Kammer und jagt ihn davon. Andri kann es nicht glauben.
7. Bild (Sakristei)
Der Pater führt ein Gespräch mit Andri auf Wunsch der Pflegemutter, die ihn großer Sorge um ihn ist. Andri wiederholt dem Pater gegenüber alles, was ihm von den Andorranern entgegengehalten wird, er sei vorlaut, denke alleweil ans Geld, niemand möge ihn, er sei ehrgeizig, seinesgleichen habe kein Gemüt, er sei feig. Schließlich bricht er zusammen und weint um seine Barblin. Sie könne ihn nicht lieben, niemand könne das, er selbst auch nicht. Der Pater entgegnet ihm: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Er sagt: Wie dich selbst" (S. 63). Er müsse sein Judsein annehmen und verweist auf Andris herausragende Eigenschaften. "Kein Mensch, Andri, kann aus seiner Haut (...) Gott will, daß wir sind, wie er uns geschaffen hat. (...) Du bist nun einmal anders als wir" (S. 64).
8. Bild (Platz vor Andorra)
Die Andorraner unterhalten sich über die gespannte politische Lage, weil die Schwarzen Truppen an der Grenze zusammengezogen haben. Eine Senora von drüben mietet ein Zimmer beim Wirt, was diesen veranlaßt, gegenüber den anderen Andorraner das Gastrecht zu beschwören. Der Doktor gibt Phrasen von sich über die Beliebtheit der Andorraner in der ganzen Welt, weil "jedes Kind in der Welt weiß, daß Andorra ein Hort ist, ein Hort des Friedens und der Freiheit und der Menschenrechte" (S. 68). So ist er überzeugt, daß jene von drüben es nicht wagen werden, Andorra anzugreifen, weil sich Andorra aufs Weltgewissen berufen kann. Diese scheinbare Gewißheit und Rechtschaffenheit hindert die Andorraner jedoch nicht daran, in der Senora eine "Spitzelin" zu sehen, wobei besonders der Soldat und der Tischlergeselle offen ihre Ablehnung der Fremden gegenüber bekunden. Die Senora tritt auf, setzt sich an einen freien Tisch, was die Andorraner außer Peider und Fedri veranlaßt zu gehen. Peider begafft die Fremde unverhohlen, da erscheint Andri. Er beginnt mit dem Soldaten einen Streit, er wird deshalb von den Soldaten zusammengeschlagen. Die Senora geht dazwischen, hilft ihm und verlangt nach einem Arzt. Sie läßt sich schließlich von Andri zu seinem Vater führen.
Vordergrund
In der folgenden Szene wird endlich offenbar, was seit der ersten Vordergrundszene bekannt ist: Andri ist der leibliche Sohn Cans und der Senora. In dem Gespräch der beiden werden auch die Ängste deutlich, die beide dazu veranlaßt haben, ihr gemeinsames Kind vor dem jeweils eigenen Volk zu verleugnen: "Du hast mich gehaßt, weil ich feige war, als das Kind kam. Weil ich Angst hatte vor meinen Leuten. Als du an die Grenze kamst, sagtest du, es sei ein Judenkind, das du gerettet hast vor uns. Warum? Weil auch du feige warst, als du wieder nach Hause kamst. Weil auch du Angst hattest vor deinen Leuten" (S. 77f).
9. Bild (Stube beim Lehrer)
Die Senora verabschiedet sich von Andri und deutet an, daß sich sein Leben ändern werde. Andri fühlt sich von ihr angezogen. Er begleitet sich zunächst. In der Zwischenzeit beauftragen Can und die Mutter den Pater, Andri die Wahrheit zu sagen. Andri kommt vorzeitig zurück, die Senora wolle alleine gehen. Sie hat ihm ihren Ring mit einem Topas geschenkt. Der Lehrer macht sich auf den Weg, die Senora zu begleiten.
Der Pater versucht nun mühsam, mit Andri ins Gespräch zu kommen, während dieser gelöst und heiter wirkt und dabei dem Pater anvertraut, daß er auswandern wolle, der Ring verschaffe ihm die Möglichkeit dazu. Als der Pater die Wahrheit schließlich ausspricht, will Andri nichts davon wissen. Und er erzählt, wie er, seit er hören könne, gesagt bekommen hat, wie er sei und wie er schließlich erkannt hat, daß er wirklich so sei, wie man ihm nachsage: "Hochwürden haben gesagt, man muß das annehmen, und ich hab's angenommen. Jetzt ist es an Euch, euren Jud anzunehmen" (S. 86). Der Lehrer kommt zurück und meldet, man habe die Senora mit einem Stein getötet, und es heiße, Andri habe den Stein geworfen. Er appelliert an den Pater, er sei Zeuge, daß Andri bei ihm gewesen sei.
10. Bild (Platz von Andorra)
Andri ist allein. Seit den frühen Morgenstunden ist er, wie er sagt, durch die Gassen geschlendert, und niemand ist zu sehen gewesen. er habe den Stein nicht geworfen, er brauche sich nicht zu verstecken. Eine Stimme flüstert ihm etwas zu. Der Lehrer tritt auf mit einem Gewehr. Er versucht Andri zum Weggehen zu bewegen, die Schwarzen seien da. Andri hört nicht auf ihn. Aus Lautsprechern ist zu hören, daß kein Andorraner etwas zu befürchten habe. Er verhöhnt die kapitulierenden Andorraner und macht seinem Vater klar, daß er nicht der erste sei, der verloren ist. "Es hat keinen Zweck, was du redest. Ich weiß, wer meine Vorfahren sind. Tausende und Hunderttausende sind gestorben am Pfahl. Ihr Schicksal ist mein Schicksal" (S. 95). Er wirft eine Münze ins Orchestrion und geht. Danach patrouillieren Soldaten (im Vordergrund) in schwarzen Uniformen mit Maschinenpistolen.
11. Bild (Vor Barblins Kammer)
Barblin ist verzweifelt, während Andri scheinbar gefühllos sich danach erkundigt, wie oft sie mit dem Soldaten geschlafen habe. In der Folge werden seine Vorhaltungen immer roher, bis er sie schließlich auffordert, sich auszuziehen und ihn zu küssen. "Kannst du nicht, was du mit jedem kannst, fröhlich und nackt. (...) Was ist anders mit den anderen? Sag es doch. Was ist anders? Ich küß dich, Soldatenbraut! Einer mehr oder weniger, zier dich nicht" (S. 101). Barblin beschwört ihn vergeblich, sich zu verstecken. Ein Soldat führt Andri schließlich zur Judenschau.
