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Ballade - Referat



Die Ursprünge des Wortes „Ballade“
Das Wort „Ballade“ hat seine Ursprünge vermutlich in dem italienischen „ballata“ und dem provencalischen „balada“. Beide Wörter bedeuten so viel wie „Tanzlied“. Auch wenn die spätere deutsche Kunstballade nur wenig mit einem Tanzlied gemein hat, so stammt die europäische Ballade von den beiden eben genannten romanischen Wörtern ab. Die italienisch-provencalische „Ballata“ bzw. „Balada“ stellte seit seiner Belegung im 16. Jahrhundert ein Tanzlied mit Refrain dar, das zum Reihen- und Kettentanz der höfischen Ritterkultur aufgeführt wurde. So lässt sich auch der Wortstamm der „Ballade“ vom mittellateinischen Verb „ballare“ ableiten, was übersetzt „tanzen“ heißt. Von Nordfrankreich aus gelangte die spätere „Ballade“ nach England-Schottland und Skandinavien und von dort aus nach Deutschland. So kann das mittelalterliche französische „ballade“ wenig helfen, wenn es um die Wesensbestimmung der Ballade in den germanischen Ländern geht. Denn vielmehr stammt das deutsche Wort „Ballade“ vom englischen „ballad“ ab. Es bezeichnete seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts eine volkstümliche Erzählung in Liedform (vgl. Schweikle 1990: 37 und Freund-Spork 2002: 8).

Da sich deutsche Balladendichter vornehmlich an englischen und schottischen „ballads“ orientierten, bezeichneten sie Dichtungen, die denen aus Bischof „Percys Reliques of Ancient Poetry“ glichen, als Balladen. So wurden denn auch erzählende Volkslieder aus der deutschsprachigen Überlieferung rückwirkend als „Balladen“ bezeichnet. Dass es neben dem Begriff „Ballade“ auch andere Bezeichnungen wie „Romanze“, „Volkslied“ oder „Erzählung“ gab, erschwert die Balladenforschung um einiges (vgl. Hassenstein 1986: 8-9). So kann beispielsweise nicht immer eine klare Trennung zwischen „Romanze“ und „Ballade“ gemacht werden. Oftmals werden beide Begriffe synonym füreinander verwandt. Einzig inhaltlich können Ballade und Romanze unterschieden werden: die Ballade gilt als „nordisch-dunkel“ und „ernst“ die Romanze dagegen als „komisch“ und „südlich-hell“ (vgl. Weißert 1993: 2 - 3)

2.2 Die erste deutsche Ballade – das „Hildebrandslied“
In manchen literarischen Quellen wird irrtümlicherweise die Volksballade als einziger Vorgänger der deutschen Kunstballade genannt. Gottfried Weißert hingegen möchte wissen, dass die Heldenlieder als erste Balladen zu bezeichnen sind. So ist im „Hildebrandslied“ (um 800 entstanden), dem einzig erhaltenen deutschen Heldenlied, schon eine gerafft-konzentrierte Erzählform enthalten, mit der später auch in der deutschen Kunstballade Spannung erzeugt und eine Handlung möglichst knapp und präzise wiedergegeben werden soll. Weißert bezeichnet den Dialog und die auf Spannung angelegte Konzentration im „Hildebrandslied“ als dramatische Elemente. Als lyrisches Element sieht er den starken Rhythmus der stabreimenden Langzeile. Außerdem würden aus dem „Hildebrandslied“ weitere Stilelemente übernommen worden seien, denen man in abgewandelter Form wieder in der Volksballade begegnen würde und die dann auch von Dichtern der deutschen Kunstballade nachgeahmt worden seien. Gottfried Weiß geht sogar soweit, dass er das Heldenlied als älteste deutsche Kunstballade bezeichnet, da sie von einem Adligen gedichtet worden war, ganz im Gegensatz zu der später folgenden Volksballade, die anonym verbreitet worden ist (vgl. Weißert 1993: 51- 52).

