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Brechts episches Theater - Referat



Biografie Bertholt Brecht

Kindheit und Elternhaus:
Als erstes Kind von Berthold Friedrich Brecht und Wilhelmine Friederike Sophie (geb. Brezing) Brecht kam Eugen Berthold Friedrich Brecht in Augsburg am 10. Februar 1898 zur Welt. Nachdem Brechts Vater 1914 Direktor der Haindl´schen Papierfabrik wurde, konnte die Familie in eines der Stiftungshäuser der Papierfabrik umziehen.
Konfirmiert und getauft wurde Brecht in der Barfüßerkirchen in Augsburg. Er wurde immer sehr von seiner Mutter umsorgt, da er ein sehr schüchterner, immer etwas kränkelnder Junge mit einem Herzleiden war. Von 1908 bis 1917 besuchte er nach Abschluss der Volksschule, das königliche Realgymnasium zu Augsburg, welches er mit Notabitur im Ersten Weltkrieg abschloss. Bereits 1913 schrieb er in seinem Tagebuch „Ich muss immer dichten“. Die Schülerzeitung „die Ernte“ brachte er hauptsächlich mit patriotischen Geschichten, Erzählungen und Rezensionen als Herausgeber, Redakteur und Autor heraus. In seiner Schülerzeitung publizierte er von dem Religionsunterricht inspiriert ein Drama mit dem Titel „die Bibel“.

Studium:
Philosophie, Medizin und Literatur studierte er vom 2. Oktober 1917 an der Ludwig-Maximilian Universität München. 1918 musste er sein Studium unterbrechen, da er trotz seines ärztlich attestierten Herzfehlers als Militärkrankenwärter eingesetzt wurde. Nach der Revolution vom 9. November gehörte er als Mitglied dem Augsburger Arbeiter- und Soldatenrat an. Nachdem er 1919 auf Antrag eine Befreiung vom Vorlesungsbesuch erhalten hatte, nahm er das Studium am 16. Juni wieder auf. Für kurze Zeit war Brecht auch an der philosophischen Fakultät in Berlin eingeschrieben, nahm das Studium aber nicht auf.
Mit seiner großen Jugendliebe Paula Banholzer ging der gemeinsame Sohn Frank Banholzer hervor, der am 30. Juli 1919 in Kimratshofen geboren wurde. Im Alter von 24 Jahren, am 13. November 1943, starb er allerdings in Porchow, Sowjetunion, bei einem Sprengstoffanschlag auf ein Wehrmachtskino an der Ostfront. Seinen Vornamen erhielt er von dem von Brecht verehrten Dichter Frank Wedekind. Da die Eltern von Paula ihn nicht als Schwiegersohn akzeptierten blieb ihr Sohn Frank die ersten drei Lebensjahre in Kimratshofen in Pflege. Danach kümmerten sich abwechselnd Großeltern, Brechts spätere Ehefrau Marianne Zoff und später seine zweite Frau Helene Weigel um ihn.

Geschichtliche Entwicklung des „Epischen Theaters“:
Da Piscator und Brecht beide reklamieren das "epische Theater" für sich geprägt zu haben, ist unklar wer es für sich beanspruchen kann. Brecht soll die Idee 1926 im Kontext des Stücks Jae Fleischhacker entwickelt haben, so Brecht-mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann. brecht begann sein Gegenkonzept des "epischen Theaters" zu entwickeln, da er fand dass das unsere heutige Welt nicht mehr ins Drama passt. Die Wendung des Theaters zur Politik ist hingegen Piscators Verdienst. Piscator gab an, dass seine Inszenierung des Stückes "Fahnen von Alfons Piquet" vom Mai 1924 an der Berliner Volksbühne das erste Buch mit dem Schema der dramatischen Handlung gewesen sei. Piscator soll durch ausgiebigen Einsatz von Bildprojektionen die Handlhngsträger des "Paquet-stücks" Dem Publikum näher gebracht haben. Auf zwei Leinwände am Bühnenbild soll er zwischen den Szenen die Zwischentitel projiziert haben. Die Urheberschaft proklamierte Piscator in seinem Buch "Das Politische Theater" 1929 kurzerhand für sich, nachdem Brecht Stilmittel von Piscators Theater in den folgenden Jahren erfolgreich herausbrachte. Er gab irrtümlicherweise an, schon "Paquets stück" habe den Untertitel "episches Drama" getragen (tatsächlich lautete der Untertitel "Ein dramatischer Roman"). Bereits 1924 hatte Alfred Döblin den Begriff des Epischen in Zusammenhang mit Piscators Theaterarbeit aufgebracht.