12. Bild (Platz von Andorra)
Die Andorraner erwarten stumm das weitere Geschehen. Barblin versucht vergeblich, auf sie einzuwirken. Der Doktor meint, man dürfe keinen Widerstand leisten, während der Wirt mehrfach betont, Andri habe den Stein geworfen, er jedenfalls nicht. Soldaten und der Judenschauer treten auf. Die Andorraner müssen sich schwarze Tücher über den Kopf ziehen und die Schuhe ausziehen. Die Angst, der Judenschauer könne sich vielleicht irren, wird mit dem Hinweis verdrängt: "Der riecht's. Der sieht's am bloßen Gang" (S. 109). Der Lehrer versucht, den Andorranern ins Gewissen zu reden. Andri sei sein Sohn. "Wer unter ihnen der Mörder ist, sie untersuchen es nicht. Tuch drüber! Sie wollen's nicht wissen. Tuch drüber! Daß fortan sie einer bewirtet mit Mörderhänden, es stört sie nicht" (S. 113). Der kollaborierende Peider erteilt letzte Instruktionen.Noch einmal versucht Barblin, die Andorraner zu passivem Widerstand zu bewegen, sie wird von den Soldaten weggeschleppt. Die Andorraner gehen schließlich nacheinander unter den kritischen Augen des Judenschauers über den Platz. Der Jemand wird als erster genauer inspiziert, darf aber dann weitergehen - mit Peiders Hilfe. Schließlich muß Andri sein Tuch abnehmen. Zum Beweis seiner richtigen Wahl kehrt der Judenschauer Andris Taschen um, Münzen fallen heraus. "Judengeld", kommentiert der Soldat. Die Beschwörungen des Lehrers und der Mutter, Andri sei Cans Sohn, helfen nichts mehr. Andri wird abgeführt, man reißt ihm den Finger ab, weil er den Ring der Senora nicht hergeben will, und tötet ihn. Die Szene endet ähnlich wie das Stück angefangen hat. Barblin, jetzt geschoren, weißelt das Haus ihres Vater. "Ich weißle, ich weißle, auf das wir ein weißes Andorra haben, ihr Mörder, ein schneeweißes Andorra, ich weißle euch alle - alle" (S. 125). Can hat sich im Schulzimmer erhängt. Der Pater versucht vergeblich, auf Barblin einzureden, während die Andris Schuhe bewacht, die stehengeblieben sind. "Rührt sie nicht an! Wenn er wiederkommt, das sind seine Schuhe."
Die Zeugenschranke
Nach dem 1., 2., 3., 6., 7., 9. und 11. Bild treten die Andorraner im Vordergrund vor der Bühne vor eine Zeugenschranke. Diese Zwischenszenen spielen zeitlich lange nach dem eigentlichen Bühnengeschehen. Mit Ausnahme des Pater beteuern alle Andorraner ihre Unschuld am Ausgang der Geschichte. Einzig der Soldat gibt zu, daß er Andri nicht leiden konnte und er nach wie vor der Meinung sei, er sei ein Jude gewesen. Der Doktor, der vorgibt, sich kurz zu fassen, hält die längste Rechtfertigungsrede. Der Pater - nicht in der Zeugenschranke, sondern im Vordergrund kniend - sagt: "Auch ich habe mir ein Bildnis gemacht von ihm, auch ich habe ihn gefesselt, auch ich habe ihn an den Pfahl gebracht" (S. 65). Mit diesem "auch" drückt er neben seiner eigenen Schuld die Kollektivschuld der Andorraner aus.
Form und Struktur
Frisch nennt seine Szenen wohl in der Tradition Bertolt Brechts "Bilder". Die Fabel des Stückes vollzieht sich in zwölf Bildern ganz unterschiedlicher Länge und Struktur. So besteht das erste Bild genaugenommen aus vier Szenen, die Exposition des Stückes:
1. Barblin, Pater
2. Lehrer, Tischler; Lehrer, Wirt
3. Andri, Barblin
4. Wirt, Soldat; Andri, Soldat
Der Zuschauer wird im Verlaufe dieser vier Szenen des ersten Bildes mit der gesamten Thematik und den wichtigsten Figuren konfrontiert:
• das schneeweiße Andorra, das eben in Wirklichkeit blutrot ist, wobei dem Zuschauer die Symbolik der Farben offenkundig wird;
• die Bedrohung durch das Nachbarland;
• Tod, Hinrichtung (Pfahl), bzw. Hinweis auf das katastrophale Ende;
• die Geringschätzung der Juden aufgrund haltloser Vorurteile;
• die Liebenden Andri und Barblin.
Das zweite Bild vervollständigt den thematischen Reigen: die Suche nach dem Ich bzw. nach der eigenen Identität.Einige dieser Bilder wirken skizzenhaft, z.B. das 5. Bild, in dem der betrunkene Lehrer sein Dilemma andeutet, oder das 11. Bild, in dem das Dilemma der Geschwisterliebe noch einmal offenbar wird. Andere Bilder leben von ihrem dramatischen Spannungsbogen. Das sind vor allem das 4., das 6. und das 7. Bild, die Andris Verhaltensänderung zum Märtyrer entwickeln.
Zwischen den Bildern stehen die Vordergrundszenen, in der Regel sind das die Szenen der Andorraner vor der Zeugenschranke. Ausgenommen aus dieser Schematisierung sind die Bilderfolgen 5/6 (keine Vordergrundszene), 8/9 (Senora, Lehrer) und 10/11 (patrouillierende Soldaten).
Grundlage des Stückes ist Frischs Parabel im ersten Tagebuch: "Der andorranische Jude". Es liegt auf der Hand, aufgrund des berichtenden wie aufzählenden Charakters dieser Parabel eine Liste der Vorurteile zu erstellen, sie in Beziehung zu dem angeblichen Juden zu bringen, der sich als Andorraner entpuppt, wodurch diese Vorurteile auf die Andorraner zurückfallen (Spiegel). Dazu bietet sich eine Aufstellung der sinntragenden Verben an:
Die Andorraner
mißtrauen (Mißtrauen gegenüber)
verweisen
denken
wissen genau
sagen
haben den Verdacht
tun ihm (dem Juden) nichts
empören sich über die Art seines Todes
Die Schlüsselaussage ist "tun ihm nichts", was Frisch postwendend kommentiert: "also auch nichts Gutes". Das Tun der Andorraner, dessen Ergebnis das fertige Bildnis des Juden ist, ist nicht "Aktion", also Handeln im eigentlichen Sinn, sondern Denken, Sagen, Geisteshaltung. Deshalb kann man den Andorranern auch direkt nichts vorwerfen, läßt man einmal streng moralische Kategorien außer acht.
Die Reaktion ist im Grunde nichts anderes als die Suche nach seiner Identität, die damit endet, daß er das Bild übernimmt, das die Andorraner für das Bild des Juden halten. Das dieses Bild logischerweise als Spiegel wirken muß, dann nämlich, als der Jude sich als Andorraner erweist, bedarf eigentlich keiner Erläuterung. Viel bezeichnender ist, daß Frisch selbst dem Klischeedenken verfällt, wenn er die Andorraner die Züge des "Judas" erkennen läßt.Die Folge der zwölf Bilder läßt sich in zwei Sequenzen aufteilen:
Im Verlaufe der ersten sechs Bilder versucht Andri, seine Lebensgeschichte zu verwirklichen. Eine Lebensgrundlage (Tischlerlehre) schaffen und eine Familie gründen (Heirat mit Barblin). Die Vorstellung von dieser Zukunft, die sich in nichts von dem unterscheidet, was man gemeinhin als normal bezeichnet, versetzt Andri in höchste Glücksempfindungen. Dieses Glück verhindern die Andorraner, auch sein Vater. Die ersten sechs Bilder demonstrieren diesen Vorgang. Sie zeigen, wie der Jude Andri mit den Vorurteilen konfrontiert wird, wie die Andorraner ihm begegnen. Dabei fällt das 5. Bild sicher heraus, denn hier deutet der Lehrer konkret an, was man schon weiß: Andri ist sein Sohn.Die Begegnungen zwischen Andri und den Andorranern bestimmen die Andorraner mit ebenso subtiler wie offener Gewalt. Sie mißbrauchen ihre Machtposition schamlos, denn die meisten haben ein persönliches Interesse, daß diese Begegnung zu ihren Gunsten ausgeht:
• Der Soldat will Barblin haben.