2.3 Aus der Volksballade entsteht die Kunstballade
Die Kunstballade wäre nicht entstanden, hätte es nicht ältere Vorstufen wie die des Heldenliedes, der Volksballade, der Romanze sowie des Zeitungsliedes und des Bänkelsangs gegeben. Die jeweiligen Ausprägungen dieser Gattungen dominierten unterschiedlich und zogen ebenso verschiedene Ausprägungen nach sich, die jeweils eigene Funktionen hatten. Dabei konnten die Übergänge zwischen den einzelnen Gattungen auch fließend sein, wie etwa bei der Ballade und der Romanze. So wie das „Hildebrandslied“ als älteste Ballade bezeichnet werden kann, so ist ebenfalls unumstritten, dass die Volksballade eine neue Stufe literarischer Entwicklung bei der Entstehung der deutschen Kunstballade markierte. Die Volksballade wendet sich einem bürgerlichen Publikum zu, dessen Geschmack und Erwartung sie durch reißerische Themen wie Kindsmord, Verführung, Not, Erniedrigung, Untreue und Verrat zu erfüllen sucht. Die mündliche Überlieferung führte allerdings kontinuierlich zu Textverlusten. Durch Zersingen blieben oft nur Textrelikte übrig. In der Volksballade gewinnt der Prozess der Verbürgerlichung Ausschlag gebende Bedeutung. Sie ist vergleichbar mit der nachfolgenden Ausprägung im Zeitungslied, in der Moritat, im Bänkelsang und in der Romanze. Die Kunstballade hat in ihrem Ursprung viel mit der Volksballade gemein. In ihr setzen sich wichtige Elemente der Volksballadentradition wie Ursprünglichkeit, Spontanität und Naivität fort. Hinzu tritt jedoch die symbolische Gestaltung, die ihre Bedeutung aus der Zeitnähe, Individualisierung und Durchdringung der inneren Vorgänge des Balladenpersonals gewinnt. Gottfried August Bürger, der mit „Lenore“ eine der ersten Kunstballaden schuf, hat die volkstümliche Poesie in der Kunstballade erneuert. In seiner Nachfolge kommt es zu einem Prozess produktiver Aneignung und Neuformung der Balladenkunst. Von der Volksballade übernommen wurden die Protagonisten, das heißt, es mussten nicht immer nur Bürgerliche sein. Die volkstümlich schlichte Diktion und die Motive wurden ebenfalls aus der Volksdichtung übernommen. Ebenso gab es in Kunstballaden Tröstungsideologien für die Unterschicht, die emotional gestaltet wurden. Sie hatten zum Ziel, die Anpassung an die Integration in die korporativ-ständische Gesellschaftsordnung zu erleichtern (vgl. Freund-Spork 2003: 18 - 22)


3. Historische Entwicklung der Kunstballade bis Ende des 18. Jahrhunderts

3.1 Die Entstehung der neueren deutschen Kunstballade im Sturm und Drang
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beginnt in England die systematische Sammlung alter Volksballaden. In England gehört Thomas Percys Sammlung „Reliques of Ancient English Poetry, Old heroic Ballads“ (1765) zu den bedeutendsten Werken. In Deutschland wird Herder mit seinen „Volksliedern“ (1778/1779) bekannt. Auf diese Sammlungen folgen zahlreiche Nachdichtungen englisch-schottischer und dänischer Balladen. Im 18. Jahrhundert setzte sich der Glaube durch, in der neu entdeckten Volksballade manifestiere sich nicht nur Geschichtsüberlieferung und kollektiver Seelenzustand, sondern auch eine geschichtsübergreifende ästhetische Norm. Die Volksballade beeinflusste die Stil- und Kunstformen der deutschen Kunstballade, die, als streng literarische Form, die wesentlichen Stilmerkmale der
Volksballade übernimmt (Stellung zwischen den Gattungen, meist strophische Gliederung, Reime, weitgehender Verzicht auf besonders kunstvolle Formen wie z. B. freie Rhythmen). Die Balladen L. Ch. H. Höltys stellen in der deutschen Dichtung den ersten Reflex auf Percys Sammlung dar. Dennoch sind sie sind noch im schäferlichen Milieu angesiedelt, (z. B. „Adelstan und Röschen“, 1774). Obwohl Hölty in der Forschungsliteratur zum Teil als einer der ersten Balladendichter bezeichnet wird - Epoche machend ist G. A. Bürgers „Lenore“ von 1774, die auch stimmungsmäßig den Ton der alten numinosen Balladen trifft. Neben dem Einfluss Percys macht sich hier die Wirkung der Ossiandichtungen von Herder bemerkbar. Obwohl chronologisch kurze Zeit nach Höltys „Adelstan und Röschen“ erschienen, begründet Wolfgang Kaiser seine Auffassung von Bürger als ersten Balladenverfasser damit, dass Bürger Herders Forderungen nach Unmittelbarkeit mehr nachkomme als Hölty und zudem ein besseres Gattungsbewusstsein entwickelt hätte. In Bürgers Nachfolge wird die naturmagische und Geisterballade zum vorherrschenden Balladentyp des Sturm und Drang. Ihr wichtigster Vertreter ist, neben Bürger, der junge Goethe („Der untreue Knabe“, „Erlkönig“) (vgl. Schweikle 1990: 379 und Berger 1991: 11 - 12).