Die gemeinsame Dramatisierung des Romans "Der brave Soldat Schwejk von Jaroslav Hasek" im Jahre 1928 wird von Sarah Bryant-Bertail als "Prototyp des epischen Theaters" bezeichnet. Wenn auch häufig modifiziert, würden die "revolutionären" Inszenierungen von Piscator im Dienste des "Klassenkampfs" von Brecht später eingesetzt. Piscator experimentierte mit moderner Bühnentechnik, wie Film- und Bildprojektionen die das Publikum aktivierten. "Piscator mit seiner Experimentierfreude ist - so formulierte Brecht - "der große Baumeister des epischen Theaters". Dennoch soll Brecht die effektvolle Bühnen kritisch gesehen haben, als innovativ aber rein formal verwendet. Diese Kritik äußerte Brecht aus politischer Sympathie nur selten. Von der zeitgenössischen Kritik wurden Piscators Theaterprojekte häufig als zu propagandistisch kritisiert, doch trotzdem sieht Hinck Piscators Theater als "reportagehaft und tendenziös zugeschnittene Wirklichkeit." Es gab einen prinzipiellen Unterschied zwischen den beiden. Piscator wollte die Zuschauer mitreißen, im Gegensatz zu Brecht, der das nüchterne, distanzierte Spiel ausführte. Der Zuschauer soll als distanzierter analytischer Beobachter der Handlung zu eigenen Entscheidungen gezwungen werden, und sich nicht mit dem Geschehen und den Figuren identifizieren. Projektionen die das Spiel unterbrechen und erläutern, Musik, Schauspieler die aus ihrer Rolle heraustreten und Gesten, Posen und Haltungen zitieren und ein kommentierender Erzähler werden von Brecht eingesetzt um den Verfremdungseffekt und eine Distanz herzustellen.

Einfluss des Naturalismus:
Der Naturalismus entwickelte immer neue Konzepte im Zeitalter der Industrialisierung. Die Romane von Émile Zola und Fjodor Michailowitsch Dostojewski waren der Ausgangspunkt von naturalistischen Dramatikern wie Gerhard Hauptmann und Henrik Ibsen. Obwohl sich Brecht später sehr deutlich vom Naturalismus abgrenzte, wird Zola in der Literaturwissenschaft häufig auch aufgrund seiner theoretischen Schriften, als wichtigster Vorgänger Brechts gesehen. Brechts episches Theater und Zolas naturalistische Dramatik standen in einer Hinsicht konträr zueinander, da der Franzose die perfekte Illusion wollte. Das Bühnenbild und die Schauspieler sollten den Eindruck realen Lebens vermitteln, dennoch überschritt Zola deutlich das aristotelischen Modell. Charakterdarstellung war ihm wichtiger als die Fabel, da Alltag gezeigt werden sollte. Die Regie sollte wissenschaftlich und experimentell vorgehen, einzelne unabhängige Szenen, gestaltet wie Ausschnitte aus einem Roman. 1881 schreibt Zola in einer Kritik am französischen Drama seiner Zeit:"Die Bretter der Jahrmarktsgaukler sind breiter und epischer als unsere elenden Bühnen, auf denen dad Leben erstickt." An Beispielen versucht Zola zu zeigen, dass dad Theater sich abhängig von Geschichte verändert. Wesentliche Elemente der Experimente sind dem alten epischen Drama und dem naturalistischen Roman zu entnehmen. Zolas Ideen wurden von den deutschen Naturalisten aufgenommen, dabei nahmen sie vor allem die These vom starken Einfluss des Romans auf das Drama auf. Man kann einige Parallelen festhalten, obwohl sich Brecht von den Naturalisten mehrfach scharf distanziert hat. Er hatte immer das Interesse an Experimenten, am wissenschaftlichen Ansatz und die Ablehnung von Religion und Dramen mit offenem Schluss. Brecht hielt anders als andere Naturalisten die Fabel für entscheidend, sie sollte die gesellschaftlichen Widersprüche zeigen.