• Der Tischler verspricht sich mehr Umsatz mit Andri im Verkauf.
• Der Wirt ersteht billig Land und erhält einen Sündenbock für sein Verbrechen.
• Der Jemand will seine Ruhe haben und steht dabei für all jene, die diese Gewalt tolerieren oder nicht sehen wollen, sich dumm stellen oder ganz einfach zu gleichgültig sind.
Die Mauer, die die Andorraner
so errichten, wird für Andri mehr und mehr unüberwindbar. Diese Begegnungen führen dazu, daß Andri sich beobachtet fühlt und argwöhnisch darüber reflektiert, inwiefern die ihm nachgesagten Eigenschaften und Verhaltensweisen zutreffen.Die Bilder acht bis zwölf zeigen Andris Reaktion und schließlich sein Ende im zwölften Bild. Die Reaktion ist gegen die Andorraner, gegen Can und Barblin, doch im Grunde gegen sich gerichtet, und sie wird getragen vom Haß gegen seine Umwelt; gegen Can und gegen sich. Nur so ist seine Provokation im 8. Bild verständlich, auch seine Weigerung, die Annahme der neuen Identität wieder zurückzunehmen oder sein Heil in der Flucht zu suchen. Äußerer Anlaß dieser Reaktion ist die Weigerung Cans, ihm Barblin zur Frau zu geben (4. Bild) und dann vor allem die Szene vor Barblins Kammer im 6. Bild, als der Soldat aus der Türe tritt. Die Wende dieser Entwicklung von der Selbstbeobachtung und Auflehnung gegen das für ihn bereitgestellte Bild des Juden zur Übernahme der ihm aufgezwungenen Identität vollzieht sich im Verlaufe des 7. Bildes: "Ich versteh schon, daß mich niemand mag. Ich mag mich selbst nicht, wenn ich an mich selbst denke" (S. 61).Das 9. Bild bringt ein retardierendes Moment, die Begegnung Andris mit der Senora, der Schwarzen aus dem Nachbarland, seiner Mutter, die ihm schließlich einen wertvollen Ring schenkt. Es scheint, daß die Mutter die sich anbahnende Katastrophe noch aufhalten könnte. Darauf deutet auch Andris euphorische Stimmung zu Beginn des zweiten Gesprächs mit dem Pater hin. Letztlich bewirkt das Auftauchen der leiblichen Mutter das Gegenteil: Im "Hort der Freiheit und der Menschenrechte", wo man auf das "Gastrecht pocht", auch bei unangenehmen Ausländern, wird der Gast mit einem Stein erschlagen. Vielleicht war das auslösende Moment zu dieser Tat die Bereitschaft der Senora, in aller Öffentlichkeit für den Schwächeren, den Juden einzutreten, sie, eine Schwarze von drüben, denen man in Andorra Greueltaten gegenüber Juden nachsagt."Er trug sein Anderssein sogar mit einer Art von Trotz, von Stolz und lauernder Feindschaft dahinter" (Tagebuch 1946 - 1949, S. 29). Dies zeigt sich auch in Andri, als ihm der Pater seine wahre Identität vermitteln möchte: "Jetzt ist es an Euch, Hochwürden, euren Juden anzunehmen" (S. 86). Sehen wir ihn im 7. Bild nach und nach stumm werden, so ist es jetzt der Pater, der verstummt, während Andri redet. Aber Andri nimmt nicht nur sein ihm aufgezwungenes Anderssein an, er nimmt auch sein Schicksal, seine Hoffnungslosigkeit, sein Ende an: "Meine Trauer erhebt mich über euch alle, und so werde ich stürzen. Meine Augen sind groß von Schwermut, mein Blut weiß alles, und ich möchte tot sein. Aber mir graut vor dem Sterben. Es gibt keine Gnade -" (S. 87). Hören wir ihn im ersten Bild im Hochgefühl seiner sich ihm abzeichnenden Zukunftsperspektive sagen: "Die Sonne scheint grün in den Bäumen heut", so muß er jetzt resigniert feststellen, daß diese Hoffnung für ihn ein bedeutungsloses Bild geworden ist: "Gnade ist ein ewiges Gerücht, die Sonne scheint grün in den Bäumen, auch wenn sie mich holen" (S. 88).Was nun folgt, ist nur noch die Konsequenz dessen, was sich schon angebahnt hat. Der Mord an der Senora, der die Schwarzen auf den Plan ruft, ist Auslöser von jenem Ende, das sich Andri prophezeit, das aber gleichermaßen die Andorraner zu Verdammten stempelt. Angesichts des schreienden Unrechts seines Endes haben sich nichts anderes im Sinn, als ihre Vorurteile weiterhin auszuspielen, "Judengeld", um ihre erbärmliche Haut zu retten.Andris Tragik ist in dem Umstand zu sehen, daß er bei der Suche nach seinem Ich eine Identität annimmt, annehmen muß, die seine Isolation festigt, die um so hassenswerter wird, je mehr er sie anzunehmen bereit ist.Das strukturale Grundelement dieses Stückes ist also diese oben analysierte Begegnung zwischen den Andorranern und dem angeblichen Juden Andri. Eine Begegnung, die auf der Seite der Andorraner zunächst einmal durch ihre Geisteshaltung, durch ihr Sagen und Denken, auch durch ihre Verneinung gekennzeichnet ist. Letztlich wird die Begegnung auch bestimmt durch Formen subtiler Gewalt, durch verschiedenste Formen von Gewaltanwendung, vom Ausspielen vorhandener Machtstrukturen bis hin zur Anwendung roher Gewalt. Diese von den Andorranern bestimmte Begegnung hat Andris Reaktion zur Folge, die eine Korrektur des Bildnisses nicht mehr möglich macht. "Ich wollte ja nachher mit ihm reden, aber da war er schon so, daß man halt nicht mehr reden konnte mit ihm" (S. 36), sagt der Tischlergeselle vor der Zeugenschranke und verdeutlicht damit den schon im Zusammenhang mit dem Pater hervorgehobenen Sachverhalt. Die tragische Konsequenz desselben kulminiert im 9. Bild, läßt aber gleichzeitig erkennen, wie hoffnungslos und weitreichend die Schuldverstrickung der Andorraner gediehen ist: "Und alle, alle, nicht nur mich. Sehen Sie die Soldaten. Lauter Verdammte. Sehen Sie sich selbst. (...) Sie werden beten. Für mich und für sich. Ihr Gebet hilft nicht einmal Ihnen, Sie werden trotzdem ein Verräter" (S. 88).So zeigen sich Parallelen, aber auch gravierende Unterschiede zwischen der Vorlage aus dem Tagebuch und dem Bühnenstück. Die Andorraner des Modells sind die tatsächlichen Akteure. Andris Aktion ist Reaktion im eigentlichen Sinne des Wortes. Was bleibt ihm auch anderes zu tun? Das strukturale Grundmerkmal der schicksalhaften Begegnung ist geprägt von dieser Aktion und Reaktion, wobei bezeichnenderweise die Aktionen der Andorraner nach dem Mord und der Machtübernahme durch die Schwarzen kaum noch auszumachen sind. Das Handeln, die Handlung erhält nach deren Auftauchen eine mechanische Eigendynamik, welche Eingriffe von außen nicht mehr zulassen.
