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Andreas Gryphius "Abend" -Analyse - Referat



„Abend“ von Andreas Gryphius – Analyse
These: Das barocke Gedicht ist emblematisch und rhetorisch

In dem Sonnet „Abend“ von Andreas Gryphius, das in der Epoche des Barock geschrieben wurde, beschreibt das Lyrische Ich die Vergänglichkeit des Lebens und den weltlichen Dingen, die dieses ausschmücken.
Gryphius nutzt die Form des Sonnets (zwei Quartette gefolgt von zwei Terzetten) um den Inhalt zu gliedern und dessen Aussage zu betonen. Das erste Quartett enthält eine Situationsschilderung und typisiert das Bild des Abends, setzt ihn mit der Zeit des Rückzugs gleich und der daraus resultierenden Einsamkeit. Im zweiten Quartett wird die allegorische Abendsituation zum Lebensabend ausgeweitet, zur Endzeit und Todesstunde. Die Stimmung des Gedichts schwingt im ersten Terzett um, denn das angemessene menschliche Verhalten wird im Glauben definiert, indem das Lyrische Ich Gott direkt anspricht. An dieser Stelle erhält das Sonnet einen moralischen Sinn. Die letzte Strophe und somit das zweite Terzett behandelt die Emporführung des Menschen, wenn die Todesstunde angebrochen ist!
Das Sonnet hält sich streng an das übliche Reimschema: abba abba ccd eed, und ist in Form eines Alexandriners (eines sechshebigen Jambus) geschrieben. Der Alexandriner unterstützt durch seine Zäsur nach der dritten Hebung die Gegensatzpaare im Gedicht und gibt ihnen einen höheren Wert „Verlassen Feld und Werck/ wo Thir und Voegel waren“. Durch die Form des Sonnets hat Gryphius die Achtergewichtung genutzt und das letzte Terzett zur Hauptaussage des Gedichtes gemacht „So reiß mich aus dem Thal der Finsternueß zu dir.“ Die beiden Quartette haben einen negativen Blick auf den Tod „muede“, „Einsamkeit“, „vertan“, aber die beiden Terzette, die in ihrer Form einen Gebet ähneln, beschreiben den Tod positiv „entschlaefft“. Doch ist die Achtergewichtung auch in jeder einzelen Strophe wiederzufinden, denn jeweils der letzte Vers enthält ein Fazit des davor gesagten. „Wie ist die Zeit verthan“ ist die Wertung des Lyrischen Ich über den Tag und die Arbeit.
Um das Gedicht richtig zu verstehen ist es wichtig zu erkennen, dass der Tag eine Großallegorie für das menschliche Leben ist, dass dem Lyrischen Ich im ersten Teil des Sonnets viel zu kurz erscheint „Der schnelle Tag ist hin“. Im Zusammenhang mit der allegorischen Bedeutung des Tages kann man den Morgen mit der Geburt oder der Kindheit, den Mittag mit der besten Zeit des Menschen und den Abend mit dem Tod und dem Alter gelichsetzen.
Auch der Port hat eine allegorische Bedeutung und ist nicht nur als Hafen zu verstehen, sondern in Verbindung mit dem „Glider Kahn“, der für den Körper steht, auch mit dem Tod und der letzten Station der Seele.
Durch die Personifikation der Nacht und des Tages wird dem Leser die Situation, die im ersten Quartett noch wörtlich verstanden werden kann, näher gebracht. Man kann sie aber gleichzeitig auch als Metapher und Antithese sehen, wodurch der Unterschied und der Gegensatz zwischen Tag und Nacht, Licht und Dunkelheit, Leben und Tod verdeutlicht wird. Die Reihung und Steigerung in Vers 7 „Ich/du/und was man hat“ sagt aus, dass durch den Tod alles vergänglich wird. Der Mensch, genauso wie seine Besitztümer und auch die Natur, was man auch an dem eben genannten Gegensatzpaar „wo Thir und Voegel waren“ sehen kann. Dadurch, dass in Vers 7 der Leser durch