Einfluss der Oper:
Zwischen 1926 und 1956 bearbeiteten Brecht etwas zwei Duzent Opernprojekte, da die Auseinandersetzung mit der Oper für Brecht ein zentrales Thema war. Auf die Bedeutung der Musik weißen viele verschiedene Autoren des brechtschen Theaterkonzepts hin. Brecht und Wagner wurden beide im Alter von 30 Jahren durch ihre Opern erfolgreich, beide interessierten sich für Shakespeares Maß für Maß und Sophokles Antigone. In
der Opernwelt liegen auch eine Quelle epischer Elemente auf der Bühne, trotz Brechts grundlegender Kritik am bürgerlichen Opernbetrieb, mit seinem passiven Publikum und seiner Repräsentationsfunktion. Dazu Wagner:"To put it bluntly, modernist theater, of which epiC theater has long been the standard-bearer, may be the illegitime child of opera." Bei einigen Autoren gelten die Vorschläge Ferruccio Busonis Oper als Entwurf des epischen Theaters ("blueprint for epic theater in general".) Busoni, kritisierte das classische Konzept Der Wiederholung der Bühnenvorgänge durch die Musik und fordert die Prüfung, wann Musik erklingen soll und wann nicht. Von dem Komponisten forderte Busoni Mut zum Bruch mit Bestehendem und die Aktivierung des Publikums. Er zeigte, dass, "um ein Kunstwerk zu empfangen, die halbe Arbeit vom Empfänger selbst verrichtet werden muss." wie Brecht später wandte er sich gegen das Illusionstheater: "So wie der Künstler, lwo er rühren soll, nicht selber gerührt werden darf - soll er nicht die Herrschaft über seine Mittel im gegebenen Augenblicke einbüßen-, so darf auch der Zuschauer, will er die theatralische Wirkung kosten, diese niemals für Wirklichkeit ansehen, soll nicht der künstlerische Genuß zur menschlichen Teilnahme herabsinken. Der Darsteller "spiele"-er erlebe nicht. Der Zuschauer bleibe ungläubig und dadurch ungehindert im geistigen Empfangen und Feinschmecken." Auch Busonis Bühnenwerke hatten starken Einfluss auf Kurt Weill, sowie die praktische Umsetzung seiner Ideen, wie Turandot und Arlecchino, die beiden Einakter aus dem Jahre 1917. Freie Totalität, und in sich geschlossene Stücke waren typische Merkmale.

Zeitgenössische Einflüsse auf Brechts Dramatik:
Mit Beginn des 20. Jahrhundert konstatierte der Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann eine Theaterrevolution, da die Theaterexperimente Brechts im Zusammenhang mit einem kulturellen Umbruch stehen. Er nennt zwei Elemente die sehr unterschiedliche Experimente gemeinsam hätten: Die "Autonomie der Inszenierung gegenüber den literarischen Werken" und ein "Einbeziehen des Zuschauers in das Bühnengeschehen". Der Bedeutungsverlust des Individuums in den schnell wachsenden Großstädten waren der historische Hintergrund. "Vor diesem Hintergrund ereilt das Drama eine fundamentale Krise, denn seine Wesensmerkmale wie individueller Konflikt, Dialog hnd in sich geschlossene Form, können die neuen Erfahrungen nicht mehr widerspiegeln." Mit Formen wie Brechts "Lehrtheater", aggresive Attacken auf das Publikum und Provokationen würde experimentiert. Vor Brecht und Piscator soll Wsewolod Emiljewitsch Meyerhold in Moskau nach der Oktoberrevolution Theaterexperimente unternommen haben, wie man sie später bei Brecht fand, so Walter Hinck. Er habe Filme projiziert, den Vorhang entfernt und mit Maschinerie bewegliche Bühnen bauen lassen. Auf diese neue Mischung von Epik und Dramatik betont Ulrich Weinstein Den Einfluss Leonie Feuchtwangers. Wie es später auch Brecht angestrebt hatte, stellt der "dramatische Roman Thomas Wendt" (1918-1919) nicht bloß ein Einzelschicksal dar, sonder ein Weltbild. Die Romanelemente sollten bei Feuchtwanger die Enge des Dramas überwinden, das dramatische Tempo erhöhen und Gefühle vermitteln. Während der Arbeit am "Dramatischen Roman" soll der 20-jährige Brecht Feuchtwanger besucht haben:"Diese Bezeichnung gab Brecht Stoff zum Nachdenken". Brecht fand mit der Verschmelzung des Dramatischen, mit dem Epischen müsste man viel weiter gehen. Um das "epische Theater" zu schaffen machte er immer neue Versuche. An das "Nummernprinzip" von Kabarett, Revue, Jahrmarkt und Zirkus knüpfte die Unabhängigkeit inhaltlicher Elemente an. Brecht entwickelt diese Bausteine für seim episches Theater systematisch.