Gottfried August Bürger schuf mit „Lenore“ eine Ballade, die nicht nur den Ruhm ihres Autors für viele spätere Generationen als erstem Balladendichter begründet, sondern auch eine enorme Wirkung in ganz Europa erzielte. Die „Lenore“ steht nicht nur als Werk an sich, sondern markiert eine geistige Neuorientierung in Europa, die auch als Irrationalismus in der Geistesgeschichte bezeichnet wird (vgl. Weißert 1993: 61 – 62). In einem umfassenden anthropologischen Neuansatz, insbesondere von Herder begründet, wird die Natur des Menschen, seine geistigen Äußerungen, seine Sprache und Literatur neu gesehen, und die Zielsetzung

„den Menschen zu seinen natürlichen Quellen und Gegebenheiten zurückzuführen, führt auch zu einem Literaturbegriff, der revolutionär die Volksdichtung als eigentliche Naturdichtung ins Zentrum rückt.“ (Weißert 1993: 62)

Aus diesen Gründen haben Bürgers Zeitgenossen sowie die nachfolgenden Balladendichter seine künstlerische Leistung als Erneuerung der volkstümlichen Poesie emphatisch gefeiert. In seiner Nachfolge kommt es deshalb zu einem Prozess produktiver Aneignung und Neuformung der Balladenkunst. Von nun an sind nicht Bildungs- und Großbürgertum die Adressaten, sondern das Bürgertum in seiner sozialgeschichtlich-realistisch gesehenen Untertanenrolle. Dem Bürger wird im Medium der Ballade Kritik an den bestehenden politischen Verhältnissen ermöglicht. Er ist es auch, der Anmaßungen der Obrigkeit artikuliert, durch die das individuelle Glück im Diesseits zerstört wird. Es werden Zweifel an der von Kirche und Obrigkeitsstaat geforderten Untertanenrolle und an entsagungsvoller sozialpolitisch oder christlich verordneter Lebensführung laut. Der Wille absoluter Unterordnung ist bei der Generation, die in Europa die revolutionären Bestrebungen einleitet, geschwunden. Der Glaube an die von Gott gewollte kooperative Gesellschaftsordnung ist in gleicher Weise erschüttert wie das Vertrauen auf eine göttliche Weltlenkung. Es wird allmählich gewiss, dass das Glück des Menschen eng verbunden ist mit Freiheit und Lebensfreude im Diesseits. (vgl. Freund-Spork 2003: 20- 21).


3.2 Die Kunstballade der Klassik
Zur Balladenkunst der Klassik zählen vor allem die Balladen Goethes und Schillers aus den Jahren 1797 und 1798. Sie sind Produkte der Zusammenarbeit der beiden Schriftsteller und zugleich auch der volkstümliche Ausdruck ihrer Kunstanschauungen. Insofern sind sie auch konstitutiv für die Kunsttheorie der Klassik. Die Dichtkunst muss sich jedoch bei aller Volkstümlichkeit auf der Höhe des Fortschritts innerhalb der wissenschaftlichen Kultur halten (vgl. Freund-Spork 2002: 23).

Die Klassiker schreiben für das Volk, aber sie haben damit die Absicht, den Abstand zwischen dem Geschmack der gebildeten und dem Geschmack der großen Masse durch die Größe ihrer Kunst aufzunehmen. Im Gegensatz zu den Balladen des Sturm und Drang, in denen der Mensch verletzlich an unverrückbar Übermächtiges ausgeliefert bleibt, steht im Zentrum der Schiller-Balladen der wollende Mensch. Schillers Helden überwinden auf ihrem Weg befindliche Schwierigkeiten und gelangen zur Verwirklichung einer im Sittlichen begründeten Idee (Ideenballade).Merkmale der Klassik und damit der Balladen dieser Epoche sind:

„Berufung auf die Autonomie der Kunst gegenüber der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit, Streben nach Gestaltung der sittlichen Ordnung, der Darstellung von Ruhe und Ebenmaß, der Persönlichkeit als Ausdruck der Humanität und höchster Vollendung des Menschen.“ (Freund-Spork 2002: 24)

Wird gegen die Ideale verstoßen, entstehen die in der Ballade pointiert dargestellten Konflikte, deren Lösung in didaktisch-vorbildlicher Weise erfolgt. Somit entfernen sich die klassischen Balladen in ihrer Darbietung vom volksliedhaften Stil. Aufbau der Balladen, Metrum und Strophenform sowie Sprachgebung der Balladen sind äußerst kunstvoll. Der Reichtum der Stoffe, die virtuose Darbietung und ihre stilistische Vielfalt zwischen Ernst und Humor kennzeichnen besonders Goethes Balladendichtung der Klassik (vgl. Freund-Spork 2002: 24).

Dieses Referat wurde eingesandt vom User: Petchen



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