das „du“ direkt angesprochen wird, wird die Vergänglichkeit von allem sofort konkret und greifbar. Im nächsten Vers vergleicht das Lyrische Ich sein Leben mit einer „Renne-Bahn“. Mit einer solchen Einrichtung verbindet man schnell eine Sportstätte. Diese Metapher steht für den Verlauf der Zeit, den man sich durch den Vergleich bildlich vorstellen kann. Wenn man einmal diese Strecke des Lebens gelaufen ist, kann man dies nicht rückgängig machen und am Ziel erwartet einen der Tod. Dieses Bild kann man auch mit der Vergänglichkeit von Alltagserfahrungen gleichsetzen, denn wir laufen
immer weiter und kommen nie zum Stillstand. Das Lyrische ich hat Angst „auff dem Laufplatz zu gleiten“, was man auch als ausgleiten sehen kann und das einen Sturz nach sich ziehen kann. In Zusammenhang mit der „Renne-Bahn“ kann man sagen, dass dem Lyrischen Ich das Leben immer noch zu schnell zu Ende geht. Die Antithese „Laß mich nicht Ach/nicht Pracht/nicht Lust nicht Angst verleiten“, die in der Form einen Chiasmus geschrieben wurde weist auf den barocken Dualismus von Not(Weltflucht) und Besitztum(Weltsucht), also der Grundgedanken „Carpe diem“ und „Momento mori“ hin.
Das letzte Terzett sieht den Tod endgültig als etwas positives an, dass den „mueden geist“ entschlafen lässt. Die einzige Bitte des Lyrischen Ich ist, dass die Seele beständig bleibt und nicht wie alles andere der Vergänglichkeit unterliegt und dass sie das „Thal der Finsternueß“, also das weltliche Elend im Bezug auf den Dreißigjährigen Krieg, verlassen darf.
Insgesamt kann man sagen, dass es sich bei dem Sonnet um ein Trostgedicht handelt und der Sprecher ein Wissender und Tröstender ist, denn die Sterne der Nacht erhellen den Tod. Es wird am Anfang des Gedichts niemand direkt angesprochen, denn der Sprecher will möglichst viele mit diesem Text erreichen und ansprechen. Erst in Vers 7, wird der Leser aus einer großen Gruppe isoliert und einzeln angesprochen. In den Terzetten kann man dann einen klaren Empfänger in Gott sehen, der in dem gebetsähnlichen Strophen angesprochen wird.
Zur Beantwortung der Anfangsthese „Das barocke Gedicht ist emblematisch und rhetorisch“ kann man sagen, dass das Sonnet stark rhetorisch geprägt ist, da auf ein Bild mehrere Stilmittel zutreffen, wie z.B. die Antithese und der Chiasmus verknüpft wurden, aber auch viele allegorischen Bedeutungen genutzt wurden. Meist sind die vielen Bilder ähnlich aufgebaut: Bildspender ist meist ein konkreter Begriff und Bildempfänger ein Gefühl, also etwas abstraktes.
Das Sonnet hat auch einen emblematischen Aufbau: Als Überschrift oder These kann man „Abend“ und „Der schnelle Tag ist hin“ sehen. Der Rest des ersten Quartett, das zweite Quartett und erste Terzett bilden das Bild, das wie folgt aussehen könnte: Auf der einen Seite im Sonnenschein arbeiten die Menschen, Tiere sind zu sehen; auf der anderen Seite ein Kahn der einen Hafen anläuft, Sterne am Himmel und die Hand Gottes die jemanden aufnehmen will. Der Text oder das Epigramm würde in diesem Fall das letzte Terzett bilden. Nur zusammen ergeben sie einen Sinn, obwohl sie den anderen Teil verschlüsseln. Erst wenn man das letzte Terzett gelesen hat, versteht man die eigentliche Aussage des ersten Quartetts, nämlich dass die Sterne den Tod erhellen und von Anfang an ein positiver Charakter das Sonnet durchzogen hat.

Dieses Referat wurde eingesandt vom User: Curley-Head



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