"Du sollst dir kein Bildnis machen"
Es kommt nicht von ungefähr, daß sich Max Frisch 1948 in seinem Tagebuch eine Inhaltsnotiz zu einer Szene von Dürrenmatts "Der Blinde" macht, in der ein Blinder die Zerstörung seines Herzogtums nicht wahrgenommen hat und deshalb glaubt, er lebe immer noch in seiner Burg. In Wirklichkeit sitzt er inmitten von Ruinen, umgeben von üblem Volk - Söldner, Räuber, Zuhälter und Dirnen, welche mit ihm ihren Spaß treiben und sich von ihm empfangen lassen als Herzöge, Feldherren oder Äbtissinen. Die Vorstellungen, welche die Menschen von sich oder ihrer Umwelt haben oder sich machen, durchzieht thematisch Frischs Werk wie ein roter Faden. Diese Thematik ist eng mit Frischs Vorstellungen von der Wirklichkeit, wie sie der Mensch erlebt und deutet, verknüpft:
• "Wirklich nennen wir nicht, was geschieht, sondern wirklich nennen wir, was ich an einem Geschehen erlebe, und dieses Erleben, wie wir wissen, kümmert sich nicht um die Zeit: es ist möglich, daß wir ein Geschehen immer wieder erleben" (Tagebuch).
Genauer betrachtet, bedeutet diese These nichts anderes, als daß unsere - oder zumindest Frischs - Erfahrungen und Erlebnisse erst die Vorfälle bewirkn, aus denen sie zu folgen scheinen. Oder anders ausgedrückt: Das, was wir für die Wirklichkeit halten, kann erst zur Wirklichkeit, zur Wahrheit werden, wenn sie unseren Vorstellungen von ihr standhält. Hier und genau hier liegt die Problematik der Andorraner, von Andri, von Andorra begründet:Die Andorraner ziehen ihre Folgerungen aus Andris Sosein nicht aus ihren Erlebnissen und ihrer Begegnung mit Andri. Ihre Vorstellungen von der Wirklichkeit bestimmen diese Begegnung. Nicht anderes ist das Verhalten des Tischlers im 3. Bild beispielsweise zu erklären. Verhielte es sich anders, müßte er sich irgendwann von Andris Beteuerungen oder gar Beweisen überzeugen lassen, denn der Geselle hat mit keinem Wort gesagt, daß er den aus dem Leim gegangenen Stuhl nicht gemacht habe.Auch der Stückeschreiber eines technischen Zeitalters, wie sich Bertolt Brecht bezeichnet, der seinen Galilei an die Macht und die Verführbarkeit der Beweise glauben läßt, stellt in seinem gleichnamigen Stück eine Welt dar, in der nicht ist, was nicht sein darf, was letztlich seine Titelfigur zum Scheitern zwingt. Wenn Dürrenmatt seine Werke als das Produkt "erdachter Geschichten" bezeichnet - als Gegenwelten zur wirklichen Welt, erdacht, weil er im Gegensatz zu Frisch nichts erlebt habe -, so sind Frischs Werke als Produkt seiner Erlebnisse Metaphern der wirklichen Welt. Belegen läßt sich dies mit seine Äußerungen im Interview mit Horst Bienek (Werktstattgespräche):
• "Offenbar gibt es kein anderes Mittel, um Erfahrungen darzustellen, als das Erzählen von Geschichten: als wären es die Geschichten, aus denen unsere Erfahrungen hervorgegangen sind. Es ist umgekehrt. Die Erfahrung erfindet sich ihren Anlaß."
Im Falle Andorras ist das eine dramatische Metapher, welche durch Erlebnisse nicht nur gedeutet, sondern auch neu gedichtet worden ist, von der Wirklichkeit abgehoben, in die sie dann als neugeformte Realität zurückfällt. In Frischs Roman "Stiller", "die Geschichte eines Menschen (...), der seiner Existenz entfliehen will" (Horst Bienek, Werkstattgespräche mit Schriftstellern) sagt der jugen Jesuit im Sanatorium von Davos zu Julika:
• "... Daß es das Zeichen von Nicht-Liebe sei, also Sünde, von seinem Nächsten oder überhaupt von einem Menschen ein fertiges Bild zu machen, zu sagen: So und so bist du, und fertig", worauf Julika, so belehrt, wiederum Stiller vorwerfen kann: "Wenn man einen Menschen liebt, so läßt man ihm jede Möglichkeit offen und ist trotzt aller Erinnerungen einfach bereit, zu staunen, immer wieder zu staunen, wie anders er ist, wie verschiedenartig und nicht einfach so, nicht ein fertiges Bildnis, wie du es dir machst von deiner Julika."
(Max Frisch: Stiller. Suhrkamp Taschenbuch 105. Frankfurt (M) 1974, S. 116 und S. 150)
Deutet man diese Stelle im Hinblick auf das eingangs erwähnte Tagebuch-Zitat, so folgert daraus, daß die Wirklichkeit eines Menschen gar nicht gesehen werden kann. Die Einschränkung des Jesuiten bzw. von Julika findet sich sowohl in Frischs Vorlage zu Andorra im Tagebuch: "Ausgenommen, wenn wir lieben", als auch in dem Essay auf S. 26 des Tagebuchs "Du sollst dir kein Bildnis machen". Die Wirklichkeit kann nicht gesehen werden, weil ein Widerspruch besteht zwischen der möglichen wahren und der tatsächlich gelebten Existenz des Menschen. Das Problem liegt vor allem in der Veränderung der menschlichen Natur, einer sicher schrittweisen Veränderung, deren Ergebnis wir allenfalls wahrzunehmen bereit sind, aber nicht die Veränderung selbst, den Prozeß.Andorra ist die tragische Metapher dieser Grunderfahrung Max Frischs. Sie führt dem immer mehr und mehr betroffenen Zuschauer vor, welches Bild sich das Individuum von sich selber macht, dann welches Bild es sich von seinen Mitmenschen, von seinem Vaterland, von den Nachbarn macht und schließlich, wie das Bild des einzelnen von seinen Zeitgenossen geprägt ist und wird. Die Wirklichkeit, die Wahrheit wird dabei eher zufällig getroffen.