Gegenüberstellung offenes/geschlossenes Theater:
Bau des Dramas:
(o.D.) -das ganze Stück wie auch einzelne Szenen oft mitten im Geschehen und enden ebenso abrupt, Selbstständigkeit der Einzelteile, Zusammenfassung thematischer Schwerpunkte in Akte oder gänzliche Aufgabe der Akteinteilung
(g.D.) - Symmetrische Komposition:
Pyramidale Struktur (5 Akte, Mittelakt kennzeichnet Höhepunkt), Hierarchie der Teile

Raum und Zeitstruktur:
(o.D.) - Vielzahl von Orten, weite Zeitstreckung, Zeitsprünge (räumliche Veränderungen gehen mit zeitlichen einher)
(g.D.) -kaum Raumwechsel, knappe Zeit-, Geschehnis spanne
- Kongruenz von Erzähl- und Spielzeit

Handlung:
(o.D.) - mehrere Handlungsstränge, Vielheit und Dispersion, Einzelbegebenheiten, Zusammenhalt und Einheit in der Dispersion wird durch das zentrale Ich, metaphorische Verklammerung und Komplementärstränge geleistet
(g.D.) -Eindeutige Haupthandlung, linear und kontinuierlich voranschreitend, Szenen bauen kausal aufeinander auf, Personenkette

Personen:
(o.D.)- keine Zahlen- und standesgemäße Beschränkung Vielzahl von Nebenfiguren
-Hauptfigur, meist niedrigen Standes, steht zentral ohne direkten Gegenspieler
(g.D.) -geringe Anzahl der Personen, Nebenfiguren operieren als „Abspaltungen“ der Hauptpersonen
-Ausgewogenheit von Spiel und Gegenspiel (Protagonist, Antagonist)

Sprache:
(o.D.)- heterogene Sprachbehandlungen (verschiedene Berufs- und Standessprachen, Umgangssprache)
-Augenblicks- und Situationsbezogen, assoziationsoffen
(g.D.)-Einheitliche Sprache von Haupt- und Nebenpersonen (dialogisch geführter Monolog, Rededuelle, Hochsprache)
-Logische Folgerung, Reflexionsorientiert

Der Tod Brechts:
An Rudolf Engel, ein Mitarbeiter der Akademie der Künste verfasste Brecht am 15. Mai 1955 sein Testament: „Im Falle meines Todes möchte ich nirgends aufgebahrt und öffentlich aufgestellt werden. An dem Grab soll nicht gesprochen werden und ich möchte auf dem Friedhof in der Chausseestraße neben dem Haus in dem ich wohne beerdigt werden.“ Mit einer Grippe wurde Brecht ein Jahr darauf in das Berliner Charité-Krankenhaus eingeliefert. Die Sommerfrische verbrachte er im Landhaus in der Märkischen Schweiz, zu seiner Erholung. Doch seine Herzbeschwerden, die er seit seiner Kindheit hatte, konnte auch nicht mit der Landluft kuriert werden. In dem heutigen Brecht-Haus in der Berliner Chausseestraße 125, starb er am 14. August 1956 um 23:30 Uhr. Es wurde ein Herzinfarkt angenommen, den er am 12. August 1956 erlitten haben sollte, tatsächlich erlitt Brecht aber in seiner Kindheit an der damals noch wenig verstandenen Krankheit rheumatisches Fieber. Dieses griff sein Herz an und führte zu den chronischen Herzproblemen. Er hatte zeitlebens organische Beschwerden, die letztlich zu einem Herzversagen führten. Im Beisein zahlreicher Vertreter aus Politik und Kultur wurde Brecht am 17. August 1956 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt. Wie Berthold Brecht gewünscht hatte, wurde bei der Beerdigung nicht gesprochen, und nun liegt er zusammen mit seiner 1971 verstorbenen Frau Helene Weigel, in Berlin auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof begraben.



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