. Worauf kommt es bei der Literatur an?
Ist es nun eine Interpretation oder "nur" eine Textbeschreibung? Eine Frage, die nicht nur auf Korrekturbebesprechungen immer wieder gestellt wurde; wenn es galt, die Aufsatzleistungen von Schülern zu messen. Und: Manchmal hatte man als Lehrer (und Leser?) das Gefühl, der Umgang mit Literatur gehe nur über Interpretieren oder die strukturierte Textbeschreibung.Frage: Wie entstehen eigentlich "Leseratten" - und wodurch bleiben sie es?
Im Literaturunterricht standen bislang textanalytische Verfahren bei der Texterschließung, vor allem bei der Aufgabenstellunf für Aufsätze und Klausuren im Vordergrund. Ihnen wird zudem eine größere Objektivität bei der Leistungsmessung zugewiesen.Handlungsorientierte "Schreibanlässe" in Verbindung methodischer Wege wie Rollenspiel, Dialogisieren, Inszenieren u.a bei der Erschließung von Texten fanden erst in den letzten Jahren verstärkt Einzug in didaktische Konzeptionen und auch in Lehr- und Bildungspläne. Lange galten sie nur als "Ergänzung" und "Auflockerung" des Literaturunterrichts. Dagegen haben sie ihre Eignung in vielfältigen Formen unter Beweis gestellt.Im Zusammenhang mit Freiarbeit, offenem Unterricht und dem "Freien Schreiben" (in seinen durchaus unterschiedlichen Ausprägungen) ist die Forderung, mit Texten "produktiv umzugehen" (Bildungs- und Lehrpläne verschiedener Bundesländer) inzwischen festgeschrieben worden. In Baden-Württemberg wird seit 1995/96 in der schriftlichen Abschlußprüfung der Realschulen im Fach Deutsch als Thema 5 eine neue Prüfungsform "Mit Texten kreativ umgehen" angeboten. Das Thema "Sansibar oder der letzte Grund" von Alfred Andersch, ein sicherlich "schwerer" Roman, brachte unterschiedliche Erfahrungen mit sich. Eines kann jedoch nach vielen Gesprächen und Beobachtungen gesagt werden: Schüler und Lehrer sind mit dieser neuen Form meist gut zurecht gekommen. Manche Leseunlust und "Interpretationsgängelei" konnte durch offene Unterrichts- und Erschließungswege vermieden werden. Die neue Aufsatzform wurde gerne gewählt und mit guten Ideen gelöst.

2. Kreatives Schreiben bereichert und verändert den Deutschunterricht
Das Lesen und Verstehen literarischer Texte durch produktions- und handlungsorientierte Verfahren unterstützt und ergänzt den Deutschunterricht.Beobachtungen in einer Klasse:
Im Deutschunterricht einer 9. Realschulklasse kam es zu einer offenen und recht kontroversen Diskussion über den Sinn von Literatur. Äußerungen wie "Wozu brauche ich das?", "Da mußt du eh das schreiben, was der Lehrer zum Text meint" weisen auf eines hin:Zu oft noch verstehen - und erfahren - unsere Schüler Literatur als etwas "Hohes", daß Verstehen in erster Linie etwas Abstraktes, Analytisches ist. So werden literarische Texte auch in erster Linie in ihrem "meaning"-Aspekt erfahren. "Der Schriftsteller meint ... will damit sagen, ...". Dies muß durch Textuntersuchungen, durch Textanalyse und Belege systematisiert werden.Lesegenuß, Unterhaltungswert und persönliche Betroffenheit erscheinen zweitrangig. Was Literatur auch ist, erlebendes und genießendes Hineinversetzen, Identifizieren und Ablehnen, gerät gerne zu kurz. Auch das Wiederfinden seiner eigenen Erfahrungen und Lebenssituation über das Lesen hinaus ("significance") rückt gar zu oft hintenan.Vielfältige Erfahrungen in der Erwachsenenbildung belegen, daß Literatur in der Schulzeit als "Untersuchen", nicht aber als Lesen und innerliches Erfahren des Kreativen erfahren worden ist. Und leider war vielen das Interesse an Literatur zunächst genommen.Das Wirken von Literatur wird so nicht gefördert, oft ganz zurückgestellt. Eine Ursache dieser weitverbreitenen Demotivation ist die jahrzehntelange Überbetonung des Schreibens und Lesens nach vorgegebenen Regeln. Für viele Schülerinnen und Schüler werden Aufsätze und Schreibaufgaben so mit Unlust und Unsicherheit, nicht das "Richtige" zu schreiben, verbunden. Leider geht zudem auch die Bereitschaft, sich einem Text offen auszusetzen, ein gutes Stück verloren. Aber genau dieses Öffnen, dieses aktive Interessiertsein und diese Neugier brauchen wir, wenn wir uns Literatur aussetzen.Das "Begreifen, was uns ergreift" (Gadamer) kann jedoch nicht nur über das hermeneutische Verfahren, nicht nur und ausschließlich durch strukturalistisches Textbeschreiben erfaßt werden.Thematik und Anliegen des Modells "Andorra" sind heute leider sehr aktuell, Vorurteile und Bildnisse können nicht nur durch rationales Erklären abgebaut werden. Eine gegen Vorurteile und gefährliche Bildnisse gewappnete Persönlichkeit ist offen und aktiv. Diese Unabhängigkeit, dieser Eigensinn kann durch eigene Schreibversuche, durch Weiterschreiben offener Textstellen, durch Verändern von Textpassagen oder durch das Einfügen möglicher Szenen ausprobiert und erfahren werden. Inhalt, Aufbau und Struktur von Frischs "Andorra" können auch über kreative Formen erschlossen und erfahren werden. Die Charakteristik und Anlage einer Figur erfahre ich auch, indem ich sie in neue Situationen stelle, sie gewissermaßen ausprobiere. Durch dieses Verlängern und Verändern im Schreibversuch vollziehe ich aktiv und beteiligt Geschehen und Situation nach.Viele Kollegen befürchten, daß dabei das belegende Verstehen eines Textes und seine Aussageabsicht verloren gehen könnten. Vielfältige Unterrichtsversuche mit Jugendbüchern in den Klassen 5 und 6, mit Romanen und Theaterstücken in 9 und 10 zeigen jedoch das Gegenteil: Schülern gelingt es sehr wohl, sich durch eigenes Schreiben, durch "Ausprobieren" und Verändern der Vorlagen in Szenen, Rollenspiel oder in Videosequenzen dem Text produktiv und kreativ auszusetzen, ihn zu ergreifen.Offene Literaturkurse, in denen durch sinnliche Anstöße (eine Bachfuge zu Schneiders "Schlafes Bruder", eine Riechstraße zu Süßkinds "Das Parfüm", ...) oder durch eigentätige Einstiege (ein Bühnenbild zu "Andorra" entwerfen, eine Einstiegsszene zu einem Roman zeichnen, ...) versucht wird, sich einem Text zu nähern, entwickeln ein hohes Maß an Verstehen und Nachvollziehen, auch durch strukturelle Bezüge. Die Erfahrungen von Anderschs Roman "Sansibar oder der letzte Grund", 1996 Thema der Realschulabschlußprüfung in Baden-Württemberg, ermutigen. Von vielen Kolleginnen und Kollegen wissen wir, daß Schüler Schreibanlässe gerne wählten und formal wie inhaltlich kreativ lösen konnten. Eine Sorge vieler Deutschlehrer, Schreibanlässe stünden dem Analytischen entgegen, erwies sich als unbegründet. Beim Verfassen einer Rückerinnerung aus der Sicht einer der Romanfiguren gelang es den meisten Schülern ungezwungen auch, Inhalt und Entwicklung der Handlung darzustellen. Stil- und Kompositionsmittel wurden teilweise in überzeugender Art erfaßt und angewandt.Im Gegenteil, selbst "Fehler" bieten Anlaß zur lebhaften und fruchtbaren Diskussion. Wenn beispielsweise die Sicht- oder Handlungsweise einer Person nicht treffend verwendet wird, ergeben sich fruchtbare Anlässe zur Aussprache und zum Vergleich, weshalb eine Figur in einem Drama oder einem Roman so nicht handeln oder sprechen würde.Vergessen wir auch nicht:
Unterrichtliches Handeln, unsere Methodenwahl bestärkt Schüler, denen diese Art des Vorgehens entgegenkommt und hemmt oder benachteiligt zugleich (auch in den Leistungen, die wir messen) andere. Methodenvielfalt ist eine didaktische wie pädagogische Forderung, zumal Hirnforschungen belegen, daß eine Überbetonung der linken (mehr analytisch-logischen, ordnenden) Hirnhälfte nicht nur einseitig ist, sondern auf Dauer Nachteile in sich birgt: Denkergebnisse können dürftiger, quasi schablonenhaft ausfallen, weil sie "einseitig" ohne die experimentierende, Formen und Gefühle ergänzende rechte Hirnseite entstehen.
Und: Ein Teil der Klasse wird nicht oder nur zu einseitig angesprochen, stille Zurückhaltung, Unlust oder Ablenkung vom Unterrichtsgeschen und Unterrichtsstörungen erfolgen.
Weiterhin: Unterrichtserfahrungen mit Schreibanlässen belegen eindrucksvoll, daß die Erhöhung der Eigentätigkeit unserer Jugendlichen Kräfte auch im analytischen und strukturierenden Vorgehen freisetzen kann. Nicht zuletzt werden das Selbstorganisieren und das Miteinanderarbeiten gestärkt. So meinte ein Schüler, der Frischs "Andorra" in nur einem Tag gelesen hatte, das "Buch" sei "saugut". Dieser Jugendliche, ein sonst eher zurückhaltender Leser, war von der Fabel und der dramatischen Situation beeindruckt. Dieses Wecken von Interesse aber ist Voraussetzung, lebendig und offen an Texte, an Figuren, Konstellationen und Aussageabsichten heranzugehen.

3. Kreativität und Sinnlichkeit
Kreativität bedarf der Sinnlichkeit. Kreativer Unterricht spricht möglichst alle Sinne an: hören, sprechen, zeichnen und gestalten, auch fühlen. Ein Unterricht, der Sinnesschulung umfaßt, bringt eine Steigerung von Wortschatz und Ausdrucksfähigkeit mit sich. Wörter, die Stille, Trauer oder Angst, auch Aufgeregtsein transportieren, können nicht einfach wie Vokabeln gelernt werden. Erst ein Erfahren und Ausprobieren macht sie im Ausdruck und Verstehen verfügbar.
• Selbst beim Beschreiben, z.B. einer Uhr, ist der Tastsinn ein wichtiges Mittel, um Form und Räumlichkeit zu erfassen (!).
• Wer eine Person aus Frischs "Andorra" spielt und sich in ihre Befindlichkeit hineinversetzt, erfaßt mit vielfältigen Sinnen: Andris Freude über die Tischlerlehre und seine Aussicht auf die Ehe mit Barblin. Genauso können Barblins Verzweiflung in der Schlußszene körperlich-gestisch nachgeahmt werden; Wörter allein beschreiben nur.
• Das Zeichnen etwa des Bühnenbildes erfordert Vorstellungsvermögen und Hineinversetzen in das Stück zugleich.
• Untersuchungen im technischen und organisatorischen Bereich zeigen, daß kreative Ideen - die Fähigkeit, scheinbar nicht zueinander Gehörendes zu kombinieren, der Mut, aus traditionellen Pfaden von Versuch und Lösung und Organisation auszubrechen -, überraschend neue und wertvolle Ergebnisse erbringen können.
• Kreativer Deutschunterricht kann außerdem dazu beitragen, daß die viel beschworenen und äußerst entscheidenden Tugenden wie Ausdauer, Kooperations- und Teamfähigkeit eingeübt und gestärkt werden.
• Neugier ist die Voraussetzung für Lernen, die durch kreative Wege geweckt und wachgehalten werden kann. Wer den Mut aufbringt, sich Ungewohntem auszusetzen und flexibel ist beim Umgang mit Problemen und Situationen, findet neue Wege.

4. Die Bewertung von Schreibanlässen ist offener
Schreibanlässe müssen anders bewertet werden als Textbeschreibungen. Die Bewertung unterliegt wie die Aufgabenform selbst offeneren Meß- und Bewertungskriterien. Dies verunsichert viele Kolleginnen und Kollegen auch dahingehend, daß sie befürchten, die Beurteilung könne zu sehr zufällig, ja willkürlich ausfallen. Wir meinen, daß folgendes bei der Beurteilung freierer Texte berücksichtigt werden sollte:
• Der Bewertende nimmt gewissermaßen die Haltung eines Lesers belletristischer Texte ein. Der will angeregt, unterhalten oder interessiert werden. Zugleich aber prüft er auch, ob inhaltliche, formale und stilistische Kriterien (der Vorlage, des Originals) erfüllt und einghalten bzw. eingenommen worden sind.
• Sicher ist, freies, kreatives Schreiben muß "von unten" eingeübt und erfahren sein. Der Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg weist darauf ausdrücklich hin und führt in allen Klassenstufen, sowohl im Arbeitsbereich 1 - Sprechen und Schreiben - als auch im Arbeitsbereich 2 - Literatur, andere Texte und Medien - Formen des produktiven und kreativen Arbeitens auf. Dies bringt für Schüler und Lehrende gleichermaßen Sicherheit.
Aus Veranstaltungen der Lehrerfortbildung und aus Erfahrungen können folgende Orientierungspunkte formuliert werden:
• Vor allem bei den ersten Klausuren und Klassenarbeiten ist es sinnvoll, sich nicht auf eine Fähigkeit zu beschränken. Eine Mischung aus kreativen und analytischen Aufgaben verhindert, daß Schüler gänzlich auf "ihrer schwachen Seite" bewertet werden. Der stärker analytisch arbeitende wird nicht nur kreativ, also eben dort bewertet, wo seine Schwächen (noch?) liegen. So wächst der Schüler in freiere Formen und Schreibanlässe hinein. Eine solche Literaturarbeit oder Unterrichtsaufgabe besteht aus einer Mischung aus einer Inhaltsangabe mit ein bis zwei Verständnisfragen und einem kurzen Schreibanlaß.
• Produktionsaufgaben sollten offen angelegt sein, um individuelle Lösungen zuzulassen. Aber: Hilfestellungen inhaltlicher und formaler Art helfen den Schülern, die nicht den "genialen" Einfall haben. Bei der Produktionsaufabe "Andri stellt den Tischlergesellen zur Rede" (nachdem dieser dem Meister nicht widersprochen hat, als der Andris Stuhl schecht gemacht hat) können solche Hinweise Sicherheit und Entlastung bieten:
o Überlege zunächst, weshalb der Geselle nicht widersprochen hat. Lies dazu die Szene, und markiere Textstellen als Belege.
o Berücksichtige, welche Folgen es für den Gesellen gehabt hätte, wenn Andri bessere Stühle als er herstellen würde - und versetze dich in die Lage des Gesellen Fedri: Direkt wird er nichts zugeben.
Solche Hinweise helfen auch bei der Begründung für die Notengebung; sie erzeugen Transparenz für den Schüler, der einübt, wie die Personencharakteristik beim Schreiben berücksichtigt werden muß.
• Die Vorgabe eines (fiktiven) Anfangs für ein neues Kapitel ist eine Möglichkeit, die Schüler gezielt in die Schreibunhaltung zu bringen.
• Produktionsaufgaben können auf verschiedene Weise gestellt werden. Auch damit wird einer einseitigen Schwäche unterschiedlicher Naturelle entgegengewirkt:
Beim Schreiben von Fabeln z.B. kann differenziert vorgegeben werden:
Die Lehre der Fabel, eine Gegengeschichte mit Menschen, die unter Berücksichtigung der Fabelelemente transformiert werden muß; umgekehrt eine Übertragung in eine Geschichte mit Menschen; schließlich der Fabelanfang mit Handlung - das Fertigstellen mit Gegenhandlung und pointiertem Schluß, evtl. mit Lehrsatz können als Aufgabe zur Wahl gestellt werden. Jede dieser Schreibweisen hat andere Schwerpunkte und stilistisch-formale Anforderungen.
• Vollständigkeit ist nicht entscheidend:
Bei einem Schreibanlaß, der z.B. rückerinnernd das Geschehen wiedergegeben hat, ist es besser, wenn nicht aufzählend gearbeitet wird. Passende Ausschnitte geben die Situation, etwa das Verhalten der Andorraner, ausreichend wieder und zeigen, daß der Schreiber den Text verstanden und erfaßt hat.
• Grundsätzlich muß den Schülern bewußt sein, daß die im Unterricht erarbeiteten Kriterien Anwendung bei der Textproduktion finden müssen, und damit auch bei der Notengebung.
• Die jeweiligen Besonderheiten der Textarten und -gattungen sind Bewertungsmaßstäbe, natürlich ergänzt um sprachich-stilistische Fähigkeiten und Richtigkeit. Ein Tagebucheintrag nimmt eine persönlichere, auch sprunghaftere und assoziierende Haltung ein als ein Brief. Das Innere einer Person tritt hervor. Diese sollte mit dem Charakter und der Anlage der Figur im Drama oder im Text übereinstimmen oder sich ihr annähern.

5. Überarbeitungen und Korrekturen
Schülergruppen erhalten einige namenlose Arbeiten, die nach (ihnen nicht bekannten!) Merkmalen wie "gelungen, teilweise gelungen, mit Schwächen, ..." geordnet sind, und sie bewerten diese.
Erfahrene Schüler können sich in Gruppenarbeit ihre Arbeiten gegenseitig vorlesen und einander Tips zur Verbesserung oder Erweiterung geben. Solche "Gruppenkontrolle" muß mit der Klasse eingeübt sein. Dabei werden auch die Kriterien zur jeweiligen Textart angewendet.
An Beispielen ist zu trainieren, wie stilistische Merkmale und Schreibhaltungen, z.B. das Berücksichtigen einer Stimmung oder Lage, des Alters und der Weiterentwicklung einer Person nachzuvollziehen und gestalterisch einzusetzen sind.
Kleine Dialogisierungen und szenisches Spielen bieten Einblicke in den Aufbau eines Dramas und verdeutlichen die Charaktere der Handlung.
Gelungene Schüleraufsätze mit Hinweisen, was an diesem Text gut gelöst ist, werden vom Lehrer ausgehängt. An einem Text werden dabei höchstens zwei wichtige Bereiche hervorgehoben. Formalisierte Korrekturblätter, die jeder Schüler zu seiner Arbeit erhält, bieten ihm Hilfestellung und Erleichterung bei der Korrektur:
Passend zum Thema bzw. zur Aufgabenstellung wird eine Korrekturvorlage erstellt, die mit speziellen Schwerpunkten versehen wird (vertikale Spalte links). Sie verdeutlicht dem Schüler Stärken wie Schwächen durch Symbole wie Plus (+) oder Minus (-) oder Kriterien wie "gelungen", "prima" (horizontale Spalten). Eine letzte Spalte "Tips" gibt dann Hilfen, wo nötig. Zudem vermeidet dieses Blatt, das die Schüler mit dem bewerteten Aufsatz zurückerhalten, das "exekutive Beurteilen" mit viel Rot. Als Ergebnis der Bewertung kann der Schüler so erkennen, was zu wenig oder nicht richtig berücksichtigt worden ist, ob wichtige Elemente (z.B. der Brief- oder Tagebuchform) nicht passend oder umfassend genug verwendet worden sind.Für den Lehrer ist es hilfreich, bei der Korrektur und Bewertung zunächst einige Arbeiten von "sicheren" Schülern zu lesen, um einen Eindruck zu erhalten, wie die Aufgabenstellung verstanden und umgesetzt werden konnte. Alle für die konkrete Aufgabenstellung wichtigen Bewertungskriterien werden nun formuliert. Dies ergibt die vertikale Spalte der Korrekturvorlage, die jeder Schüler mit seinem Aufsatz zurückerhält. Es hat sich zudem bewährt, eine Korrekturvorlage mit Auszügen gelungener Schülerbeiträge im Klassenzimmer oder in einer Überarbeitungsphase zum Nachschlagen zur Verfügung zu stellen.Erfahrungen, auch bereits in Klassenstufe 6, zeigen, daß die Schüler nach einer Kennenlernphase die Bewertungsgrundlagen übersehen und die Hinweise und Tips zunehmend gezielter anwenden können. Notwendige oder mögliche Verbesserungen fallen ihnen leichter auf. Die Anonymität der Beurteilung wird ein Stück weit abgebaut.

6. Bewertungsmaßstäbe
Die Bewertungsmaßstäbe kreativer Schreibanlässe zu "Andorra" orientieren sich an den formulierten Aufgabenstellungen und Hinweisen. Die folgende Aufstellung nennt allgemeine Maßstäbe.
1. Inhaltliche Bewertungsmaßstäbe
a. Ist die in der Aufgabe gestellte Fragestellung richtig unter Berücksichtigung aller wichtigen Gesichtspunkte bearbeitet? Das bedeutet, daß die Schülerinnen und Schüler den Inhalt des Dramas zum einen und die Handlungsmotive der Personen zum anderen verstanden haben und das Erarbeitete in einer frei erfundenen Situation anwenden (übertragen, verlängern) können. Zu bewerten ist auch, inwieweit dabei Leitmotive miteinbezogen werden.
b. Entspricht die vom Schüler angewandte Textsorte der Aufgabenstellung?
Enthält z.B. ein Dialog entwickelnde Rede und Gegenrede, oder inwieweit sind formale Elemente eines Briefes oder eines Tagebucheintrages im Text enthalten?
c. Entspricht die Aussageabsicht der Aufgabenstellung?
Bei der Schreibaufgabe eines partnerschaftlichen Dialoges zwischen Andri und dem Pater muß erkennbar werden, daß der Pater auf Andris Situation und auf seine Gefühle eingeht. Ja, er muß ihn zunächst zu Wort kommen lassen, im Gegensatz zu Frischs Anlage.
d. Ist der Text folgerichtig und anschaulich aufgebaut?
Berücksichtigt der Schüler, daß die Entwicklung einer Person, die im Stück begonnen hat, bei einer weiterführenden Szene oder in einem Brief deutlich gemacht werden muß?
So ist der Pater der einzige, der sein Verhalten bereut und Schuld eingesteht.
e. Literarische Texte sind stärker einfach für sich zu lesen, weniger bzw. nicht so sehr nach Ordnungskriterien. Deshalb ist es auch wichtig zu prüfen, ob der Schülertext Reaktionen wie Interesse und Neugier oder Betroffenheit, vielleicht auch Widerspruch auslöst. Neue Gedanken, ein kreativer Umgang mit den Personen und Motiven könnten Leseinteresse auslösen.
2. Sprachliche Bewertungsmaßstäbe
. Ist die Sprech- und Ausdrucksweise der Figur nachvollzogen worden?
Versucht der Schüler die Ausdrucks- und einseitige Argumentationsweise, etwa des Doktors, nachzuvollziehen?
Trifft er Barblins Gemütszustand, wenn die Liebe zu Andri unterbunden wird?
a. Ist der Schüler in der Lage, stilistisch geschlossen zu formulieren, den richtigen Ausdruck in den entsprechenden Zusammenhang zu stellen?
b. Der Lehrer muß immer berücksichtigen, daß die literarischen Stilmittel eines Bühnendialogs und die knappe, präzise Sprach Frischs nur in Ansätzen nachvollzogen werden können.
3. Formale Bewertungsmaßstäbe
. Gelegentliche Fehler in der Rechtschreibung und/oder im Gebrauch der Zeichensetzung sollten nicht in die Bewertung miteinbezogen werden. Freies Schreiben darf nicht aus Angst vor formalen Fehlern behindert werden.
Abschlußprüfung an Realschulen in Baden-Württemberg
Fach Deutsch
Schuljahr 1996/97 - Haupttermin
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Thema 5:
Produktiver Umgang mit Texten
Textvorlage:
BARBLIN Wo, Pater Benedikt, bist du gewesen, als sie unsern Bruder geholt haben wie Schlachtvieh, wie Schlachtvieh, wo? Schwarz bist du geworden, Pater Benedikt:
Pater schweigt.
Vater ist tot.
PATER Das weiß ich, Barblin (Zwölftes Bild, S. 127)
Situation:
Nach diesem Vorwurf fühlt sich der Pater aufgefordert, mit der Mutter Barblins - die ihn auch schon ins Vertrauen gezogen hat - über Andris Schicksal zu reden. Dabei bringt er unter anderem sein eigenes Verhalten zur Sprache.
Aufgabe:Schreiben Sie dieses Gespräch zwischen Pater Benedikt und Barblins Mutter!
Korrekturhilfen für Kolleginnen und Kollegen
Erwartungen: (selbstverständlich müssen nicht alle Aspekte im Schüleraufsatz berücksichtigt sein)
• Die Schüler sollen Barblins Vorwürfe durch Äußerungen der Mutter oder Selbstvorwürfe des Paters im Gespräch konkretisieren:
o Er hat die Wahrheit über Andris Herkunft gewußt und geschwiegen.
o Er hat nichts unternommen, um Andri zu retten.
o Er hat "unseren Bruder" verraten.
o Er kann Andris Unschuld am Tod der Senora bezeugen.
• Die Schüler sollen auf die beiden Gespräche zwischen Andri und Pater Benedikt eingehen, damit die Mutter über die Gesprächsinhalte informiert wird.
o Der Pater hat im ersten Gespräch (Siebtes Bild) Andri zur Annahme seines Judseins überredet.
o Der Pater hat im zweiten Gespräch vergeblich versucht, Andri von seiner "wahren Herkunft" zu überzeugen ("Du bist sein Sohn, unser Sohn, ... [S. 85]).
• Um sein Verhalten erklären zu können, sollten die Schüler auf die Äußerungen des Paters vor der Zeugenschranke (S. 65), in der er seine Schuld am Tod Andris zugibt, eingehen.
o Er ist ihm nicht mit Liebe begegnet, als er mit ihm gesprochen hat.
o Er hat sich ein Bildnis gemacht von ihm.
o Er hat ihn gefesselt und an den Pfahl gebracht.
• Die Schüler sollten durch Formulierungen der Mutter die Relativierungen des Paters anprangern. Vor der Zeugenschranke sagt er, er trage nur Teilschuld, und verdeutlich dies durch die Worte "auch ich bin schuldig geworden, auch ich habe...".
• Die Schüler sollen im Gespräch die Perspektiven der Mutter deutlich machen:
o Sie ist jahrzehntelang von Can hintergangen worden.
o Ihre familiären Bindungen sind zerschlagen. Can hat seine Schuld durch Selbstmord zu sühnen versucht, Andri ist ermordet oder noch in den Händen der Schwarzen, die Tochter ist - als "Judenhure" gebrandmarkt - in den Wahnsinn getrieben worden.
o Alle Andorraner haben sich tatkräftig oder durch Unterlassung am Schicksal ihrer Kinder schuldig gemacht.

Max Frisch
Max Frisch wurde am 15.Mai 1911 in Zürich als Sohn eines Architekten geboren. Von 1924-1930 besuchte er das Realgymnasium in Zürich . Schon in seinen Jugendjahren schrieb Frisch ein Schauspiel ,eine Ehekomödie ,sowie ein Spiel um die Eroberung des Mondes . Nach dem Abitur wandte er sich dem Studium der Germanistik an der Universität Zürich zu . Als sein Vater starb ,muss Frisch jedoch sein Studium 1933 abbrechen.
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